Nega­tivzins – das Wun­der­mittel, das keins ist

Es ist bekanntlich irrelevant, ob die Geld­po­litik der Noten­banken wirkt, wie erhofft. Sie wird dennoch kon­se­quenter und radi­kaler umge­setzt. Die Folgen werden erheblich sein und dies auf der nega­tiven Seite.
Womit eigentlich alles gesagt wäre. Dennoch können wir uns dem Thema nochmals theo­re­tisch annehmen, so wie es Joseph Huber tut. Er zerlegt das „Wun­der­mittel, das keins ist“:
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  • „An der unteren Null­zins­grenze können die Zen­tral­banken nicht (…) ihren Basiszins senken, wenn das all­ge­meine Niveau der Zinsen und Preise zurückgeht, und den Basiszins anheben, wenn das all­ge­meine Zins­niveau steigt. (…) Dieser Logik zufolge erscheint die untere Null­zins­grenze als Ärgernis, gar als ‚monetäre Paralyse‘.“ – Stelter: Und deshalb dis­ku­tieren wir Heli­kopter, MMT und andere Maßnahmen.
  • „(…) einige Öko­nomen haben den pas­senden Vor­schlag dafür parat: Durch­brechen der unteren Zins­grenze durch künst­liche Auf­er­legung nega­tiver Zins­sätze auf Geld­besitz. (So) dass auf den posi­tiven Kon­to­stand eines Giro­kontos ein Zins an die kon­to­füh­rende Bank zu zahlen ist, statt dass die Bank dem Kon­to­in­haber Habenzins zahlt. Der sog. Nega­tivzins würde zum Bei­spiel 6% jährlich betragen, her­unter gebrochen auf den täg­lichen Kon­to­stand über Nacht.“ – Stelter: Wir hatten auch in frü­heren Krisen „Schwundgeld“, um ent­spre­chend die Umlauf­ge­schwin­digkeit und damit Inflation und Wirt­schaft anzukurbeln.
  • „Der offen­sicht­lichste Haken am Vor­schlag von Nega­tiv­zinsen ist das noch exis­tie­rende Bargeld. Nega­tivzins auf Münzen ist prak­tisch unmöglich, und auf Noten unver­hält­nis­mäßig auf­wendig. (…)  Auf Kon­to­gut­haben dagegen lässt sich ein pro­zen­tualer Geld­wert­schwund oder Nega­tivzins viel besser erheben. Aller­dings, bei Auf­er­legung eines spürbar hohen Nega­tiv­zinses hätte dies zur Folge, dass die Leute ver­suchen, dem dadurch aus­zu­weichen, dass sie ihr Geld bar halten. Unter den heu­tigen Bedin­gungen, wo das Bargeld effektiv kaum mehr als 5% der umlau­fenden Geld­menge aus­macht, wäre das aber nicht dar­stellbar (…)“ – Stelter: Oder sie flüchten gleich in das ulti­mative Geld und kaufen Gold.
  • „Von daher fordern Befür­worter eines Nega­tiv­zinses auch die Abschaffung von Bargeld. (…) Die offi­zielle Geld­menge besteht inzwi­schen zu 90% aus Giralgeld und 10% Bargeld. Von diesem Rest Bargeld läuft der größere Teil nicht einmal um, sondern wird als Sicher­heits­polster auf­be­wahrt oder kur­siert als Par­al­lel­währung im Ausland. (…) Ohne Bargeld blieben die Leute allein vom Giralgeld der Banken abhängig (…)“ – Stelter: und damit auch dem Kre­dit­risiko der Banken aus­ge­setzt und ohnehin einem System, das immer mehr mani­pu­liert wird.
