Staats­examen-Pflicht abge­lehnt: Ärzte aus Dritt­staaten werden ohne Über­prüfung auf Pati­enten losgelassen!

Erfurt – Die For­derung, dass Ärzte aus Staaten außerhalb der Euro­päischen Union (EU) das medi­zi­nische Staats­examen ablegen müssen, bevor sie in Deutschland ärztlich tätig werden dürfen, lehnt der Mar­burger Bund (MB) ab. Es sei nicht ver­hält­nis­mäßig, die Qua­li­fi­kation von aus­län­di­schen Ärzten generell infrage zu stellen, hieß es gestern bei der Haupt­ver­samm­lung des MB von den Gegnern dieses Vor­schlags. Der MB stellt sich mit seinem Beschluss gegen For­de­rungen der Bundesärztekammer. 
Die Dele­gierten for­derten statt­dessen nach kon­tro­verser Dis­kussion die Bun­des­länder auf, die zen­trale Gut­ach­ten­stelle für Gesund­heits­berufe (GfG) aus­zu­bauen. Die GfG solle künftig alle Anträge aus­län­di­scher Ärzte auf Aner­kennung der Gleich­wer­tigkeit ihrer Berufs­qua­li­fi­kation aus soge­nannten Dritt­staaten annehmen und bescheiden. Dies soll ins­be­sondere die Prüfung der Echtheit der ein­ge­reichten Unter­lagen und die Bewertung der Berufs­er­fahrung umfassen.
Der MB fordert zudem ein ein­heit­liches Prüf­system. Zudem sollen die Länder dafür sorgen, dass aus­län­dische Ärzte, die zum Nachweis ihrer Qua­li­fi­kation eine Kennt­nis­prüfung ablegen müssten, einen Termin innerhalb der gesetzlich vor­ge­se­henen Frist von sechs Monaten erhalten.
Der MB stellt sich mit seinem Beschluss gegen For­de­rungen der Bundes­ärzte­kammer, obwohl mitt­ler­weile mehrere Fälle von soge­nannten „Fake-Ärzten“ aus Dritt­staaten bekannt wurden und sich der Bun­des­ärz­te­kammer-Prä­sident Sorgen um das Pati­en­tenwohl machte (Wir berichteten).  
„Wir fordern eine theo­re­tische und prak­tische Prüfung analog zum zweiten und dritten Teil des Staatsexamens.“
Der Vor­stand der Bun­des­ärz­te­kammer wird dem Deut­schen Ärz­tetag, der am Mittwoch in Erfurt beginnt, einen Antrag vor­legen, in dem der Gesetz­geber auf­ge­fordert wird zu regeln, dass alle Ärzte aus Dritt­staaten das medi­zi­nische Staats­examen ablegen müssen, wenn sie in Deutschland tätig werden wollen.
Das der­zeitige Aner­ken­nungs­ver­fahren stelle nicht sicher, dass diese über die­selben Kom­pe­tenzen ver­fügten wie Ärzte, die in Deutschland aus­ge­bildet wurden, heißt es zur Begründung. Ins­be­sondere sei die Echtheit der vor­ge­legten Zeug­nisse häufig schwer zu bestimmen. Nie­der­sachsens Ärz­te­kam­mer­prä­si­dentin Martina Wenker bekräf­tigte den Vorstoß heute. „Wir reden hier über Pati­en­ten­si­cherheit und Pati­en­ten­schutz, da lasse ich keine Abstriche zu“, sagte Wenker, die auch Vize­prä­si­dentin der Bundes­ärzte­kammer ist. „Wir fordern eine theo­re­tische und prak­tische Prüfung analog zum zweiten und dritten Teil des Staatsexamens.“
Wie das Deut­sches Ärz­te­blatt berichtete, hatte sich bun­desweit die Zahl der aus­län­di­schen Ärzte binnen sieben Jahren mehr als ver­doppelt. 2016 zählte die Bundes­ärzte­kammer 41.658 berufs­tätige aus­län­dische Ärzte. Wer innerhalb der EU ein Medi­zin­studium absol­viert hat oder als Arzt aner­kannt wurde, bekommt die Appro­bation in Deutschland automatisch.
Es gibt „Pro­bleme“ mit gefälschten Zeugnissen
Bisher sind die Appro­ba­ti­ons­be­hörden der Bun­des­länder für die Zulassung von Ärzten aus Nicht-EU-Ländern zuständig. Beim der­zei­tigen Ver­fahren seien die Echtheit vor­ge­legter Diplome und Zeug­nisse und ihre Beweis­kraft vielfach nicht abschließend zu bestimmen, heißt es dem Antrag. Dennoch werde über­wiegend allein nach Papierform über die Zulassung ent­schieden, kri­ti­sierte Wenker. „Das ist ein echter Aner­ken­nungs­tou­rismus inzwi­schen.“ Manche aus­län­di­schen Ärzte reichten mit Hilfe von Agen­turen ihre Papiere gleich in meh­reren Bun­des­ländern ein.
Der Nie­der­säch­sische Zweck­verband zur Appro­ba­ti­ons­er­teilung (Nizza) sei zu schwer­fällig, sagte der Ver­bands­di­rektor der Nie­der­säch­si­schen Krankenhaus­gesellschaft, Helge Engelke. Die Prüfung dauere zu lange. Grund­sätzlich sei es richtig, auf die Qua­lität der Ärzte zu achten. Aller­dings dürfe mit dem deut­schen Staats­examen keine zusätz­liche Hürde für aus­län­dische Ärzte ein­gebaut werden. „Es ist hinter­fragenswürdig, wenn jemand, der schon 20 Jahre Chefarzt in Dubai gewesen ist, hier noch einmal die Schulbank drücken soll.“
Bei der MB-Haup­t­­ver­­­sam­m­lung hatte dagegen gestern MB-Vor­stand Hans Albert Gehle zu bedenken gegeben, dass es Pro­bleme mit gefälschten Zeug­nissen vor allem bei Ange­hö­rigen aus den EU-Staaten Rumänien und Bul­garien gebe. Deren Diplome würden auf­grund euro­pa­recht­licher Rege­lungen auto­ma­tisch aner­kannt, so das Ärz­te­blatt. (SB)
 


Quelle: JouWatch.com