Vor­sicht Ent­eignung! — Werden Zwangs­ab­gaben auf Immo­bilien bereits heimlich vorbereitet?

Bereits im Jahr 2014 gelangte die Pres­se­agentur Reuters in den Besitz eines Geheim­pa­pieres, das ein plötz­liches Schlag­licht auf die Pläne der EU zur Aneignung der Ver­mögen ihrer Bürger warf, um der sich immer weiter stei­genden Staats­schulden der EU-Staaten Herr zu werden. Der Bericht „Die EU-Füh­rungs­kräfte zusehen, dass per­sön­liche Erspar­nisse benutzt werden, um die lang­fris­tigen Finanz­lücken zu stopfen“ liest sich erst einmal relativ harmlos. Kleine Firmen sollen unter­stützt werden, weil die Banken kaum noch Kredite an solche Fami­li­en­be­triebe geben. Man spricht nir­gendwo direkt und aus­drücklich von „Kon­fis­zieren“ oder „Ent­eignung“. Das wird hüb­scher ausgedrückt.

So heißt es etwas blumig: The Com­mission will ask the bloc’s insu­rance watchdog in the second half of this year for advice on a pos­sible draft law „to mobilize more per­sonal pension savings for long-term financing“, the document said.“ (Die Kom­mission wird in der zweiten Jah­res­hälfte die Auf­sichts­be­hörden der Gemein­schaft nach den Mög­lich­keiten eines even­tu­ellen Zugriffsrechtes/Einzugsrechtes fragen, um mehr Pen­si­ons­rück­lagen für Lang­zeit­in­ves­ti­tionen zu mobi­li­sieren, heißt es in dem Dokument.)

Es geht also damals schon um „Zugriffs­rechte“ und „Ein­zugs­rechte“. Wie wir alle wissen, hat sich die Schul­den­si­tuation in der EU kei­neswegs ent­spannt. Ganz im Gegenteil. Der neu­ge­wählte, fran­zö­sische Prä­sident Macron sieht die Gele­genheit, das Steuer auf der Titanic “EU” zu ergreifen und wird deut­licher. Der fran­zö­sische Thinktank „France Stra­tégie“ hat bereits kon­kretere Vor­schläge aus­ge­ar­beitet. Diese Denk­fabrik ist direkt dem fran­zö­si­schen Premier ange­gliedert, hat das Ohr des Prä­si­denten und schreibt keine unver­bind­lichen Vor­schläge, die nie­manden inter­es­sieren. Unter dem Titel „Wie erreicht man die Auf­lösung der Staats­schulden in der Eurozone?“ legen die Autoren der Studie ihre Sorge dar, dass die Staats­schulden in der Eurozone seit Jahr­zehnten nur eine Richtung kennen: Nach oben. In Frank­reich liegen sie bei 100% des BIP, in Deutschland bei 65%.

Dann refe­riert die Studie im Prinzip den Vortrag Macrons in seiner pro­gram­ma­ti­schen Rede vor den Spit­zen­po­li­tikern und Bot­schaftern im Ely­sé­e­palast wo er eine andere Struktur der EU-Insti­tu­tionen vor­schlägt, wie zum Bei­spiel eine Euro-Zonen Haus­halts-Budget und einen Euro-Zonen Finanz­mi­nister – was letzt­endlich auf eine Schul­den­ver­ge­mein­schaftung hin­aus­läuft. Das allein wird aber die Schulden nicht ver­ringern, sondern allen­falls gleich­mä­ßiger verteilen.

Dann kommt aber der Lösungs­vor­schlag, wie man an mehr Geld kommen kann, um die Schul­denlast zu mindern. Der geneigte Leser wird wenig über­rascht sein. Der Bürger wird zu Kasse gebeten. Nun könnte der Bürger, der unko­ope­rative Schelm, aber auf die Idee kommen, sein Ver­mögen zu ver­stecken … irgendwie. Was also könnte also richtig wertvoll sein, aber unmöglich zu ver­bergen oder außer Landes zu bringen? Richtig, Immobilien.

Das liegt nahe, und daher schlagen die Denker von Stra­tégie France eine „außer­ge­wöhn­liche Steuer auf Immo­bi­li­en­ka­pital“ vor.