  • „Als Reaktion auf diese und andere Ent­wick­lungen haben die Ver­fechter gesetz­licher Zah­lungs­mittel Kon­zepte ent­wi­ckelt, elek­tro­ni­sches oder digi­tales Zen­tral­bankgeld, also Vollgeld, in den Publi­kums­verkehr ein­zu­führen, sei es als Kon­togeld oder künftig viel­leicht auch Kryp­togeld, als Äqui­valent für die langsam aber sicher ver­schwin­dende Basis an Bargeld. Die momentan bekann­testen Ansätze sind die CBDC-Modelle der Bank von England (Central Bank Digital Cur­rency) und das E‑Krona Konzept der Schwe­di­schen Reichsbank.“ – Stelter: wobei diese Vollgeld-Ansätze zumindest das Kre­dit­risiko adressieren.
  • „Eine Studie des IWF stellt aus­drücklich fest, dass digi­tales Zen­tral­bankgeld ‚die fak­tische untere Null­zins­grenze der Geld­po­litik eli­mi­nieren würde‘. Als Alter­native zur abrupten Abschaffung des Bar­gelds ver­sucht ein anderer Ansatz, Bargeld vom Giralgeld zu ‚ent­koppeln‘ und damit Bargeld als eine Art ‚Par­al­lel­währung‘ zu behandeln.(…) Es geht (…) darum, die 1:1 Parität zwi­schen Bargeld und Giralgeld auf­zu­geben, (…) durch Erhebung eines Umtausch­zinses, fak­tisch eines Straf­zinses, auf Bargeld (con­version rate of cash [CRC]). Dieser Strafzins würde zum Bei­spiel erhoben, wenn Bargeld von einem Konto abge­hoben wird (…)“ – Stelter: Natürlich sind diese Ideen alle Folge davon, dass sich die Geld­po­litik in eine Ecke manö­vriert hat und wir seit Jahr­zehnten von der Droge bil­ligen Geldes abhängen.
  • „Studien (…) haben Ergeb­nisse berichtet, die man ohnehin wissen konnte: die auf­er­legten Nega­tiv­zinsen erzielten keine fest­stellbare Wirkung, weder positive noch negative. Zwei Gründe wurden dafür genannt. Zum einen wurde der Nega­tivzins von den betref­fenden Zen­tral­banken den Banken in ihrem Wäh­rungsraum auf­erlegt, nicht aber von diesen ihren Kunden. (…) Zum anderen waren die Zins­sätze anscheinend zu niedrig, um eine Wirkung her­vor­zu­rufen, während höhere Zins­sätze aus Furcht vor einem Run auf Bargeld nicht in Frage kamen.“ – Stelter: Und die Angst vor den Folgen einer alter­na­tiven Mit­tel­ver­wendung ist auch zu groß, weshalb man ja auch dem Finanz­mi­nister Geld leiht und Mittel mitbringt.
  • „(…) Banken ver­suchten, ihren Reser­ven­be­stand so weit wie möglich zu redu­zieren. Statt Über­schuss­re­serven zu halten, kauften sie leicht liqui­dierbare Wert­pa­piere, zum Bei­spiel Geld­markt­fonds, selbst wenn diese nur einen geringen Ertrag brachten. Solche Invest­ments erweitern den nicht-BIP-wirk­samen Teil der Finanz­wirt­schaft, während sie zum BIP oder zur Inflation nichts bei­tragen. (…) Unterm Strich hat die Sache öko­no­misch nichts gebracht. Den betref­fenden Zen­tral­banken hat es dennoch Mil­li­ar­den­ge­winne auf Kosten der Banken ein­ge­bracht.“ – Stelter: was ange­sichts der Gewinn­aus­schüt­tungen an die Staaten ja nett ist, aller­dings nicht ange­sichts eines insol­venten Bankensystems.
