Was eine Beleidigung ist, hat keine eindeutig klaren Grenzen. Ist Dummkopf eine Beleidigung? Nein, würde man sagen. Das ist eher eine harmlose Kritik. Aber ist Gehirnvakuum eine? An welcher Stelle wird eine übliche Unmutsäußerung zu Hass und Hetze? Es gibt Leute die schütteln das mit Leichtigkeit ab, andere sind da empfindlicher. Natürlich fördert man die Aufregung öffentlich enorm, aber nur bei den Bevölkerungsgruppen, die sakrosankt sind.
Weiße alte Männer, also die Sorte „Scheißkartoffeln“, die unser Land immer noch maßgeblich am Laufen halten, darf man beleidigen und beschimpfen, ihnen alles an Bösem unterstellen – und sie wehren sich nicht, weil sie genau wissen, dass sie sowieso nicht Recht bekommen.
Allgemein ist der Ton im Netz rauer geworden. Man geht leider schnell zu persönlichen Angriffen über. Und immer wieder mittenmang Frau Chebli. Sie mischt sofort kräftig mit, wo die Torten ins Gesicht fliegen, teilt gnadenlos aus und ist stockbeleidigt, wenn sie im Getümmel einen Treffer kassiert.
Aber die ehemalige Staatssekretärin Sawan Chebli gehört zu ihrem Glück zu den Sakrosankten. Das hat sie ihrer Herkunft und ihrer Hautfarbe zu verdanken und der Tatsache, dass sie eine Frau ist. Was sie in ihrer Funktion als Staatssekretärin an Erfolgen zuwege gebracht hat, ist zumindest nicht öffentlich bekannt. Sie ist hauptsächlich durch ihre Empörungsauftritte in die Medien gekommen. Dabei hat sie nicht gerade immer einen guten Instinkt, auf welch dünnem Eis sie sich bewegt. Nicht immer gehen ihre Frechheiten, die sie gern um sich herum verteilt, für sie gut aus.
So auch dieses Mal. Leute, die bedenkenlos austeilen, aber nichts einstecken können, nennt der Volksmund gern „Mimofanten“ (Mimose im Einstecken, aber Elefant im Austeilen). Nun macht sie wieder von sich reden.
Der Fall liegt etwas mehr als zwei Jahre zurück. In seiner Comedysendung befasste sich Dieter Nuhr Ende 2020 mit dem Buch der Autorin Alice Hasters, (eine Frau mit einem weißen und einem schwarzen Elternteil) „Was weiße Menschen über Rassismus nicht hören wollen – aber wissen sollten“. Er sinnierte darüber, dass allen Weißen immer grundsätzlich unterstellt werde, Rassisten zu sein. Das hatte die Autorin aber nirgends im Buch explizit behauptet.
Frau Chebli witterte wieder einmal eine Chance auf „virtue signalling“, ein Begriff, der so etwas, wie Tugendprotzerei bedeutet. Sie schimpfte wie ein Rohrspatz auf Facebook:
„Immer wieder Dieter#Nuhr: so ignorant, dumm und uninformiert. Er [kann] nur Witze auf Kosten von Minderheiten machen. Wie lange will @ARD das mitmachen?“
Auch nicht gerade nett. Satire und Comedy macht IMMER Witze auf Kosten von Irgendwem. Nun hat gerade Frau Chebli mit dieser üblen Beschimpfung Dieter Nuhrs die Verbal-Keilerei auf Hochtouren gebracht. Ein Wort ergab das andere, und irgendwann polterte jemand aus Heilbronn los:
„Selten so ein dämliches Stück Hirn-Vakuum in der Politik gesehen wie Sawsan Chebli. Soll einfach abtauchen und die Sozialschulden ihrer Familie begleichen.“
Absolut nicht nett, aber in der Hitze des Gefechts, bei dem auch Frau Chebli kräftig mitgemischt hatte, nun auch nicht so streng zu bewerten. Das eigentliche Wort, das der Heilbronner mit „Gehirn-Vakuum“ wahrscheinlich eleganter umschreiben wollte, heißt im Sprachgebrauch „Hohlbirne“. Dennoch meinte Frau Sawsan Chebli, den Mann vor Gericht zerren zu wollen. Möglicherweise ist dabei das Kalkül im Hinterkopf, dass eine prominente Frau aus Zuwandererfamilie sowieso die besseren Karten vor Gericht hat, als ein „alter, weißer Mann“. Diese Rechnung geht eigentlich immer auf. Aber diesmal nicht. Das Gericht wies Frau Cheblis Klage kostenpflichtig ab, das heißt, sie musste auch noch Gerichtskosten zahlen.
