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Kom­plette legale Ent­eignung per Gesetz

Exklu­sives Kapitel aus dem Buch „Der größte Crash aller Zeiten — Wirt­schaft, Politik, Gesell­schaft. Wie Sie jetzt noch Ihr Geld schützen können” von Marc Friedrich und Mat­thias Weik:
Das wich­tigste Gesetz der letzten Jahre heißt SAG, Sanie­rungs- und Abwick­lungs­gesetz, und der Name ist Programm.
Dieses Gesetz ist leise und ohne große Medi­en­präsenz am 1.1.2015 in Kraft getreten und hat 176 schwer lesbare Para­graphen. Die Ver­ab­schiedung im Bun­destag erfolgte vor annä­hernd leerem Plenum zu fort­ge­schrit­tener Stunde ohne Aus­sprache. Es ent­stand aus den Lehren der Finanz­krise 2008. Damals musste der Staat mit Garantien und Mil­li­arden an Steu­er­geldern die Hypo Real Estate ver­staat­lichen, Aktionäre ent­eignen und die Com­merzbank stützen. Mit dem SAG wäre es anders gelaufen. Man hätte die Aktien der Bank, aber auch alle Kon­to­gut­haben teil­weise ent­werten oder sogar ganz auf null setzen können (nach § 89 SAG). Gehen wir mal davon aus, dass die Ein­la­gen­si­cherung noch funk­tio­niert hätte (was bei einer so großen Bank schon mehr als unwahr­scheinlich ist, auch die Siche­rungs­töpfe der Banken beinhalten lediglich 6,9 Mil­li­arden Euro).
SAG betrifft Bank­kunden, die sich in Sicherheit wiegen und doch jederzeit ohne recht­liche Gegen­mittel ent­eignet werden können. Die neue Bun­des­an­stalt für Finanz­markt­sta­bi­li­sierung kann anordnen, bei dro­hender Insolvenz einer sys­tem­re­le­vanten Bank Kun­den­gelder ein­zu­ziehen oder in Aktien der Bank zu einem von ihr fest­ge­legten Nennwert umzu­wandeln und den Nennwert her­ab­zu­setzen – bis auf 0! Ein Wider­spruchs­ver­fahren ist aus­ge­schlossen. Selbst eine Klage hat keine auf­schie­bende Wirkung. In diesem Fall gelten alle Ansprüche des Aktionärs als »erfüllt«, und zwar für immer (§ 99 Abs. 1 – 3 SAG). Selbst wenn die Bank sich wieder erholt, gibt es kein Zurück. Inter­es­san­ter­weise wurde in § 5 SAG fest­ge­halten, dass alle Funk­ti­ons­träger über das nach dem SAG ablau­fende Ver­fahren Still­schweigen zu wahren haben. Des­wegen hören Sie auch nichts von dem Gesetz. Fragen Sie doch mal Ihren Ver­mö­gens­ver­walter, Banker oder Makler. Selbst wir müssten wahr­scheinlich schweigen. Dies bedeutet aber auch, dass gemäß § 5 SAG alle Ver­fah­rens­be­tei­ligten per Gesetz zum Still­schweigen ange­halten sind, selbst wenn sie die Sys­tem­ge­fährdung einer sys­tem­re­le­vanten Bank ver­muten. Wie 2008 bei Lehman Brothers – diese Bank hatte bis zuletzt trotz Mil­li­ar­den­ver­lusten ein Top Rating.
Wer muss im Ernstfall haften?

  1. Alle Pri­vat­kunden und Fir­men­kunden, die Ein­lagen ab 100.000 Euro bei einer »sys­tem­re­le­vanten« Bank führen, werden im Extremfall zur Kasse gebeten. Betroffen sind Sparbuch, Giro­gut­haben, Fest- und Tagesgeld, Spar­ver­träge (auch ver­mö­gens­wirksame Leis­tungen), Namens­schuld­ver­schrei­bungen und vor­über­gehend geparkte Liqui­dität auf dem Wertpapierdepot.
  2. Die Aktionäre der sys­tem­re­le­vanten Bank.

EDIS – Euro­päische Einlagensicherung
Die Ein­führung der Euro­päi­schen Ein­la­gen­si­cherung (EDIS) wird von Teilen der Politik for­ciert. Dies bedeutet, dass deutsche Banken und somit deutsche Sparer für teil­weise voll­kommen marode Institute in Süd­europa haften müssen. Volks- und Raiff­ei­sen­banken und Spar­kassen laufen berech­tig­ter­weise Sturm, denn sie wissen, was ihnen und uns dann blühen wird.
