Euro ante portas — Akti­en­märkt fürchten schwachen US-Dollar

Noch zu Jah­res­beginn rech­neten nam­hafte Banken damit, dass der Euro unter die Parität zum Dollar fallen würde. Das, was seitdem pas­siert ist, könnte einen ver­an­lassen, über die Sinn­haf­tigkeit solcher Pro­gnosen ganz generell mal neu nach­zu­denken. Aktuell hat der Euro gegenüber dem Dollar seit Jah­res­beginn 15 Prozent hin­zu­ge­wonnen und kürzlich erstmals seit Jahren die Marke von 1,20 überschritten.

Natürlich gibt es auch jetzt wieder frisch ange­passte Pro­gnosen: Der Höhenflug des Euro sei noch lange nicht zu Ende, heißt es nun dieser Tage. Mag sein – und es spricht auch einiges dafür. Viele Devi­sen­händler springen auf den fah­renden Zug noch auf, was das Momentum selbst­ver­stärkend erhält. Es läuft halt einfach gut für den Euro. Außerdem sind die gegen­läu­figen Ent­wick­lungen der Geld­po­litik in den USA und Euroland derzeit nur abge­schwächt zu sehen. In den USA ver­zögern sich offenbar weitere bereits ange­kün­digte Zinserhöhungen.

Noten­bank­chefin Janet Yellen beob­achtet allem Anschein nach die außen­po­li­tische Ent­wicklung um Nord­korea genauso wie die des internen ame­ri­ka­ni­schen Arbeits­marktes – beides wäre geeignet, eine Ver­knappung des Geldes zu einem Ein­brechen des Akti­en­marktes führen zu lassen bei gleich­zei­tiger Ver­teuerung der Kredite, welche die US-Ver­braucher in Bil­lio­nenhöhe zu bedienen haben. Bei poli­ti­scher Unsi­cherheit würden solche Ent­wick­lungen die Zweifel der Anleger noch ver­stärken. Umge­kehrt hat Mario Draghi seine Aggres­si­vität bezüglich der EZB-Anlei­hen­käufe in letzter Zeit nicht noch einmal bestätigt: Auch wenn klar ist, dass die Wende in der Minus­zinswelt so schnell nicht kommen wird, ist doch zu erkennen, dass mit neuen dras­ti­schen Geld­schwemme-Maß­nahmen nicht mehr zu rechnen sein dürfte – dies bereits stärkt den Euro.

Was noch fehlt, ist sicher die erwünschte Infla­ti­onsrate von um die zwei Prozent – aller­dings bewegt sich die Preis­stei­ge­rungsrate inzwi­schen doch deutlich ent­fernt von jeder mög­lichen Defla­ti­ons­gefahr. Der Glo­ba­li­sie­rungs­druck auf Löhne und Preise in Europa könnte auch dazu führen, dass die Volks­wirt­schaft all­mählich einen anderen Blick auf das Zwei-Prozent-Ziel gewinnt und die EZB sich län­ger­fristig auch mit weniger zufrieden gibt. Immerhin läuft die Kon­junktur in der Eurozone, ins­be­sondere auch in Frank­reich, wieder recht gut, ein wei­teres Argument für einen festen Euro. Analog zu den Unsi­cher­heiten in den USA wird das bri­tische Pfund durch die ver­worrene und wenig ziel­füh­rende Brexit-Ver­handlung seitens der bri­ti­schen Regierung gedrückt – auch hier also kein Angriff auf die Euro­stärke zu sehen.

Aber wie gesagt – im hek­ti­schen Devi­sen­ge­schäft kann der berühmte Flü­gel­schlag eines Schmet­ter­lings andernorts eine Welle auf­türmen – man weiß nur weder, wo, noch wann. Einen Stichtag für neue Erkennt­nisse gibt es jedoch bereits: Die EZB-Rats­sitzung am 7. Sep­tember. Da könnte sich Mario Draghi zum starken Euro äußern – wenn er es denn will und für nötig hält.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst auf www.theeuropean.de

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