“Die Parteien wirken bei der politischen Willensbildung des Volkes mit”.
Ein verhängnisvoller Satz, den die Väter des Grundgesetzes in Artikel 21 hinterlassen haben. Ein Satz, der ab seiner Niederlegung und Verabschiedung im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland, die Gier politischer Opportunisten befördert, ihren Griff in die Taschen von Steuerzahlern begründet hat.
Wann immer Parteien sich selbst bedienen, an Steuerzahlern schmarotzen, weil die Mitwirkung an der politischen Willensbildung natürlich für diejenigen, die nie darum gebeten haben, von einem Haufen Personen unbekannter Qualifikation und zweifelhafter Moral bei ihrer “politischen Willensbildung” geholfen zu bekommen, nicht umsonst ist, wurde mit diesem Passus jeder noch so freche Griff, der dem Ziel der Selbstbereicherung politischer Parteien gedient hat, legitimiert.
Wir präsentieren in diesem Post eine Zusammenstellung der vielen Quellen, aus denen Bundesparteien mittlerweile schöpfen und Steuerzahler schröpfen, damit Personal, das auf dem ersten Arbeitsmarkt nicht vermittelbar ist, in politische Positionen gehievt werden kann.
Um zu erklären, wie es soweit kommen konnte, dass politische Partein zur geldgierigen Sekte und zum Hort für viele boshafte Neider werden konnten, die sich schamlos bei Steuerzahlern bedienen, muss man ein wenig in die Geschichte gehen:
Im Jahre 1992 hat Karl-Heinz Naßmacher einen Artikel, in dem er die Parteienfinanzierung in Deutschland mit der anderer Staaten verglichen hat, mit den folgenden Worten abgeschlossen:
„Der Anteil der öffentlichen Mittel an den Gesamteinnahmen [der Parteien] ist im Zeitlauf deutlich gestiegen. Es erscheint deshalb als nicht zweckmäßig, nur von Ausgabenexpansion zu sprechen, sondern eher angemessen, in Übereinstimmung mit dem langjährigen etablierten Tenor der politischen Publizistik den Begriff Selbstbedienung in Betracht zu ziehen“.
Im Jahr 1992 hat das Bundesverfassungsgericht ein insofern einschlägiges Urteil zur Parteienfinanzierung gesprochen als die vorhergehende Rechtsprechung weitgehend für nichtig erklärt wurde.
Damit ist eine Selbstbereicherungsquelle der Parteien wieder erschlossen worden, die 1958 durch systematischen Griff in das Steuersäckel geschaffen wurde und 1966 zeitweise von Verfassungsrichtern blockiert wurde. Manche, so wird gemunkelt, hatten ein schlechtes Gewissen ob des Ausmaßes an politischer Korruption, das unter der Bezeichnung “Parteienfinanzierung” betrieben wurde.
Denn 1958 hatte das Bundesverfassungsgericht unter dem Einfluss von Gerhard Leibholz die Parteienfinanzierung für grundsätzlich zulässig erklärt.
In der Folge haben sich die Parteien so sehr bedient, dass es selbst den Bundesverfassungsrichtern zu viel geworden ist.
Also haben sie 1966 entschieden, dass sich die Parteienfinanzierung nicht auf allgemeine Parteiaktivitäten erstrecken und nur Wahlkampfkosten zum Gegenstand haben darf.
Die Trennung zwischen Kosten der allgemeinen Parteiaktivitäten und Wahlkampfkosten wurde 1992 wieder beseitigt, jenem Jahr, aus dem die Feststellung von Karl-Heinz Naßmacher, die wir Eingangs zitiert haben, stammt.
Seit Naßmacher diese Feststellung getroffen hat, ist die Parteienfinanzierung ausgeweitet worden.
Bevor Naßmacher diese Feststellung getroffen hat, wir schreiben das Jahr 1967, haben die Parteien aus dem Verbot des Bundesverfassungsgerichts, ihre allgemeinen Parteiaktivitäten von Steuerzahlern finanzieren zu lassen, den Schluss gezogen, dass Steuerzahler nunmehr verpflichtet werden müssten, politische Stiftungen, also die eingetragenen Vereine der Parteien zu finanzieren, die sich aus Täuschungszwecken Stiftung nennen, obwohl nur die Friedrich-Naumann-Stiftung eine solche ist, wie die Friedrich-Ebert und die Konrad-Adenauer-Stiftung, die zum Teil, wie die Hanns-Seidel-Stiftung und danach die Heinrich-Böll und die Rosa-Luxemburg-Stiftung eigens gegründet wurden, um an das Geld der Steuerzahler zu gelangen.
Und so kam es dann.
Seit 1967 ist die Finanzierung der eingetragenen Vereine der Parteien, die sich Stiftung nennen, im Parteiengesetz vorgeschrieben, um deren „staatsbürgerliche Erziehungsarbeit und … politische Bildungsarbeit“ zu finanzieren.
Warum Parteistiftungen keine Stiftungen sind!