Jetzt soll es an das Geld der deut­schen Sparer gehen. Die EZB plant, den größten Jackpot in der Eurozone anzu­bohren: den deut­schen Sparer und die deut­schen Geld­in­stitute, allen voran Volks­banken und Sparkassen.
Hinter der Abkürzung EDIS ver­birgt sich ein Ein­la­gen­si­che­rungs­system für die gesamte Eurozone, das die natio­nalen Ein­la­gen­si­che­rungs­systeme ablösen soll. Ein­la­gen­si­che­rungs­systeme werden mit den Bei­trägen von Banken finan­ziert. Sie garan­tieren im Fall einer Insolvenz einer Bank die Ein­lagen der Kunden und sollen einen Banken-Run (Schal­ter­sturm) ver­hindern. Die EZB plant also ein System ein­zu­richten, das EU-weit bei einer Ban­ken­krise das Geld der Sparer schützt. Was geschieht jedoch, wenn die Mittel erschöpft sind?
Ferner ist zu beachten, dass bis 2024 nationale Ban­ken­ver­bände in der Eurozone ihre Fonds zur Ein­la­gen­si­cherung füllen müssen. Doch von den ver­langten Werten sind die meisten Länder weit ent­fernt – auch die größte Volks­wirt­schaft Deutschland. Dabei ist seit 2014 euro­paweit gesetzlich vor­ge­schrieben, dass Banken alle Spar­ein­lagen ihrer Kunden bis 100.000 Euro zu 0,8 Prozent durch eigene Mittel absi­chern müssen.
Selbst die Töpfe, mit denen sich in Deutschland Spar­kassen, Volks­banken und Pri­vat­banken innerhalb ihrer jewei­ligen Ver­bünde in Kri­sen­zeiten gegen­seitig helfen, waren lediglich mit durch­schnittlich 0,4 Prozent der gesi­cherten Ein­lagen gefüllt. Damit befindet sich Deutschland auf Platz 11 der 19 Euro­staaten. Es ist zu befürchten, dass dann die Steu­er­zahler für die Banken Europas haften müssen, da zahl­reiche Banken in Europa bekanntlich auf­grund ihrer Größe noch immer sys­tem­re­levant sind.
Dem­entspre­chend stellt sich die Frage, wer tat­sächlich geschützt werden soll und wer schluss­endlich die Zeche bezahlen wird.
In der Bun­des­re­gierung und bei deut­schen Banken stößt EDIS auf große Skepsis. Warum? Es ist davon aus­zu­gehen, dass deutsche Geld­häuser in Haftung genommen werden, wenn Institute in anderen Mit­glieds­ländern in Schieflage geraten oder besser gesagt kurz vor der Pleite stehen. Bei Lichte betrachtet haben heute bereits zahl­reiche Banken in Süd­europa enorme Pro­bleme und stehen de facto kurz vor der Insolvenz. Ohne die massive Inter­vention der EZB in Form von Anlei­he­auf­käufen durch das Auf­kauf­pro­gramm PSPP wäre bei eben­diesen Banken in Süd­europa bereits längst das Licht ausgegangen.
Blanker Unfug und nicht realisierbar 
Gegen­wärtig sind laut EU-Regeln alle Bank­gut­haben bis zu 100.000 Euro gesetzlich garan­tiert. Sollte es zu einem Kollaps einer großen Bank in Europa kommen, wird man zügig fest­stellen, dass dies blanker Unfug und nicht rea­li­sierbar ist. Dem­entspre­chend regt sich Wider­stand. Der Bun­des­verband der Deut­schen Volks­banken und Raiff­ei­sen­banken warnt davor, dass Haftung und Risiko bei einer Zen­tra­li­sierung des Spa­rer­schutzes weit aus­ein­an­der­fielen. In Europa haben sich mitt­ler­weile marode Kredite von fast 1 Billion Euro ange­sammelt. Helmut Schleweis vom Spar­kas­sen­verband DSGV bezeichnet EDIS sogar als einen »sys­te­ma­ti­schen Griff in unsere Kassen« – zulasten der deut­schen Sparer.
Das Risiko mas­siver Ban­ken­krisen in Süd­europa bleibt weiter bestehen. In dem hohen Bestand an Pro­blem­dar­lehen sieht auch Bun­desbank-Prä­sident Jens Weidmann ein gewich­tiges Argument gegen die Ein­führung von EDIS. Wie gewichtig sein Wort bei der EZB ist, wird sich zeigen.