  • „(…) der end­gültige Auf­stieg des Giral­gelds seit um 1950 (war) begleitet von einem ent­spre­chenden Nie­dergang der Wirk­samkeit kon­ven­tio­neller Instru­mente der Geld­mengen- und Zins­po­litik, ein­schließlich einer geschwächten Über­tragung (Trans­mission) der geld­po­li­ti­schen Maß­nahmen von der Zen­tralbank auf die Banken und von diesen auf die gesamte Finanz­wirt­schaft und die Real­wirt­schaft. Mit dem Nie­dergang des Bar­gelds und einem Rückgang der erfor­der­lichen Reser­ve­haltung auf einen sehr geringen Pro­zentsatz der Giral­geld­be­stände, hat sich der Hebel der Zen­tralbank-Zins­po­litik besorg­nis­er­regend ver­kürzt.“ – Stelter: Man könnte auch sagen, die Noten­banken sind schon sehr locker, weshalb ihnen wenig Hebel bleiben.
  • „Das hat sei­ner­seits zur Ent­fes­selung einer über­schie­ßenden Expan­si­ons­dy­namik der Geld‑, Kredit- und Schul­den­aus­weitung im Giral­geld­regime geführt. Eine Zen­tralbank, die kaum noch Zen­tral­bankgeld in Umlauf hat, um den zigfach grö­ßeren Mengen an Giralgeld und geld­nahen Ver­brie­fungen etwas ent­gegen zu setzen, steht bald da wie König ohne Land.“ – Stelter: So ist es. Aber die Noten­banken können trotzdem helfen, Blasen aufzublasen.
  • „Banken sind Giral­geld­schöpfer, keine Finanz­in­ter­me­diäre, die Zen­tral­bank­re­serven oder Kon­to­gut­haben ihrer Kunden an andere Kunden ver­leihen (sie) brauchen Banken nur einen Bruchteil des von ihnen geschaf­fenen Giralgeld in Zen­tral­bankgeld zu refi­nan­zieren. Der betref­fende Bruchteil liegt im Euroraum bei 2,5–3% des Giral­gelds, bestehend aus 1,4% Bar­kasse (Geld­au­tomat), 1% weit­gehend brach lie­gender Min­dest­re­serve und, je nach Größe einer Bank, etwa 0,1–0,6% Über­schuss­re­serven.“ – Stelter: was wichtig ist. Immer wieder müssen wir uns klar machen, dass die Zen­tral­banken eigentlich nur folgen und einen sehr geringen Ein­fluss haben auf die Kre­dit­vergabe und das Zins­niveau, im Zweifel ein­seitig nach unten.
  • „Gegen­wärtig haben die Zen­tral­banken den Anschein, überaus mächtige Regenten des Geld‑, Bank- und Finanz­wesens zu sein. Der Anschein trügt. Er hat vor allem mit der unkon­ven­tio­nellen Kri­sen­po­litik des Quan­ti­tative Easing (QE) der letzten zehn Jahre zu tun. Die Zen­tral­banken taten, was sie am besten und prin­zi­piell unbe­grenzt können: Schulden mone­ti­sieren, sprich ‚Geld drucken‘. Die Geld­po­litik des QE schuf eine wahre Flut an Reserven für die Banken, und eine Giral­geldflut für Schat­ten­banken. Auf diese Weise wurde die Zah­lungs­fä­higkeit von wack­ligen Schuldnern gestützt und der Bestand an Finanz­ver­mögen sta­bi­li­siert (…). Das war effektiv, aber nicht son­derlich pro­duktiv. QE war QE for finance, nicht QE for the real economy. Es hat geholfen, den vor­han­denen großen Überhang an Finanz­ver­mögen und Schulden zu retten, ohne die zugrunde lie­genden Fehl­ent­wick­lungen in irgend­einer Weise zu kor­ri­gieren. Die wirklich schmerz­haften Ele­mente einer schweren Krise wurden auf­ge­schoben, nicht auf­ge­hoben (…)“ – Stelter: Genauso ist es!