Wie vieles, so ist auch die “Stiftung” bzw. das, was als Stiftung gilt, im Bürgerlichen Gesetzbuch und dort in den §§80 bis 88 akribisch geregelt: Eine rechtsfähige Stiftung bedarf der Anerkennung durch die zuständige Behörde eines Bundeslandes, sie ist durch die entsprechende Behörde anzuerkennen, wenn “das Stiftungsgeschäft den Anforderungen des §81 Abs. 1 genügt, die dauernde und nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks gesichert erscheint und der Stiftungszweck das Gemeinwohl nicht gefährdet” (§80 Abs. 2). In §81 Abs. 1 wiederum ist aufgelistet, was alles notwendig ist, um eine Stiftung ins Leben zu rufen, nämlich Regelungen über “1. den Namen der Stiftung, 2. den Sitz der Stiftung, 3. den Zweck der Stiftung, 4. das Vermögen der Stiftung, 5. die Bildung des Vorstands der Stiftung. Des weiteren regelt §82 Folgendes:
“Wird die Stiftung als rechtsfähig anerkannt, so ist der Stifter verpflichtet, das in dem Stiftungsgeschäft zugesicherte Vermögen auf die Stiftung zu übertragen.”
Nimmt man die Benennung von Stiftungen als Anhaltspunkt, dann würde man nunmehr vermuten, dass die Friedrich-Ebert-Stiftung um das Vermögen von Friedrich Ebert herum gegründet wurde, die Konrad-Adenauer-Stiftung um das Vermögen von Konrad Adenauer, dass Heinrich Böll seine Tantiemen in die namensgleiche Heinrich Böll Stiftung investiert hat, während die Erbstreitigkeiten um die Reste des Vermögens von Rosa Luxemburg die gleichnamige Stiftung zum Ergebnis hatten. Weit gefehlt: “Obwohl alle sechs Organisationen den Begriff ‘Stiftung’ in ihrem Namen tragen, trifft dies aus juristischer Sicht nur auf die Friedrich-Naumann-Stiftung zu. Sie ist eine Stiftung des privaten Rechts. Die anderen politischen Stiftungen sind ihrer rechtlichen Organisationsform zufolge ‘eingetragene Vereine’.
Wenn den eingetragenen Vereinen, die als Stiftung auftreten, kein Stiftervermögen eigen ist, dann stellt sich die Frage, wo das Geld, das die entsprechenden Stiftungen mit vollen Händen ausgeben, herkommt. Eine Antwort auf beide Fragen gibt der Bundesrechnungshof auf den Seiten 161 und 162 seiner Bemerkungen 2011 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Bundes: “Die im Deutschen Bundestag vertretenen Parteien unterhalten auf Bundesebene ihnen nahestehende sogenannte [sic!] ‘Politische Stiftungen’. Diese Stiftungen erhalten aus dem Bundeshaushalt u.a. institutionelle Zuwendungen als sogenannte ‘Globalzuschüsse’ … Zusätzlich erhalten sie sogenannte Bauglobalmittel sowie weitere Bundeszuwendungen vom Auswärtigen Amt, vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung für ihre Projekte”.
Die “finanziellen Zuwendungen”, die aus Steuereinnahmen finanziert, an die politischen Stiftungs-Vereine e.V. überwiesen werden, sind beträchtlich und sie sind in einer immensen Weise, die der Gier politischer Darsteller angemessen ist, in die Höhe geschossen:
Aus den 9 Millionen DM, die im Jahre 1967 an die Konrad-Adanauer, Friedrich-Ebert, Friedrich-Naumann und Hanns-Seidel-Stiftung geflossen sind, waren 1971 schon 16 Millionen DM geworden, 1976 waren es bereits 42,23 Millionen DM, wie von Vieregge (1992) errechnet hat. Diese Millionen DM-Beträge sind, um einmal einen SPD-Politiker zu zitieren, der im Umgang mit Millionen geübt ist, Peanuts, werden sie mit den Zahlungen verglichen, die heute aus dem Bundeshaushalt an die politischen Vereine der Parteien überwiesen werden, um dort die politischen Kostgänger der jeweiligen Partei zu finanzieren. Im Jahr 2000 teilen sich die Parteien schon dreistellige Millionenbeträge zu – in Euro natürlich: Und aus 295 Mio. Euro im Jahr 2000 sind 2010 bereits 421 Mio. Euro geworden. Ein Zuwachs von 42,5% in einem Zeitraum, in dem die deutsche Wirtschaft nach Angaben der OECD um schlappe 9,7% gewachsen ist. Die Zuwendungen an politische Stiftungen sind demnach viermal so schnell gewachsen wie die deutsche Wirtschaft, was insofern nicht verwunderlich ist, als die Höhe der Zuwendungen vom Haushaltsausschuss im Deutschen Bundestag bestimmt wird. Anders formuliert: hier bestimmen die Ziegen und nicht der Gärtner über die tägliche Möhrenration.
