Von Dirk Vorderstraße - Eigenes Werk, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=34048622

Flinten-Uschi kann es nicht lassen — Die EU-Armee

Viele Ideen geplatzt, aber schuld sind immer die anderen

(Von Dieter Farwick, Bri­ga­de­ge­neral a.D. und Publizist)

Die vier­jährige Amtszeit von Ursula von der Leyen (vdL) wird dadurch cha­rak­te­ri­siert, dass sie viele bunte Ballons mit absurden Ideen in die Luft geblasen hat, die über­wiegend geplatzt sind – z.B. Teil­zeit­arbeit auch für Füh­rungs­kräfte oder ihr „neues“ Personalkonzept.

Die Schul­digen für das Scheitern waren immer andere – bevorzugt ihre Vor­gänger oder die ver­ant­wort­lichen Sol­daten, denen sie öffentlich man­gelnde Eignung und Effi­zienz vor­ge­worfen hat.

Jetzt hat sie ein neues Spielfeld ent­deckt: Die Zusam­men­arbeit zwi­schen Deutschland und der EU auch im mili­tä­ri­schen Bereich.

Ihre Kritik am Bestehenden ist scharf: “…Das ist klein­teilig, zer­splittert, sehr teuer und wenig abge­stimmt“…Sorry, wo war vdL in den letzten vier Jahren?

Der Zeit­punkt ihrer neuen Ankün­di­gungen ist schlecht gewählt. Sie ist mit der Regierung unter Merkel in der Bun­des­tagswahl 2017 deutlich abge­straft worden. Die jetzige Regierung ist eine Über­gangs­re­gierung. Merkel wird es schwer­fallen, ohne Ver­zicht auf „ faule“ Kom­pro­misse eine Vier-Par­teien-Regierung – wenn über­haupt – zu bilden und diese vier Jahre zusammenzuhalten.

Man rechnet mit einer langen Dauer der Koali­ti­ons­ge­spräche, bevor eine neue Regierung steht.

In dieser Zeit sind öffent­liche Äuße­rungen zu mög­lichen Ände­rungen in der Sicher­heits­po­litik kon­tra­pro­duzent, zumal sie erneut kein Gesamt­paket vorlegt, sondern nur Teil­aspekte anspricht ohne Gesamt­konzept, das soll noch ent­wi­ckelt werden soll.

Mit wem?

Bisher war die „Regie­rungs­po­sition“, dass die NATO die erste Adresse für die deutsche Sicher­heits­po­litik ist. Die NATO wird durch vdL über­haupt nicht erwähnt.

Sieht sie am Ende eine „ Euro­päische Armee“ mit dem Ziel einer „ auto­nomen euro­päi­schen Ver­tei­digung“? Welche Rolle sollen die USA spielen, die seit Jahren rd. 70 Prozent der NATO-Aus­gaben schultern? Will vdL diese miss­liche Lage ändern? Welche euro­päi­schen Staaten sind bereit, die dann feh­lenden Bei­träge der USA zu ersetzen?

„Per­sonell und mate­riell am Ende“

Die NATO-Staaten haben 2014 beschlossen, ihre Ver­tei­di­gungs­aus­gaben bis 2024 auf die Benchmark von zwei Prozent des Brut­to­in­land­pro­duktes zu steigern. Deutschland steht mir rd.1,2 Prozent weit abge­schlagen auf einem „ Rele­ga­ti­ons­platz“. Als es der ame­ri­ka­nische Prä­sident bei der NATO-Kon­ferenz wagte, seine Kol­legen an die Absprache zu erinnern und die zwei Prozent-Marke erneut zu fordern, wurde von deut­schen Poli­tikern von einem lächer­lichen Zah­len­fe­ti­schismus gesprochen.

Hätten diese unse­riösen Poli­tiker den „Bericht 2016 des Wehr­be­auf­tragten ( SPD)“ gelesen und ver­standen, könnten sie wissen, dass die zwei Prozent kaum aus­reichen werden, die ekla­tanten Defizite der Bun­deswehr in den ver­blei­benden sieben Jahren abzubauen.