  • „Der lang­fristige Zins­trend, dem die Zen­tral­banken folgen (nicht ihn bestimmen), ergibt sich gegen­wärtig aus dem welt­weiten sog. Erspar­nis­überhang (savings glut). (…) Eine andere wichtige Ursache aber war die globale Finan­zia­li­sierung. Anfänglich beruhte die Finan­zia­li­sierung auf einem stark gewach­senen indus­tri­ellen Wohl­stand, später jedoch zunehmend auf zusätz­licher Geld­schöpfung und Kre­dit­aus­weitung zwecks Aus­weitung bzw Auf­he­belung von Finanz­ge­schäften. Das mündete in diverse Finanz­blasen (…)“ – Stelter: Das wurde aber von den Noten­banken mit angeheizt.
  • „Die Ent­wicklung beruhte, und beruht wei­terhin, auf über­schie­ßender pro-aktiver Giral­gel­derzeugung, jederzeit zum geringen Bruchteil refi­nan­ziert von den Zen­tral­banken (…) Die resul­tie­rende stark BIP-über­pro­por­tionale Aus­weitung von Geld, Kredit und Schulden im Finanz­sektor bewirkte folglich keinen Auf­trieb der VPI, sondern der Asset­in­flation und Bla­sen­bildung. Als ein­ge­fah­renes Muster indi­ziert das ‚too much finance‘ zum Nachteil der Real­wirt­schaft, ein­schließlich einer Schlag­seite zugunsten der Finanz­ein­kommen und also zulasten der Arbeits­ein­kommen.“ – Stelter: was auch damit zu tun hat, dass die Zen­tral­banken im Zweifel die Schuldner und Gläu­biger immer gerettet haben. Damit war der Anreiz (und im Wett­bewerb der Zwang!!) groß, immer mehr Kredite zu vergeben.
  • „Was ver­harm­losend Erspar­nis­überhang (savings glut) genannt wird, ist tat­sächlich ein nie dage­we­senes Übermaß an anla­ge­su­chendem Finanz­ka­pital. (…) Über­schie­ßende Geld­schöpfung für selbst­be­züg­liche Finanz­ge­schäfte schafft so niedrige Zinsen und dadurch zugleich die wich­tigste Vor­aus­setzung für fort­ge­setzte Finanz­booms – und Zusam­men­brüche.“ – Stelter: Und das ist eine sehr wichtige Fest­stellung. Die Geld­menge wächst immer mehr und damit müssen die Zinsen immer weiter sinken, weil wir immer mehr Spe­ku­la­ti­ons­ge­schäfte ermög­lichen. Mit Real­wirt­schaft hat das schon lange nichts mehr zu tun. Die Noten­banken machen das zwar nicht direkt, aber ihre Maß­nahmen wirken indirekt, vor allem durch die Sys­tem­ga­rantie, die sie abgeben aus Angst vor den Folgen eines Crashs. Die Frage ist nur, wie lange können sie dieses Spiel weiter betreiben? Irgendwann muss Schluss sein, denn die Ver­zer­rungen und Blasen müssen immer größer werden und dem Nega­tivzins wird eine Grenze gesetzt sein durch das Ver­trauen der Bevöl­kerung in Geld.
  • „Die Krise ebenso wie der lang­fristige Rückgang des Infla­tions- und Zins­ni­veaus waren die Folge jener Finanz­meg­ablase, die man als Erspar­nis­überhang ver­harmlost. Den Zen­tral­banken blieb nichts anderes übrig als dem dis­in­fla­tio­nären und am Ende schon teils defla­tio­nären Trend zu folgen, indem sie ihre Basis­zinsen auf ein Niedrig- und Null­niveau absenkte und durch die QE-Politik eine zusätz­liche Reser­venflut unter die Banken brachte – was den Geld- und Kapi­tal­überhang und den Abwärts­druck auf die Zinsen nur umso mehr ver­stärkt hat.“ – Stelter: Die Zinsen müssen weiter sinken, weil sie schon so tief sind, nur so bekommt man das System eine Runde weiter. Dies kri­ti­sieren ja auch andere, wie zum Bei­spiel die BIZ.
