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Das viel­leicht wich­tigste Interview des Jahres: Tucker Carlson und Mike Benz »Wir müssen die Demo­kratie abschaffen, um sie zu retten«

Tucker Carlson, der füh­rende unab­hängige Jour­nalist der Welt, hat den ehe­ma­ligen Cyber­si­cher­heits­experten der Trump-Regierung Mike Benz inter­viewt. Benz beschrieb darin, wie der US-Sicher­heits­ap­parat ein welt­weites Zen­sur­netzwerk instal­liert hat, um die Demo­kratie aus­zu­hebeln und die Macht von NATO und US-Regierung zu sichern — und wie diese Ent­wicklung in Deutschland begann, um die AfD zu verhindern.

Das ganze Interview hier auf X (Eng­lisch)

 

Mike Benz: Am Besten beginnen wir mit der Geschichte der Inter­net­freiheit und ihrem Wandel zur Internetzensur.

Als das Internet im Jahr 1991 von der Pen­tagon-For­schungs­ab­teilung DARPA aus­ge­lagert und pri­va­ti­siert wurde, blieb es ein Instrument der US-Regierung. Die Mei­nungs­freiheit im Internet war damals eben­falls ein Instrument der US-Regierung.

Die For­scher des Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­riums, des Außen­mi­nis­te­riums und der Geheim­dienste beob­ach­teten, dass die Men­schen das Internet nutzten, um sich auf Blogs und in Foren zu versammeln.

Das Pen­tagon und das Außen­mi­nis­terium erkannten, das man das Internet zusammen mit der NGO-Blase aus CIA-Mario­netten nutzen könnte, um Dis­si­denten und Gruppen auf der ganzen Welt zu unter­stützen, und ihnen bei der Über­windung auto­ri­tärer Regie­rungen zu helfen.

Die Mei­nungs­freiheit im Internet ermög­lichte es, über Nacht Regime­wechsel-Ope­ra­tionen durch­zu­führen, um die Inter­essen des US-Außen­mi­nis­te­riums auf der Welt durch­zu­setzen, wie es die CIA früher mit Bra­chi­al­gewalt gemacht hat.

Google ist ein gutes Bei­spiel. Google begann als ein DARPA-For­schungs­sti­pendium an Larry Page und Sergey Brin, als sie noch Dok­to­randen an der Stanford Uni­versity waren.

Sie erhielten ihre Finan­zierung im Rahmen eines gemein­samen CIA-NSA-Pro­gramms, um zu unter­suchen, wie bestimmte Inter­es­sens­gruppen sich online durch Such­ma­schi­nen­ag­gre­gation zusam­men­finden, nach dem Motto »Gleich und Gleich gesellt sich gern«.

Ein Jahr später star­teten sie Google und wurden Auf­trag­nehmer für das Militär.

Kurz darauf star­teten sie Google Maps im Grunde durch den Kauf einer CIA-Satellitensoftware.

So ent­deckte man, dass man die Mei­nungs­freiheit im Internet benutzen konnte, um in auto­ri­tären Staaten die Medi­en­kon­trolle zu umgehen, und das zu tun, was früher aus CIA-Außen­posten, Bot­schaften und Kon­su­laten heraus getan wurde, aber turbomäßig.

Deshalb wurden alle Tech­no­logien zur Mei­nungs­freiheit im Internet von den US-Geheim­diensten und Sicher­heits­ap­parat entwickelt:

- VPNs (Vir­tuelle Private Netz­werke) um Ihre IP-Adresse zu verbergen;

- das Tor-Netzwerk für das Dark Web, um Waren anonym zu kaufen und zu verkaufen;

- Ende-zu-Ende-Ver­schlüs­selung für Chats.

All diese Dinge wurden ursprünglich als DARPA-Pro­jekte oder als gemeinsame CIA-NSA-Pro­jekte geschaffen, um nach­rich­ten­dienstlich unter­stützten Gruppen zu helfen, Regie­rungen zu stürzen, die der Clinton‑, Bush- oder der Obama-Regierung ein Dorn im Auge waren.

Und dieser Plan funk­tio­nierte von etwa 1991 bis etwa 2014 wie geschmiert. Doch dann begann eine Kehrt­wende in Bezug auf die Freiheit im Internet und deren Nutzen für die US-Regierung.

Der Höhe­punkt dieser Zeit der Internet-Mei­nungs­freiheit war der Ara­bische Frühling der Jahre 2011 und 2012, als nach­ein­ander alle geg­ne­ri­schen Regie­rungen der Obama-Regierung — Ägypten, Tunesien — durch Facebook- und Twitter-Revo­lu­tionen gestürzt wurden.