Die Bun­deswehr ist nach vier Jahren unter der Ver­ant­wortung von vdL „ per­sonell und mate­riell“ am Ende. Sie ist selbst zu „mitt­leren“ mili­tä­ri­schen Ope­ra­tionen „nur bedingt einsatzbereit“.

Die kom­menden Koali­ti­ons­ge­spräche müssen im ange­strebten Koali­ti­ons­vertag zum Thema „Sicher­heits­po­litik und Streit­kräfte“ klare Aus­sagen machen, was man bis 2021 ver­bessern will und kann – selbst auf Kosten einer „ Schwarzen Null“.

Was will Frau von der Leyen mit ihren Vor­schlägen eigentlich erreichen? Ist es ein Versuch, sich für weitere vier Jahre als Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terin zu bewerben?

In Merkels Per­so­nal­po­litik ist alles möglich. Viel­leicht sieht sie in Frau von der Leyen die poten­tielle Nach­fol­gerin nach zwei oder vier Jahren.

Es geht nicht nur um das Ver­tei­di­gungs­ressort, es geht um Deutschland.

Frau von der Leyen hat menschlich und fachlich versagt. Ihr ist es nicht gelungen, einen kom­pe­tenten Mit­ar­bei­terstab auf­zu­bauen. Sie hat nie ver­standen, wie Sol­daten fühlen und denken.

Frau von der Leyen sollte erklären, dass sie der nächsten Bun­des­re­gierung nicht ange­hören wird. Vielen Sol­daten würde ein rie­siger Stein von der Seele rollen.

Mit einer über­zeu­genden Per­sön­lichkeit könnte ein „ Heynckes-Effekt“ auch in den Streit­kräften neue Moti­vation und Kräfte freisetzen.

Es muss wieder eine Freude werden, in der Bun­deswehr zu dienen.

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*) Dieter Farwick wurde am 17. Juni 1940 in Schopfheim, Baden-Würt­temberg, geboren. Nach dem Abitur wurde er im Jahre 1961 als Wehr­pflich­tiger in die Bun­deswehr ein­ge­zogen. Nach einer Ver­pflichtung auf Zeit wurde er Berufs­soldat des deut­schen Heeres in der Panzergrenadiertruppe.

Vom Grup­pen­führer durchlief er alle Füh­rungs­po­si­tionen bis zum Führer einer Pan­zer­di­vision. In dieser Zeit nahm er an der Gene­ral­stabs­aus­bildung an der Füh­rungs­aka­demie in Hamburg teil. National hatte er Ver­wen­dungen in Stäben und als Chef des dama­ligen Amtes für Mili­tä­ri­sches Nachrichtenwesen.

Im Pla­nungsstab des Ver­tei­di­gungs­mi­nisters Dr. Manfred Wörner war er vier Jahre an der Schnitt­stelle Politik-Militär tätig und unter anderem an der Erar­beitung von zwei Weiß­bü­chern beteiligt. Inter­na­tionale Erfah­rungen sam­melte Dieter Farwick als Teil­nehmer an dem ein­jäh­rigen Lehrgang am Royal Defense College in London.

In den 90er Jahren war er über vier Jahre als Ope­ra­ti­onschef im dama­ligen NATO-Haupt­quartier Europa-Mitte ein­ge­setzt. Er war maß­geblich an der Wei­ter­ent­wicklung des NATO-Pro­grammes ;Part­nership for Peace beteiligt.

Seinen Ruhe­stand erreichte Dieter Farwick im Dienstgrad eines Bri­ga­de­ger­nerals. Während seiner aktiven Dienstzeit und später hat er mehrere Bücher und zahl­reiche Publi­ka­tionen über Fragen der Sicher­heits­po­litik und der Streit­kräfte veröffentlicht.

Nach seiner Pen­sio­nierung war er zehn Jahre lang Chef­re­dakteur des News­service worldsecurity.com, der sicher­heits­re­le­vante Themen global abdeckt.

Dieter Farwick ist Bei­sitzer im Prä­sidium des Stu­di­en­zentrum Wei­kersheim und führt dort eine jähr­liche Sicher­heits­po­li­tische Tagung durch.

Seit seiner Pen­sio­nierung arbeitet er als Publizist

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