Der Staat soll dem Papier zufolge Eigen­tümer eines Teiles der Bau­flächen des Landes werden, und wer sein Haus auf dem Grund­stück stehen hat, muss für den staat­lichen Anteil am Grund­stück ein jähr­liches Entgelt zahlen. So etwas ähn­liches gibt es in der Bun­des­re­publik schon und heißt „Grund­steuer“. Nur ist es bei uns bisher nicht so, dass eine explizite, also im Grundbuch ein­ge­tragene, Eigen­tü­mer­schaft des Staates an den Grund­stücken besteht. Sollte das umge­setzt werden, und jeder Immo­bi­li­en­be­sitzer bekäme zwangs­weise einen Eintrag ins Grundbuch, dass X% seines Grund­stückes jetzt dem Staat gehört, für dessen Nutzung er ein Entgelt zu zahlen hat, wäre dies tat­sächlich als eine Ent­eignung zu sehen:

Zitat aus der Studie: Ceci ouvre une deu­xième voie qui per­met­trait à un État exces­si­vement endetté de décréter qu’il devient copro­prié­taire de tous les ter­rains con­struits rési­dentiels à hauteur d’une fraction limitée de leur valeur. Il devi­en­drait ainsi cré­diteur d’une somme annuelle, cor­re­spondant à la rému­né­ration du droit d’occupation du sol. Tout pro­prié­taire pourrait dif­férer son pai­ement, dont le montant cumulé inter­vi­en­drait alors au moment de la vente ou de la trans­mission du bien.

Über­setzung: Dies eröffnet einen zweiten Weg, der es einem über­schul­deten Staat ermög­lichen würde, per Dekret zum Mit­ei­gen­tümer aller bebauten Wohn­ge­biete zu werden, bis zu einem begrenzten Teil deren Wertes. Er würde somit Gläu­biger eines jähr­lichen Betrags werden, der einer Ver­gütung für das Recht, des Boden zu besetzen, ent­spricht. Jeder Eigen­tümer könnte seine Zahlung ver­tagen, (bis die Zahlung) deren Gesamthöhe dann zum Zeit­punkt eines Ver­kaufs oder der Über­tragung der Immo­bilie ein­treten würde.

Offenbar möchte man ver­meiden, Zwangs­hy­po­theken auf die Immo­bilien zu legen, und zieht eine „vor­sich­tigere“ Vor­ge­hens­weise vor. Das hat einen leicht zu erra­tenden Grund. Die Pri­vat­haus­halte in der EU sind zumeist eben­falls hoch ver­schuldet, wenn nicht über­schuldet. Die wenigsten Men­schen wohnen in schul­den­freiem Haus­ei­gentum. Eine zusätz­liche Hypothek wäre für viele Häusle-Abzahler nicht mehr zu stemmen. Die normale Monatsrate zwi­schen Staat und Bank auf­zu­teilen, würde aber die Banken in die Bre­douille bringen. Es gibt sowieso schon zu viele „faule Kredite“.

Man will offen­sichtlich ver­meiden, eine euro­päische Sub­prime-Crisis los­zu­treten. Diese würde zwangs­weise ein­treten, wenn die Schicht an Hypo­the­ken­ab­zahlern, die die Raten so gerade eben noch stemmen, das Haus dann nicht mehr halten kann und ver­kaufen muss. Diese erste Welle an Ver­käufern würde nämlich die Haus­preise drücken, denn es muss ja schnell gehen. Aber auf der Käu­fer­seite wäre man eher zögerlich, in dieser unsi­cheren Situation zu inves­tieren. Den Bank-Kredit plus Staats­ab­gaben – wer weiß, was noch kommt — da muss das Haus schon ein Schnäppchen sein.

Diese erste Welle der Ver­käufe und die deshalb sin­kenden Haus­preise würden wie­derum die nächste Schicht an Hypo­the­ken­zahlern in Pro­bleme bringen, deren Haus nun nicht mehr soviel wert ist, wie ursprünglich. Die Banken haben ja jetzt nicht mehr den Gegenwert, mit dem der Kredit abge­si­chert war. Sie fordern Nach­bes­serung ein. Das könnten viele nicht leisten, und so käme die nächste Welle des Ver­kaufens und der Zwangs­ver­stei­ge­rungen ins Rollen. Genau das, was in den USA 2008 zum Desaster führte.

Der fran­zö­sische Plan schlägt daher für die­je­nigen Haus­be­sitzer, die die Steuer nicht jährlich zahlen können vor, die gesamte, auf­ge­laufene Summe an aus­ste­henden Abgaben dann bei einem Verkauf oder im Erb­schaftsfall ein­zu­ziehen. Es lässt sich leicht daraus ableiten, dass, wenn die Abgaben lange genug akku­mu­lieren, dem Staat dann irgendwann Haus und Hof gehört. Je nachdem, in welcher Höhe sich die Staaten ihren Anteil an den Grund­stücken geneh­migen, werden die nega­tiven Effekte dieses Raub­zuges mehr oder weniger schnell schlagend werden.

Man muss jedoch davon aus­gehen, dass auch bei einer Soft­version der Ent­eignung die Immo­bi­li­en­preise nach­geben werden. Es würde einfach deutlich teurer, ein Haus zu haben, also muss die Immo­bilie, da man ja den for­dernden Mit­ei­gen­tümer Staat gleich mit ein­kauft, bil­liger werden. Einen Kredit kann man abbe­zahlen und hat dann ein schul­den­freies Haus. Der Staat als Mit­ei­gen­tümer will jedes Jahr sein Geld, auch noch in hundert Jahren. Es ist also eine Art Ewig­keits­hy­pothek. Damit schmälert sich die Attrak­ti­vität einer Immo­bilie als Alters­vor­sorge und Schutz vor Alters­armut. Ins­be­sondere bei den sich abzeich­nenden Pro­blemen der Rentenkassen.