Es wird sie nicht verwundern zu erfahren, dass die Selbstbereicherung der Parteien damit nicht am Ende angelangt ist. Die folgende Tabelle listet die Zahlungen auf, die in den Jahren 2018 bis 2021 an die politischen Vereine der Parteien geflossen sind. Sie stammt aus einer Bundestagsdrucksache, ist somit über jeden Zweifel erhaben. Aus 421 Millionen Euro im Jahr 2010 sind nun 703 Millionen Euro geworden, ein Wachstum um 67%. In nur vier Jahren haben sich die Parteistiftungen von sechs Parteien 2,7 Milliarden Euro aus Steuergeldern angeeignet und sie in aller Welt und mit keinerlei erkennbarem gesellschaftlichen Nutzen verpulvert außer dem, als Auffangbecken für Parteisoldaten zu dienen, die nicht über ein politisches Amt finanziert werden können. Ansonsten kontrolliert niemand, wofür die politischen Vereine der Parteien ihre Steuerzahler-Zuwendungen aus dem Fenster werfen.
Eine neue Drucksache aus dem Bundestag gibt nun die Möglichkeit, die in der Tabelle oben angegebenen Mittel um die Projektförderungsmittel zu ergänzen, die in der Tabelle der Bundesmittel vermutlich oder wahrscheinlich oder doch nicht erfasst sind. Wie haben die Drucksache 20/7884, in der Angaben zur finanziellen Förderung von “Nichtregierungsorganisationen” gemacht werden, nach den politischen Vereinen der Parteien durchsucht, hier ist das Ergebnis:
Mehr als eine halbe Milliarde Euro haben die fünf genannten Parteien über Töpfe, die im Auswärtigen Amt, im Bundesministerium des Innern und beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit stehen, im Jahr 2022 an ihre politischen Vereine überwiesen, damit diese politischen Vereine mit dem Geld Gutes tun. Also abgehalfterten Polit-Darstellern ein Gnadenbrot geben, Nachwuchs-Ideologen auf Kosten von Steuerzahlern heranziehen und ansonsten in aller Welt irgendetwas verbreiten und etwas tun, für das es keinerlei Beleg eines Nutzens für deutsche Steuerzahler gibt.
Letztlich stellt das ganze ein politisches Korruptionsnetzwerk dar, das von unersättlicher Gier getrieben ist.
In welchem Verhältnis die 543.900.000 Euro, die in Bundestagsdrucksache 20/7884 als Mittel, die von Ministerien an “Nichtregierungsorganisationen” überwiesen wurden, zu den 2,7 Milliarden Euro aus der Tabelle darüber stehen, die in Bundestagsdrucksache 20/1355 als Bundesmittel bezeichnet werden, die an die politischen Vereine der Parteien geflossen sind, ist eine offene Frage. Transparenz ist in Netzwerken politischer Korruption nicht so gerne gesehen.
Rund 3,2 Milliarden Euro in fünf Jahren kanalisieren politische Parteien für Tätigkeiten, deren Nutzen für die Steuerzahler, die dafür aufkommen müssen, unbekannt ist, an ihre politischen Vereine. Aber natürlich ist das noch nicht alles. Es ist nur ein Bruchteil dessen, was politische Parteien sich Jahr um Jahr aneignen, was sie Jahr und Jahr Steuerzahlern entwenden.
So beläuft sich allein die Parteienfinanzierung derzeit auf weitere 205 Millionen Euro jährlich und natürlich muss auch eine Bundestagsfraktion finanziert werden, denn sie kann nicht ohne Steuergeld überleben. In einem typischen Jahr (hier 2021) rechnen die Fraktionen folgende Peanuts-Beträge ab, d.h. stellen sie Steuerzahlern in Rechnung:
- SPD: 24,37 Millionen Euro;
- CDU/CSU: 33,13 Millionen Euro;
- Bündins90/Grüne: 15,97 Millionen Euro;
- FDP: 16,72 Millionen Euro;
- AfD; 17,5 Millionen Euro;
- LINKE: 14,5 Millionen Euro
In einem typischen Jahr kosten deutsche Parteien Steuerzahler:
- 703,1 Millionen Euro bis 1,2 Milliarden Euro für die politischen Vereine der Parteien;
- 205 Millionen Euro über Parteienfinanzierung;
- 122,19 Millionen Euro als “Aufwandsentschädigung für die Bundestagsfraktionen”;
Das ergibt jährlich 1.030.290.000 bis 1.503.029.000 Euro, nur für die Bundesparteien. Die Landesparlamente sind in dieser Rechnung nicht berücksichtigt. Und natürlich bedienen sich Parteien in Ladensparlamenten in gleicher Weise.
Aber dazu kommen wir ein anderes Mal.
Naßmacher, Karl-Heinz (1992). Parteifinanzen im westeuropäischen Vergleich. Zeitschrift für Parlamentsfragen 23(3): 462–488.
von Vieregge, Henning (1977). ‘Globalzuschüsse’ für parteinahe Stiftungen, Parteienfinanzierung auf Umwegen? Zeitschrift für Parlamentsfragen 8(1): 51–58.
Zuerst erschien der Artikel hier: sciencefiles.org
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