  • „(…) es bleibt völlig unklar, weshalb Nega­tivzins eine Antwort auf die Pro­bleme sub­op­ti­maler Kapa­zi­täts­aus­lastung und einer eher dis- als re-infla­tio­nären Gesamt­tendenz sein soll. Selbst wenn es einen wirk­samen Trans­mis­si­ons­me­cha­nismus gäbe und die Banken ihren Kunden höhere Nega­tiv­zinsen abver­langen könnten, wieso sollte aus­ge­rechnet ein spür­barer Kauf­kraft­verlust ein Anreiz für Firmen sein, mehr Kapi­tal­aus­gaben zu tätigen, und für Pri­vat­haus­halte, mehr zu kon­su­mieren?“ – Stelter: Niemand inves­tiert, weil Geld nichts kostet. Und die Sparer sparen eher noch mehr, bekommen sie doch keine Zinsen.
  • „Einige Befür­worter von Nega­tiv­zinsen berufen sich aus­drücklich auf Silvio Gesell’s Schwund­geld­konzept und das ‚Wunder von Wörgl‘ 1932. Gesell dachte in den Kate­gorien einer Bar­geld­wirt­schaft, das Bargeld sicherlich als frei schöpf­bares Fiatgeld (‚Freigeld‘), aber dennoch Bargeld. Geld besitzen rückte bei ihm in die Nähe des Geld hortens. Die Sache inspi­rierte Keynes zu seinen Begriffen der Liqui­di­täts­prä­ferenz und der Liqui­di­täts­falle. Damit Geld nicht ruhe, sondern seine wirt­schaft­liche Umlauf­funktion erfülle (‚Taler Taler du musst wandern von der einen Hand zur andern‘), hielt Gesell einen Geld­schwund von 6% jährlich für ange­messen.“ – Stelter: Auch bei Gesell war es ja eine Krise, die bekämpft werden sollte. Immer in solchen – meist durch Über­schuldung bedingte Krisen – wird ver­sucht, die Nach­frage durch solche Maß­nahmen zu stimulieren.
  • „Für Gläubige ist die Schwund­gel­d­episode von Wörgl der unzwei­fel­hafte Beweis für die Rich­tigkeit des Kon­zepts. Tat­sächlich aber han­delte es sich beim ‚Wunder von Wörgl‘ kei­neswegs um ein Wunder. Der ent­schei­dende Punkt war, dass im Prinzip alles Nötige vor­handen war – qua­li­fi­ziertes Per­sonal, Res­sourcen, Maschinen, tech­nische und admi­nis­trative Infra­struk­turen – nur kein Geld. Die Leute bekamen wieder Geld, und das war schon der ganze Trick, damit konnte die Wirt­schaft wieder laufen. Ohne den monat­lichen 1% Nega­tivzins wäre dies Sache ebenso gut gelaufen. Schließlich saß niemand in der Stadt in der ‚Liqui­di­täts­falle‘ und alle waren zufrieden, wieder bezahlte Arbeit zu leisten und wieder kaufen zu können was es zu kaufen gab.“ – Stelter: Das kann man durchaus auf heute über­tragen. Wenn wir mehr Geld in die Wirt­schaft pumpen, sollte dies auch ent­spre­chend wirken.
  • „Es ließe sich daher annehmen, dass Nega­tiv­zinsen viel­leicht etwas helfen könnten, wenn sich die Wirt­schaft in einem zykli­schen Tief befindet. Der Gesel­lia­nische Schwund­geld­ansatz ent­stand tat­sächlich im Kontext der Krisen aus dem Ersten Welt­krieg und der Großen Depression. (…) Nicht zufällig steht das gegen­wärtige Wie­der­auf­leben der Schwund­geldidee als Nega­tivzins im Kontext der Banken- und Schul­den­krise ab 2007/08. Wie damals haben auch heute wieder über­schuldete Staaten (bto: und Pri­vat­sektor würde ich ergänzen!) Anders als damals schlug die Krise heute soz. ’nur ein bisschen‘ zu, da sie durch das QE for finance und eine schub­hafte Mehr­ver­schuldung der Staaten auf­ge­schoben wurde, wie schon gesagt ohne die zugrunde lie­genden Pro­bleme zu lösen (außer Kon­trolle geratene Geld­schöpfung, große Über­hänge an Finanz­ver­mögen und Schulden), was eine optimale Wirt­schafts­ent­wicklung behindert.“ – Stelter: So kann man es auf den Punkt bringen.