Es wäre also inter­essant, wie die großen, fran­zö­si­schen Denker die Dis­krepanz zwi­schen Miete und Haus­ei­gentum kali­brieren wollen. Denn wenn Haus­ei­gen­tümer sowieso im Prinzip Miete für den staat­lichen Grund­stücks­anteil zahlen müssen, warum dann noch ein Haus kaufen? Wäre es dann nicht besser, gleich zu mieten und damit auch noch fle­xibler zu sein? Doch wer wollte dann noch Ver­mieter sein? Warum über­haupt noch die Belas­tungen auf sich nehmen, eine Immo­bilie zu kaufen, um sie zu ver­mieten? Bereits jetzt sind „Miet­preis­bremse“ und „Milieu­schutz“ Kne­bel­vor­schriften, die die Inves­tition ‘Immo­bilie’ für Ver­mieter immer unat­trak­tiver machen.

Das fran­zö­sische Papier folgt in seiner Argu­men­tation den Grund­linien der Macron’schen Reform­po­litik. Man will die „wohl­ha­ben­deren Haus­be­sitzer“ treffen, anstelle – wie in Grie­chenland kra­chend gescheitert – den kleinen Mann mit Spar­pro­grammen sinnlos trak­tieren und die Wirt­schaft abzu­würgen. Kurz­fristig wird diese Stra­tegie auch funk­tio­nieren, weil Haus­be­sitzer kaum Mög­lich­keiten haben, dem zu ent­gehen. Darum heißt es ja “Immo­bilie”, weil sie immobil ist. Lang­fristig wird es schwierig werden, genügend Wohnraum zu schaffen, wenn Immo­bi­li­en­besitz zum Armuts­risiko wird.

Jah­relang blieb es bei diesem Thema bei reinen Über­le­gungen und Spe­ku­la­tionen. Dass es jetzt anscheinend tat­sächlich an die prak­tische Umsetzung dieser Immo­bilien-Ent­eig­nungs­pläne gehen könnte, lässt eine Anzeige in einer Tages­zeitung erahnen. Die Finanz­ver­waltung NRW stellt zum ersten Mai 2018 fünfzig Bear­bei­te­rInnen ein. Es werden aus­drücklich Notar‑, Rechts­an­walts- oder Steu­er­fach­an­ge­stellte gesucht. Sucht man auf der ange­ge­benen Web­seite die “aus­führ­liche Stel­len­be­schreibung” ist diese ziemlich schmal­lippig, der Link zur Stel­len­aus­schreibung beschreibt die Arbeit folgendermaßen:

Der Auf­ga­ben­be­reich der Grund­stücks­stellen in den Finanz­ämtern ist viel­schichtig. Das Arbeitsfeld reicht von der Fest­setzung der Grund­er­werb­steuer bis zur Fest­stellung der Ein­heits­werte und Grund­steu­er­mess­be­träge als Grundlage für die Grund­steuer. Als Bear­bei­terin oder Bear­beiter in einer Grund­stücks­stelle erhalten Sie einen guten Ein­blick in die aktu­ellen Grundstücksmarktentwicklungen.
Daraus ergibt sich ein abwechs­lungs­reiches und span­nendes Aufgabengebiet.

Für die Tätigkeit in unseren Grund­stücks­stellen suchen wir enga­gierte und zuver­lässige Bearbeiterinnen
und Bear­beiter. Wesent­liche Auf­gaben sind u.a.:
 Grund­er­werb­steu­er­liche Wür­digung von Grundstückskaufverträgen
 Erteilung von Unbedenklichkeitsbescheinigungen
 Durch­führung von Fest­stel­lungen zur Einheitsbewertung
 Aus­wertung von Bau­mit­tei­lungen der Kommunen
 Prüfung von Grundsteuerbefreiungen
 Fest­setzung der Umlage der Land­wirt­schafts­kammer Nordrhein-Westfalen
 Kom­mu­ni­kation mit Steu­er­pflich­tigen, Behörden und Notaren

Das sind genau die The­men­ge­biete, um die es bei mög­lichen Maß­nahmen, wie oben beschrieben, gehen wird. Wären nur ein paar wenige Stellen hierzu aus­ge­schrieben, wäre das voll­kommen unver­dächtig. Werden aber gleich 50 Bear­bei­te­rInnen für die Grund­stücks­stelle gesucht, wirft das Fragen auf. Es steht abzu­warten, ob auch andere Bun­des­länder solche Stel­len­aus­schrei­bungen ver­öf­fent­lichen werden.