Prof. Dr. Thomas Fischer ist ein Münchner Rechtsanwalt und Rechtswissenschaftler, ehemals Vorsitzender Richter des 2. Strafsenats am Bundesgerichtshof und Kolumnist der Seite „Legal Tribune Online“, auf der er rechtliche Fragen und Probleme erörtert und bewertet. So auch die Klage von Frau Chebli
Er seziert den Ablauf des Schlagabtausches im Netz und wer den Ton eigentlich maßgeblich verschärft hat. Als Dieter Nuhr über das erwähnte Buch räsonierte, sagte dieser:
“Die Frau behauptet ernsthaft, als Weißer wäre ich automatisch Rassist (…) Das Buch war in den USA ein Riesenrenner (…) Ehrlich gesagt glaube ich, dass diese Form der Scheinintellektualität einer arroganten Linken maßgeblich dafür verantwortlich ist, dass es so etwas wie Donald Trump geben konnte.”
Tatsächlich wurde in dem Buch gar nicht behauptet, “Weiße” seien “automatisch Rassisten”. Es war in den USA überhaupt nicht erschienen, deshalb dort auch kein “Renner”. Frau Chebli gab daraufhin den Kommentar ab, in dem sie Nuhr als „so ignorant, dumm und uninformiert“ etc. bezeichnete. Dazu meldete sich der CDU-Landtagsabgeordnete und CDU-Vorsitzende Brandenburgs, Jan Redmann, mit einem Twitter-Pos zu Wort:
“Hat die politische Linke nun endlich einen Vorwand gefunden, einen der wenigen Kabarettisten, der nicht klar links der Mitte steht, vom Sender nehmen zu wollen? Dieter Nuhr hat einen Fehler gemacht, ok. Er ist dennoch ein meist kluger und oft lustiger Beitrag zur Vielfalt in der Medienlandschaft.”
Das wiederum griff der Heilbronner User auf seiner Facebookseite auf und schrieb den Inkriminierten Ausspruch mit dem Hirn-Vakuum, der ihm die Klage von Frau Chebli eintrug. Diese warf dem Heilbronner eine ganze Latte von Paragrafen vor: Beleidigung nach §185 StGB, üble Nachrede (früher „Verleumdung“) nach § 186 StGB, Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechtes (Art. 1, Art. 2 GG in Verbindung mit § 823 Abs. 1 BGB) und verwirkliche rechtswidrig Schutzgesetze im Sinn von § 823 Abs. 2 BGB.
Der Heilbronner versuchte es zum einen mit der Behauptung, er habe das gar nicht geschrieben, er habe den Laptop mit der geöffneten Facebook-Webseite sowohl am Arbeitsplatz stehen lassen als auch im Familienkreis. Es könnte sogar sein, dass er gehackt worden sei. Aber auch, wenn er es geschrieben hätte, sei der Ausspruch von der Meinungsfreiheit abgedeckt. Von Mär dem gehackten Laptop oder der von einem Anderen geschriebenen Äußerung hielt das Gericht wenig, befand das aber auch für irrelevant, weil die Anspielung auf „Sozialschuld“ keine ehrverletzende Tatsachenbehauptung darstelle, sondern eher eine Wertung.