Als Mario Draghi im Sep­tember 2012 den Gläu­bi­ger­status der EZB abschaffte, wurde Jens Weidmann mit 16 zu 1 Stimmen über­stimmt. Seither haftet nicht mehr die EZB mit ihrem lächer­lichen Stamm­ka­pital von knapp 11 Mil­li­arden Euro, sondern es haften 342 Mil­lionen Europäer für eine Noten­bank­po­litik, die über Zinsen an der Null­grenze zu einer erheb­lichen Umver­teilung von Kre­dit­gebern zu ‑nehmern und von Sparern zu Schuldnern führt.
Die Länder der Eurozone haften mitt­ler­weile gemein­schaftlich für die Staats­an­lei­he­käufe der Euro­päi­schen Zen­tralbank. Hinzu kommen die Anleihen der natio­nalen Noten­banken. Ver­luste natio­naler Noten­banken können laut Artikel 32.4 der Satzung des Euro­päi­schen Systems der Zen­tral­banken (ESZB) auf das gesamte Euro­system umgelegt werden.
Für die Länder Süd­eu­ropas wäre es zwei­fellos vor­teilhaft, wenn ihre natio­nalen Ein­la­gen­si­che­rungs­systeme in Zukunft mit denen der sta­bi­leren nord­eu­ro­päi­schen Euro-Länder im Rahmen von EDIS zwangs­fu­sio­niert würden. Somit würden ihnen wesentlich mehr Mittel für die Sicherung der Ein­lagen ihrer Banken zur Ver­fügung stehen.
Anreiz zur Nichtvorsorge
Auf­grund der unter­schied­lichen Sta­bi­lität der Ban­ken­systeme würde EDIS auf eine massive Umver­teilung innerhalb der Eurozone hin­aus­laufen: Die sta­bi­leren Ban­ken­systeme Nord­eu­ropas müssten für die schwä­cheren Süd­eu­ropas zahlen. Ver­mutlich würde dies Anteils­eigner, aber auch Bank­kunden treffen. Oben­drein würde EDIS Fehl­an­reize nach sich ziehen. Kunden würden sich vor­aus­sichtlich Banken mit ris­kan­teren Geschäfts­mo­dellen aus­suchen, die höhere Zinsen abwerfen, da diese durch EDIS abge­si­chert sind.
Ferner ist fraglich, ob mit EDIS tat­sächlich ins­be­sondere in Süd­europa eine starke Ban­ken­re­gu­lierung statt­finden wird. Wir bezweifeln das. Mit EDIS lohnt sich die Vor­sorge über die frei­wil­ligen Siche­rungs­ein­rich­tungen der Spar­kassen, Volks­banken und pri­vaten Banken nicht mehr. Dies bedeutet, eine Bank, die zusätzlich aus Eigen­in­itiative vor­sorgt, ist die Gelack­meierte. Denn solche Banken müssen zuerst diese Mittel ver­brauchen, während die­je­nigen Banken, die selbst nicht vor­sorgen, sofort auf die Mittel von EDIS zugreifen können. Die Kon­se­quenz ist, dass ohne die frei­wil­ligen Siche­rungs­ein­rich­tungen der Banken alle Ein­lagen über 100.000 Euro nicht mehr geschützt sind.
Laut einer Studie des Kölner Instituts der deut­schen Wirt­schaft (IW) könnte die EU-Ein­la­gen­si­cherung die Gefahren in der Eurozone durch faule Bank­kredite nur schwer auf­fangen. Wei­terhin bestehen signi­fi­kante Risiken in den Bilanzen sys­tem­re­le­vanter Geld­häuser des Währungsraumes.
Selt­sa­mer­weise unter­stützen CDU/CSU, SPD, Grüne und FDP EDIS im Euro­pa­par­lament. Wir stellen uns die Frage: Wen und welche Inter­essen ver­treten diese Par­teien in Brüssel? Die des deut­schen Sparers können es unserer Ansicht nach kei­nes­falls sein. EDIS wird nicht zur Gesundung Europas bei­tragen, sondern lediglich das Scheitern auf Kosten der Bürger hinauszögern.
Wir gehen davon aus, dass EDIS kommen wird, auch wenn Frau Merkel aktuell noch dagegen ist. Eines sollte aber jedem Leser klar sein: Wenn die euro­päische Ein­la­gen­si­cherung imple­men­tiert wird, ist absolute Gefahr im Verzug und unserer Ansicht nach kann man dann die Uhr danach stellen, bis die erste süd­eu­ro­päische Bank kippt und gerettet werden muss. Spä­testens dann sollte man sich über­legen, wie viel Geld man auf dem Konto noch liegen lassen will.