Das US-Außen­mi­nis­terium arbeitete sehr eng mit den sozialen Medi­en­un­ter­nehmen zusammen, um dafür zu sorgen, dass die sozialen Medien in diesen Online-Revo­lu­tionen erreichbar blieben.

Während der »Grünen Revo­lution« im Iran 2009 gab es einen berühmten Anruf von Google-Manager Jared Cohen bei Twitter, der sie bat, eine geplante Wartung nicht durch­zu­führen, damit die Oppo­sition im Iran Twitter nutzen konnte, um Videos und Infor­mation zu verbreiten.

Die Mei­nungs­freiheit war also von Anfang an ein poli­ti­sches Instrument des US-Sicherheitsapparats.

Diese gesamte Archi­tektur aus »Nicht«-Regierungsorganisationen (NGOs), den Tech­no­lo­gie­un­ter­nehmen und dem Sicher­heits­ap­parat, wurde eigentlich im Namen der Freiheit etabliert.

Doch nach dem Putsch in der Ukraine im Jahr 2014, gab es einen uner­war­teten Gegen­putsch, als die Krim und der Donbass sich abspalteten.

Plötzlich gab es eine mili­tä­rische Her­aus­for­derung, für die die NATO damals nicht vor­be­reitet war. Sie sahen ihre letzte Chance, die Krim-Annexion abzu­wehren, im Unabhängigkeits­referendum im Jahr 2014.

Als die Men­schen auf der Krim aller­dings dafür stimmten, der Rus­si­schen Föde­ration bei­zu­treten, war das das Aus für die Mei­nungs­freiheit im Internet.

Aus Sicht der NATO änderte sich damit die Natur des Krieges grundlegend.

Sie nannten es die »Ger­as­simow-Doktrin«, nach einem rus­si­schen General, der angeblich eine Rede gehalten habe, nach der sich die Natur des Krieges geändert habe: Hin zur soge­nannten Hybriden Kriegs­führung.

Nach dieser Theorie musste man keine Schlachten gewinnen, um die Herr­schaft über Ost­europa zu über­nehmen. Alles, was man tun musste, ist die Medien und das Internet zu kon­trol­lieren, denn damit kon­trol­liert man die Wahlen.

Und wenn man durch eine orga­ni­sierte poli­tische Ein­fluss­ope­ration über Social Media und tra­di­tio­nelle Medien die richtige Regierung an die Macht bringt, kon­trol­liert man auch das Militär in dem Land.

Das war unendlich bil­liger, als einen mili­tä­ri­schen Krieg zu führen.

Es wurde also eine ganze Industrie geschaffen, die sich über das Pen­tagon, das bri­tische Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium und Brüssel erstreckte und zu einem Instrument der poli­ti­schen Kriegs­führung wurde.

Diese Industrie der Hybriden Kriegs­führung basierte im Wesent­lichen auf einer Infra­struktur, die ursprünglich in Deutschland und in Mittel- und Ost­europa ange­siedelt war, um psy­cho­lo­gische Kriegs­führung durchzuführen.

Im Grunde sollte es darum gehen, dass das US-Militär mit den Inter­net­firmen zusam­men­ar­beitet, um soge­nannte „rus­sische Pro­pa­ganda“ zu zensieren.

In Europa kamen da bald auf­stre­bende rechts­po­pu­lis­tische Gruppen wie die Alter­native für Deutschland (AfD) dazu, die auf­grund der Flücht­lings­krise zu dieser Zeit Zulauf erhielten.

So begannen das US-Außen­mi­nis­terium, die US-Geheim­dienste und das Pen­tagon daran zu arbeiten, Gruppen wie die AfD zu zensieren. 

Der Schlüs­sel­moment war der Brexit im Jahr 2016. Plötzlich ging es nicht mehr nur um Ost­europa. Jetzt war die Sorge da, dass die Russen im Westen die »Herzen und Hirne« der Men­schen beein­flussen konnten.

Die Brexit-Abstimmung war im Juni 2016. Auf dem NATO-Gipfel in War­schau einen Monat später ergänzte die NATO ihre Charta, um sich aus­drücklich zur »hybriden Kriegs­führung« als diese neue NATO-Doktrin zu bekennen. (Was wir ja den Russen vorwarfen.)

Nach 70 Jahren klas­si­scher Kriegs­führung mit Panzern und Kanonen wurde die Kapa­zität der NATO offi­ziell erweitert, um Internet-Pos­tings zu zen­sieren, die als »rus­sische Pro­pa­ganda« gesehen wurden: »Panzer und Postings«.

