Russland und USA werfen sich gegen­seitig Hybrid­krieg vor — USA, Russland und China: Hybride Kriegs­führung ist in vollem Gange

Weil ein offener Krieg zwi­schen großen Indus­trie­na­tionen ohne völlige Eska­la­ti­ons­gefahr nicht mehr führbar ist, werden Kon­flikte ein­ge­froren und auf unter­schwel­liger Ebene fort­ge­führt, mit dem Ziel, den Gegner wirt­schaftlich und mili­tä­risch zu erschöpfen. Am Ende hofft man auf den Zusam­men­bruch des geg­ne­ri­schen Regimes.

Im frühen 20. Jahr­hundert war die mili­tä­rische Stra­tegie der Abnutzung (»strategy of attrition«) weit ver­breitet. Man spricht vom Zer­mür­bungs­krieg. Das ist eine mili­tä­rische Stra­tegie, bei der es darum geht, den Feind durch kon­ti­nu­ier­liche Ver­luste an Per­sonal und Material bis zum Zusam­men­bruch zu zer­mürben. Im Extremfall spricht man auch vom »Ver­nich­tungs­krieg« (»strategy of anni­hi­lation«). Das war im Ersten und Zweiten Welt­krieg der Fall, aber auch im Korea­krieg und Viet­nam­krieg. An der West­front des Ersten Welt­krieges haben sich die Alli­ierten und die Deut­schen einen Abnut­zungs­krieg geliefert, der mit großen Ver­lusten an Material und Per­sonal ein­herging. Dabei griff man auf eine kom­bi­nierte Kriegs­führung (»com­bined warfare«) zurück, in welcher tak­tisch und stra­te­gisch alle Waf­fen­system und Mili­tär­gruppen (Armee, Marine, Luft­waffe) kom­bi­niert ein­ge­setzt wurden. Im Zweiten Welt­krieg gehörten dazu der grausame Ver­nich­tungs­krieg der Wehr­macht im Osten und die Flä­chen­bom­bar­de­ments der Alli­ierten in Deutschland. Das Ziel einer solchen Kriegs­führung ist der »bedin­gungslose Sieg« (»uncon­di­tional victory«).

Das Problem dieser Stra­tegie ist, dass die Ver­luste für alle Seiten zu hoch sind. Nach dem Zweiten Welt­krieg hat keine bedeu­tende Indus­trie­nation mehr einen solchen Krieg gegen eine andere Indus­trie­nation geführt. Selbst die Ver­suche der Ame­ri­kaner, Korea und Vietnam, damals Länder der Dritten Welt, auf diese Weise zu bezwingen, haben sich als ver­lust­reich und kost­spielig erwiesen.

Bereits nach dem Ersten Welt­krieg gab es Bemü­hungen, diese Stra­tegie durch eine andere zu ersetzen, bei der mittels einer kom­bi­nierten schnellen Kriegs­führung (»joint warfare«) der mili­tä­rische Gegner schnell außer Gefecht gesetzt werden soll, ohne dass es zu einem langen Zer­mür­bungs­krieg kommt. In Deutschland gab es zu Beginn des Zweiten Welt­kriegs die Stra­tegie des soge­nannten »Blitz­krieges«, die in der zweiten Hälfte des Krieges auf­ge­geben werden musste, weil der Wider­stand der Alli­ierten zum Zer­mür­bungs­krieg zurückführte.

Die Ame­ri­kaner haben aus Vietnam gelernt. Seitdem ver­suchen die Ame­ri­kaner, Kriege auf spe­zi­fische Mili­tär­ope­ra­tionen zu begrenzen, die klar defi­nierte Ziele haben. In solchen Fällen werden die U.S. Army, U.S. Navy, U.S. Air Force und die U.S. Marines vom U.S. Joint Special Ope­ra­tions Command (JSOC) unter­stützt. Solche Art zeitlich und räumlich begrenzten mili­tä­ri­scher Ope­ra­tionen sind aller­dings nur bei großer Über­le­genheit möglich.
Gegen Staaten wie die Rus­sische För­de­ration oder die Volks­re­publik China sind weder ein Ver­nich­tungs- oder Zer­mür­bungs­krieg noch eine schnelle mili­tä­rische Ope­ration möglich. Es droht in jedem Fall eine Eska­lation zur völ­ligen Kata­strophe, die man nach den Lehren des Zweiten Welt­krieges und auf­grund der Existenz von Mas­sen­ver­nich­tungs­waffen ver­meiden will.
Hybride Kriegs­führung

In den letzten Jahr­zehnten hat sich zunehmend her­aus­ge­stellt, dass bei den heu­tigen Waf­fen­sys­temen ein offener Krieg kaum noch führbar ist. Die Ver­ei­nigten Staaten von Amerika, die Rus­sische Föde­ration, die Volks­re­publik China, aber auch Staaten wie Isla­mische Republik Iran und das König­reich Saudi-Arabien, sowie einige andere Staaten, haben sich längst in die neue Form der Kriegs­führung begeben, die zuerst vom Mili­tär­theo­re­tiker Frank G. Hoffman im Jahre 2005 klar defi­niert wurde. Man spricht vom »hybriden Krieg«.

Diese Form des Krieges, die man bereits in Syrien, in der Ukraine, im Jemen und in anderen Kon­flikt­zonen gesehen hat, ist eine Mischform aus Gue­ril­la­krieg, ver­deckter Kriegs­führung, Geheim­dienst-Ope­ration und metho­disch voll­um­fas­sender Atta­ckierung des Gegners.

Wich­tiges Kenn­zeichen ist, dass die Grenzen zwi­schen Krieg und Frieden ver­wischt werden. Dies geschieht durch den Einsatz von ver­deckt kämp­fenden Truppen. Dabei ope­rieren Sol­daten ohne Hoheits­zeichen auf fremdem Territorium.

Bevor es zum offenen Krieg mit voll­um­fäng­licher Waf­fen­nutzung inklusive Mas­sen­ver­nich­tungs­waffen kommt, werden zunächst alle anderen Formen genutzt, wie Wirt­schafts­krieg, Finanz­waffen, Pro­pa­ganda- und Des­in­for­ma­tions-Kam­pangnen sowie Cyber-Attacken, um den Gegner durch unab­lässige Drang­sa­lierung ver­deckt zu zer­mürben und zu schwächen. Es geht um eine »Strategy of Exhaustion«, um eine lang­fristige Erschöpfung des Gegners, bis dieser von selbst innerlich zerfällt.