Foto: Unbekannter Obdachloser

Aus­weitung der Midijob-Grenze: Ziel der Armuts­be­kämpfung wird deutlich verfehlt

Bisher besteht für Gering­ver­diener die Mög­lichkeit, innerhalb eines Midijobs einen redu­zierten Ren­ten­beitrag zu zahlen. Aller­dings folgen daraus auch geringere Ren­ten­leis­tungen. Dies ent­spricht dem Äqui­va­lenz­prinzip der gesetz­lichen Ren­ten­ver­si­cherung, wonach sich die Höhe der aus­ge­zahlten Rente an der Höhe der ein­ge­zahlten Bei­träge ori­en­tiert. Diesen Zusam­menhang will Heil auf­geben. Den im Midijob-Bereich redu­zierten Bei­trägen sollen Leis­tungen in einer Höhe ent­ge­gen­stehen, als hätte der Bei­trags­zahler den vollen Satz gezahlt. Gleich­zeitig soll die Midijob-Zone auf 1300 Euro im Monat ange­hoben werden.
Hubertus Heils geplanter Ein­griff in das Ren­ten­system durch eine Aus­weitung der Midijob-Zone ver­fehlt das Ziel der Armuts­be­kämpfung. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse von Prof. Dr. Christian Hagist vom Lehr­stuhl für Gene­ra­tio­nen­über­grei­fende Wirt­schafts­po­litik an der WHU Otto Beisheim School of Management für die Initiative Neue Soziale Markt­wirt­schaft (INSM). Das WHU-Paper zeigt den Zusam­menhang zwi­schen Renten und Grund­si­cherung und nimmt dabei den Midijob-Ein­kom­mens­be­reich unter die Lupe.
Heil hat seinen Ein­griff in das Ren­ten­system mit der Bekämpfung von Alters­armut begründet. Für Hagist ist dies eine weitere Unge­rech­tigkeit mit ver­fehlter Wirkung: “Es kommt zu einer signi­fi­kanten Sub­ven­tio­nierung ein­zelner Gruppen, ohne dass dabei geprüft wird, ob diese Indi­viduen Vollzeit oder Teilzeit arbeiten oder ob noch gege­be­nen­falls weitere (Haushalts-)Einkünfte oder Ver­mögen zur Ver­fügung stehen. Es pro­fi­tiert also sowohl der anvi­sierte prekär Beschäf­tigte als auch der Teilzeit arbei­tende Gatte einer Oberärztin.”
Das dies keine Ein­zel­fälle sind, legen fol­gende Zahlen nahe: Laut Hagist bezieht nur eine Min­derheit jener Men­schen, die in diesem Ein­kom­mens­be­reich gear­beitet haben, im Alter Leis­tungen der Grund­si­cherung. “Betrachtet man eine Rent­nerin, die 45 Jahre lang zwi­schen 451 und 1300 Euro ver­dient, also den neuen Unter- und Ober­grenzen für Midijobs, führt dies zu einer monat­lichen Rente zwi­schen 200 und 570 Euro. Bezogen auf die aktuelle Rent­ner­ge­neration zeigen aber die Zahlen, dass nur ein geringer Anteil tat­sächlich auf Leis­tungen der Grund­si­cherung ange­wiesen ist.” So erhalten etwa unter den 65- bis 70-Jäh­rigen nur 15 Prozent der Männer und 3 Prozent der Frauen mit einer Rente zwi­schen 200 bis 570 Euro Leis­tungen der Grund­si­cherung. Und: Je älter die Men­schen, desto geringer der Anteil. “Es kann somit kein kau­saler Rück­schluss von Ein­künften im Midi­job­be­reich auf Alters­armut geschlossen werden”, so Hagist.
“Die Pläne von Hubertus Heil ver­teuern die Rente, ohne die Alters­armut ziel­sicher zu redu­zieren”, meint Hubertus Pel­lengahr, Geschäfts­führer der INSM. “Das Prinzip Gieß­kanne ist nicht geeignet, die Her­aus­for­de­rungen in der gesetz­lichen Ren­ten­ver­si­cherung zu lösen.”
Die voll­ständige Studie finden Sie unter insm.de.