Doch es ging nicht nur um rus­sische Pro­pa­ganda. Es ging jetzt auch gegen Brexit-Befür­worter in Groß­bri­tannien, gegen Matteo Salvini in Italien, die AfD in Deutschland oder die Vox-Partei in Spanien.

Die NATO ver­öf­fent­lichte etliche NATO-Stra­te­gie­pa­piere (White Papers), wonach die größte Bedrohung für die NATO nicht mehr eine mili­tä­rische Invasion aus Russland war.

Die größte Gefahr waren die Wahlen. 

Denn in ganz Europa ent­standen rechts­po­pu­lis­tische Gruppen, die größ­ten­teils Gras­wur­zel­be­we­gungen der arbei­tenden Bevöl­kerung waren – und daher warben sie für billige rus­sische Energie.  Doch die USA wollten ihre eigene Ener­gie­po­litik in Europa forcieren.

Nach dem Brexit argu­men­tierten sie also, dass die gesamte »regel­ba­sierte inter­na­tionale Ordnung« zusam­men­brechen würde, es sei denn, das US-Militär über­nimmt die Kon­trolle über die Medien in Europa.

Denn der Brexit würde in Frank­reich mit Marine Le Pen zum Frexit führen, in Spanien mit der Vox-Partei zum Spexit, zum Italexit in Italien, zum Dexit in Deutschland und zum Grexit in Griechenland.

Die EU würde aus­ein­an­der­fallen, und so würde auch die NATO ohne einen ein­zigen Schuss sterben. 

Und wenn die NATO weg wäre, gäbe es kein Durch­set­zungs­organ für den Inter­na­tio­nalen Wäh­rungs­fonds (IWF) oder die Weltbank mehr. Dann wären die Finanzwelt, die auf die Keule der US-Mili­tär­macht ange­wiesen sind, im Grunde genommen hilflos, ihre Inter­essen gegen Regie­rungen auf der Welt durchzusetzen.

Deshalb musste das US-Militär beginnen, das Internet zu zensieren. 

Sonst würde die gesamte west­liche Sicher­heits­ar­chi­tektur, die nach dem Zweiten Welt­krieg zur Ent­stehung der modernen Welt geführt haben, zusam­men­brechen. Und dann hat auch noch Donald Trump 2016 die US-Prä­si­dent­schaftswahl gewonnen.

 

Tucker Carlson: Das heißt, die Demo­kratie selbst wurde zur schlimmsten Bedrohung aus­er­koren – dass die Bürger Europas Par­teien wählen würden, die die US-Nach­kriegs­ordnung gefährden könnten?

 

Mike Benz: Genau. Das ist eine Geschichte, die auf den Kalten Krieg zurückgeht.

Der Kalte Krieg in Europa war im Wesent­lichen ein Pro­pa­gan­da­krieg um die »Herzen und Hirne« der Men­schen, vor allem in Ost­europa, in den sowje­ti­schen Pufferzonen.

Ab 1948 wurde dafür der US-Sicher­heits­ap­parat eta­bliert. 1947 wurde die Central Intel­li­gence Agency (CIA) gegründet.

Und mit ihr die Neue Welt­ordnung der Nach­kriegszeit, mit all diesen inter­na­tio­nalen Insti­tu­tionen, und die All­ge­meine Erklärung der Men­schen­rechte der UNO 1948, die die mili­tä­rische Eroberung verbot.

Plötzlich konnten die USA also keine Länder mehr mili­tä­risch erobern, wie  z.B. 1898 die Phil­ip­pinen. Jetzt musste alles poli­tisch und demo­kra­tisch durch die Wähler legi­ti­miert sein. Oft waren die Poli­tiker einfach Mario­netten des US-Außen­mi­nis­te­riums.

In diesem Kampf um die »Herzen und Hirne« sind wir seit 1948 ziemlich weit gegangen.

1948 haben wir zum Bei­spiel zusammen mit der Mafia die Wahlen in Italien getürkt und Wahl­urnen gestopft, um zu ver­hindern, dass die Kom­mu­nisten an die Macht kommen.

Zwölf Tage danach ver­öf­fent­lichte der CIA-Pate George Kennan ein Memo mit dem Titel »Ein­führung der orga­ni­sierten poli­ti­schen Kriegs­führung«, in dem er im Grunde sagte: »Die Welt da draußen ist böse und gefährlich. Wir beim CIA haben gerade die ita­lie­nische Wahl mani­pu­liert. Aber wir mussten es tun, denn wenn die Kom­mu­nisten gewonnen hätten, gäbe es viel­leicht nie wieder eine Wahl in Italien. Aber: Es hat super geklappt! Wir brauchen also jetzt eine welt­weite Abteilung für schmutzige Tricks, um sowas überall tun zu können.«

Es war ein im Prinzip ein neuer Gesell­schafts­vertrag mit dem ame­ri­ka­ni­schen Volk. Es war eine neue Art von Diplo­matie, denn wir durften ja nicht mehr einfach einmarschieren.