  • Dennoch besteht in keinem indus­triell fort­ge­schrit­tenen Land heute ver­breitet Unter­kon­sumtion. (…) Aus allen diesen Gründen dürfte ein Nega­tivzins das Ziel einer Wirt­schafts­an­kur­belung, Mehr­be­schäf­tigung usw. weit­gehend ver­fehlen. Anstatt einen dis­funk­tio­nalen Nega­tivzins auf­zu­er­legen, wäre es rich­tiger, Geld direkt für real­wirt­schaft­liche Zwecke zu schöpfen und die Ein­kommen in der Breite der Bevöl­kerung anzu­heben, ein­schließlich der Wei­ter­ent­wicklung heu­tiger Sozi­al­transfers in Richtung eines all­ge­meinen Grund­ein­kommens.“ – Stelter: Das spricht dann für Über­le­gungen wie MMT –, was Huber ja bekanntlich sehr kri­ti­siert. Auf jeden Fall ist es ein Plä­doyer für Heli­kopter-Geld und direkte Staats­fi­nan­zierung. Man könnte auch direkte Zah­lungen der Noten­banken an die Bürger befür­worten, was ich auch schon vor ein paar Jahren getan habe.
  • „(Der Nega­tivzins) ist eine unsach­gemäß über­dehnte und damit ent­stellte Maß­nahme kon­ven­tio­neller Zins­po­litik, ein Akt der Rat­lo­sigkeit im Versuch, die Wirk­samkeit der Zins­po­litik wieder her­zu­stellen, die im bestehenden Giral­geld­regime weit­gehend ver­loren gegangen ist. Funk­tional gesehen ist Nega­tivzins eine tech­no­kra­tische Torheit, ein aber­gläu­bi­scher Exor­zismus der ‚Liqui­di­täts­prä­ferenz‘ der Leute, eine miss­ratene Kon­struktion sui generis, welche die Grenzen zwi­schen Geld- und Fis­kal­po­litik ver­wischt (…)“ – Stelter: Er ist aber auch die kon­se­quente Fort­setzung der Politik der letzten Jahre.
  • „Das tat­säch­liche Problem heute ist weniger Unter­kon­sumtion bzw. unge­nü­gende Nach­frage als vielmehr extreme Finanz­zyklen bzw. finan­ziell über­stei­gerte Wirt­schafts­zyklen. Das Kern­problem hinter der wie­der­keh­renden kri­sen­träch­tigen ‚irra­tional exu­berance‘ ist: eine außer Rand und Band geratene nicht-BIP-bei­tra­gende Finanz­wirt­schaft, gespeist von einer eben­solchen Geld‑, Kredit- und Schul­den­aus­weitung – ein fun­da­men­tales sys­te­mi­sches Problem, das man unter Kon­trolle bekommen muss, (…) Die Zen­tral­banken werden sich kaum länger weigern können, struk­tu­relle Ver­än­de­rungen des gegen­wär­tigen Systems der Geld­schöpfung und Geld­po­litik in Betracht zu ziehen.“ – Stelter: Dieser Schluss­fol­gerung von Huber kann ich mich nur anschließen. Ich fürchte aber, dass es nicht zu einer Umkehr kommt. Davor müssen wir erst durch das tiefe Tal einer wei­teren Krise gehen.

Dr. Daniel Stelter – www.think-beyondtheobvious.com