Was die Beleidigung angeht, erkannte das Gericht (laut Prof. Dr. Thomas Fischer) folgende Wertungsgesichtspunkte:
- dass die Klägerin eine in der Öffentlichkeit stehende Politikerin ist;
- dass ein Sachbezug der Äußerung des Beklagten zu den vorangegangenen öffentlichen Äußerungen bestand,
- dass die Klägerin in ihrer zitierten (von dem Politiker Redmann verlinkten) Äußerung ein ähnliches Vokabular wie der Beklagte verwendet habe,
- dass die Klägerin die polemische öffentliche Auseinandersetzung selbst begonnen habe.
Unter Berücksichtigung dieser Umstände, so das Landgericht, könne die Äußerung des Beklagten noch nicht als “reine Schmähkritik” angesehen werden, sondern bewege sich noch innerhalb der Grenzen der Meinungsfreiheit.
Wie zu erwarten, setzt sich Frau Chebli und ihre politische Entourage nicht mit den Argumenten des Gerichtes auseinander, sondern packt die Moralkeule aus. Das Urteil ist nicht falsch, weil es fehlerhaft ist. Sondern weil das wegen der Political Correctness einfach nicht sein darf: “Das Gericht sendet mit dieser Entscheidung ein fatales Signal. Meinungsfreiheit bedeutet nicht, dass man Menschen aufs Übelste beleidigen und diffamieren darf.”
Prof. Dr. Thomas Fischer stellt klar, dass weder jedwede Schmähung und Beleidigung von der Meinungsfreiheit gedeckt ist, noch reicht es aus, wenn jemand sich subjektiv beleidigt „fühlt“ oder jemand Drittes meint, dass jemand in seiner Ehre gekränkt wurde. Überdies gelten in der politisch-öffentlichen Auseinandersetzung andere Regeln, als in privaten Disputen. Solange noch ein Sachbezug zu sehen ist, müssen Personen des Öffentlichen Interesses (Politiker) auch scharfe und unsachliche Kritik hinnehmen. Insbesondere, da die „Klägerin Chebli die öffentliche, polemische Diskussion begonnen hat, indem sie den Künstler (‚Kabarettisten‘) Nuhr, bezogen auf seine Persönlichkeit, als ‚so ignorant, dumm und uninformiert‘ beschimpfte und ausführte, er ‚(könne) nur Witze auf Kosten von Minderheiten machen‘.“
Außerdem sei „die Bezeichnung einer Person als ‚ignorant und dumm‘ im Vokabular der Bezeichnung als ‚dämliches Stück‘ zumindest ähnlich. Das gilt auch für die Bezeichnung ‚Hirn-Vakuum‘. Sie geht zwar in der Schärfe über den Chebli-Angriff hinaus, erreicht aber noch keine völlig neue Qualität.“
Zum Schluss seiner Ausführungen merkt Prof. Fischer noch folgendes an:
„Die Beleidigungs-Rechtsprechung eignet sich nicht für formelhafte abstrakte Rechtssätze darüber, welche Äußerungen ‚erlaubt‘ und welche ‚verboten‘ seien. Die Abwägung zwischen dem Grundrecht der Meinungsfreiheit und ihre Grenzen bestimmenden Regeln muss stets unter Beachtung der Umstände des Einzelfalls vorgenommen werden. Allgemeine, politische Meta-Regeln, wie die, es müsse ‚dem Hass entgegengetreten‘ oder es müsse ‚das Persönlichkeitsrecht geschützt‘ werden, sind Programmsätze, die nicht geeignet sind, die Entscheidung von Streitfällen im Einzelfall zu bestimmen.“
Die Organisation „HateAid“ unterstützt Frau Sawsan Chebli und kündigte bereits an, in die nächste Instanz zu gehen.
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