Im Jahr 1948 benannten sie außerdem das »Kriegs­mi­nis­terium« in »Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium« um, um der Mili­tär­macht einen zivilen Anstrich zu geben.

Im Prinzip haben wir dabei eine Brand­mauer gegen inlän­dische Spio­na­ge­tä­tigkeit geschaffen. Wir haben gesagt, wenn wir diese Abteilung für schmutzige Tricks schaffen, um im Ausland Wahlen zu mani­pu­lieren, Medien zu kon­trol­lieren, und sich in die inneren Ange­le­gen­heiten jedes anderen Landes der Welt ein­zu­mi­schen, darf das auf unserem hei­ligen Boden des ame­ri­ka­nische Hei­mat­lands nicht betrieben werden.

Dem Außen­mi­nis­terium, dem Pen­tagon und der CIA ist es aus­drücklich ver­boten, auf ame­ri­ka­ni­schem Boden geheim­dienstlich tätig zu sein. Natürlich ist das so weit von der Rea­lität ent­fernt, dass es nicht einmal lustig ist. Denn in den ver­gan­genen 70 Jahren haben Sie eine ganze Palette von Tricks ent­wi­ckelt, um das zu umgehen.

Die Ein­führung der Zen­sur­in­dustrie begann in Deutschland

Als sie in Deutschland, dem Bal­tikum, Schweden und Finnland also mit der Ein­führung der Zen­sur­in­dustrie begannen, war das zuerst unpro­ble­ma­tisch, weil das ja im Ausland war.

Nach dem Brexit begann eine Debatte darüber, wie weit man gehen dürfe und das explo­dierte dann, als Trump gewählt wurde.

Durch die Vor­würfe einer Russland-Ver­schwörung Trumps (»Rus­siagate«) wurden all diese Bedenken weg­ge­spült, damit sie sich nicht mehr mit den mora­li­schen Zweifel an einer Zensur der eigenen Bevöl­kerung aus­ein­an­der­setzen mussten. Denn wenn Trump ein Agent Putins war, war es nicht mehr ein gewöhn­liches Problem der Grund­rechte und Mei­nungs­freiheit. Es war ein Problem der natio­nalen Sicherheit.

»Rus­siagate« wurde im Juli 2019 beerdigt, als sich der Son­der­er­mittler Robert Mueller drei Stunden lang auf dem Zeu­gen­stand bla­mierte und zugeben musste, dass er nach zwei­einhalb Jahren Ermitt­lungen Null­kom­ma­nichts gefunden hatte.

Danach fand die Umett­i­ket­tierung von »aus­län­disch« zu »inlän­disch« statt, als man sagte, dass Des­in­for­mation nicht nur dann eine Bedrohung dar­stellt, wenn sie von den Russen kommt, sondern dass Des­in­for­mation an sich eine Bedrohung für die Demo­kratie darstellt. 

So wurde die gesamte Zen­sur­ar­chi­tektur, die sich über Hei­mat­schutz, FBI, CIA, Pen­tagon und Jus­tiz­mi­nis­terium erstreckt, sowie Tau­sende von staatlich finan­zierten NGOs und pri­vaten Auf­trags­nehmern, von der aus­län­di­schen Gefah­ren­abwehr gegen Russland, zu einer inlän­di­schen Gefah­ren­abwehr umgepolt.

So gelang es ihnen, den gesamten Regime-Change-Werk­zeug­kasten zur »Demo­kra­tie­för­derung« für die Wahl 2020 zu instrumentalisieren.

 

Tucker Carlson: Es ist unglaublich, dass das jetzt pas­siert. Mein Vater hat für die US-Regierung im Infor­ma­ti­ons­krieg gegen die Sowjet­union gear­beitet, das war sein Leben. Aber die Vor­stellung, dass die US-Regierung diese Instru­mente gegen ame­ri­ka­nische Bürger ein­setzen würde, wäre, sagen wir, 1988 absolut undenkbar gewesen. Gab es nie­manden, der dagegen pro­tes­tiert hat, als wir anfingen, unsere eigenen Wahlen zu mani­pu­lieren, wie wir es zum Bei­spiel in Lettland tun würden?

 

Mike Benz: So ist es.

