Politische Symbole sind so alt, wie die die menschliche Gesellschaft. Sie geben der Gemeinschaft Orientierung und bestimmen die Entwicklungsrichtung. Herrscher lassen sich die Insignien ihrer Macht vorantragen. Ihr Gefolge gliedert sich symbolisch, nach Farben und Zeichen im Krieg spielt die Standarte eine unverzichtbare Rolle.
Solange sie im Getümmel aufrecht steht, ist der Kampf nicht entschieden, fällt sie, ist die Niederlage besiegelt. Standartenträger zu sein, ist eine besondere Ehre, er ist von einer eigens dafür abgestellten Wachmannschaft umgeben. Der Verlust der Standarte an den Gegner wird als größte Schmach empfunden, deshalb wird sie oft unter Einsatz des Lebens verteidigt.
In der modernen Gesellschaft spielen politische Symbole eine immer größere Rolle. Das moderne Politikmarketing ist ohne sie undenkbar. Längst haben sie die unterschiedlichsten Größen und Formen angenommen: Vom kleinen Partei‑, Vereins‑, oder Verbandsabzeichen über Postkarten, Flyer und Fahnen bis hin zu Riesenpostern, wie den sogenannten Wesselmännern, die immer häufiger während der Wahlkämpfe in Stadt und Land zu sehen sind.
In Bürgerkriegen unterscheiden sich die Kombattanten mit Armbinden voneinander, wenn es an Uniformen mangelt. Uniformiert werden auch Kinder- und Jugendgruppen, nicht nur in Diktaturen. In der DDR liefen mutige Oppositionelle mit dem Schwerter-zu-Pflugscharen-Sticker herum. Mit der Aidsschleife oder dem Regenbogen-Button wünscht der Träger seine Gesinnung kundzutun.
Totalitäre Gesellschaften verordnen Einheitskleidung, wie Mao in China oder Kim Il Sung in Nordkorea.
In den USA werden die Sträflinge in Orange gekleidet, in muslimischen Ländern die Hinzurichtenden in Weiß.
Symbole beherrschen also alle Bereiche, in denen weltanschauliche Auseinandersetzungen stattfinden oder ebensolche Kämpfe ausgetragen werden.
Manche Symbole werden ad hoc geschaffen und sind entsprechend kurzlebig, andere haben eine lange Geschichte.
Die Rote Fahne begleitete die Arbeiterbewegung über Jahrzehnte, Schwarz-Rot-Gold waren die Farben der der Demokraten der Bürgerlichen Revolution von 1848. Die Farbe der Hindus ist Safran, die der Muslime Grün.
Die deutschen Christdemokraten waren jahrelang die Schwarzen, bevor sie sich hinter einem unbestimmten Magenta verkrochen, das aber nicht haften will.
Beliebt sind Kreise. Das A darin deutet auf Anarchisten, Hammer und Sichel auf Kommunisten, das Hakenkreuz auf Nationalsozialisten, die volle Sonne auf die Grünen, die halbe auf die Freie Deutsche Jugend der DDR.
Politische Symbole können Kraft entfalten. Massen hinter sich vereinen und auf ein Ziel ausrichten, bis sie von einem stärkeren Symbol verdrängt werden.
Obwohl politische Symbole von überragender Bedeutung sind, gab es bisher kein Werk, das diese Symbole vereinte. Diese Lücke wurde mit dem Lexikon des Historikers Karlheinz Weißmann geschlossen. In jahrelanger Forschungsarbeit hat Weißmann tausende Symbole zusammengetragen und ihre Kulturgeschichte niedergeschrieben.
Auf 1700 Abbildungen kann man sich Symbole vom Beginn der frühen menschlichen Gesellschaften bis in die Gegenwart anschauen und sich in den über 200 Artikel über deren Bedeutung informieren. Damit bietet Weißmanns umfangreiches Buch einen neuen, spannenden Blick auf Geschichte und Gegenwart.
Karlheinz Weißmann, Lexikon politischer Symbole, 2022
Vera Lengsfeld — Erstveröffentlichung auf dem Blog der Autorin www.vera-lengsfeld.de
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