Sobald die »Demo­kratie« auf dem Spiel stand, wurde diese ganze Berufs­kaste von pro­fes­sio­nellen Regime­wech­sel­künstlern im Inland aktiv. 

Das sind die gleichen Leute, die gesagt haben, dass wir die »Demo­kratie« nach Jugo­slawien bringen müssen. Das ist die Vor­aus­setzung dafür, Milo­sevic oder jede andere Regierung der Welt zu stürzen: Um die »Demo­kratie« zu retten.

Aber wenn die »Demo­kratie« jetzt in den USA bedroht ist, haben all diese Leute plötzlich neue Jobs im Inland. Ich könnte Ihnen unzählige Bei­spiele nennen.

Im Grunde wurde der US-Sicher­heits­ap­parat vom Internet über­rascht. Sie waren nicht darauf gefasst, welche Ausmaße das annehmen würde, obwohl sie es selber ent­wi­ckelt hatten.

Die Wahl 2016 war das erste Mal, dass soziale Medien so groß wurden, dass sie die tra­di­tio­nellen Medien überschatteten.

Von 2006 bis 2016 gab es im »Internet 1.0« nicht einmal soziale Medien.

Von 1991 bis 2004 gab es über­haupt keine sozialen Medien.

2004 kam Facebook heraus. 2005 Twitter, 2006 YouTube, 2007 das Smartphone.

In dieser Anfangszeit der sozialen Medien hatte niemand Abon­nen­ten­zahlen, die mit den tra­di­tio­nellen Nach­rich­ten­medien konkurrierten.

Selbst wenn es unab­hängige Stimmen in den USA gab, selbst wenn sie manchmal durch­drangen, erreichten sie niemals 30 Mil­lionen Fol­lower. Sie erreichten niemals eine Mil­liarde Klicks im Jahr.

Doch als plötzlich ein unzen­siertes, voll aus­ge­wach­senes Mei­nungs-Öko­system es Bür­ger­jour­na­listen und unab­hän­gigen Stimmen ermög­lichte, die tra­di­tio­nellen Medien zu über­schatten, löste das eine massive Krise im US-Militär, im Außen­mi­nis­terium und den Geheim­diensten aus.

Ein gutes Bei­spiel ist das Treffen des German Mar­shall Fund 2019, das nach dem Mar­shall-Plan benannt ist. Der Mar­shall-Plan diente ja nach dem Krieg schon dazu, durch eine Art Bestechung Deutsch­lands und Europas die »Soft-Power« der USA in Europa mit Mar­shall-Fund-Dollars durch­zu­setzen und die Europäer unter unserer Kon­trolle zu haben.

Der German Mar­shall Fund hielt 2019 eines von vielen Treffen ab, auf dem ein Vier-Sterne-General die Frage stellte:

Was pas­siert mit dem US-Militär und dem US-Sicher­heits­ap­parat, wenn die New York Times nur noch eine mäßig große Facebook-Seite ist?

Er stellte dieses Gedan­ken­ex­pe­riment als Bei­spiel dafür dar, dass wir bisher immer diese Gate­keeper (Tor­hüter) der Demo­kratie hatten, diese Leit­planken in Form einer jahr­hun­der­te­alten Beziehung zwi­schen der Regierung und den eta­blierten Medien.

Die Main­stream-Medien waren ja noch nie unab­hängig vom Sicher­heits­ap­parat, vom Außen­mi­nis­terium, vom Kriegs­mi­nis­terium. Alle drei großen US-Fern­seh­sender, NBC, ABC und CBS, wurden alle von Vete­ranen des Office of War Infor­mation aus dem Pen­tagon nach dem Zweiten Welt­krieg gegründet.

In den 1950ern bis in die 1970er Jahre pflegte die CIA diese Bezie­hungen unter den Deck­namen »Ope­ration Mockingbird«.  In den 1980er Jahren unter Ronald Reagan wurden diese Geheim­dienst­ka­pa­zi­täten in Form der National Endowment for Demo­cracy pri­va­ti­siert und outgesourced.

Es gibt jede Menge CIA-Memos über diese Medi­en­be­zie­hungen in den 1990er Jahren, die man sogar auf CIA.gov nach­lesen kann. So gab es immer diese Geheim­kanäle zwi­schen der Washington Post, der New York Times und den großen TV-Sendern.

Ihr (Tucker Carlsons) frü­herer Arbeit­geber Rupert Murdoch und Fox News gehören auch dazu. Rupert Murdoch war 1983 tat­sächlich Teil der National Endowment for Demo­cracy Coalition, als die NED als öffent­licher Arm der CIA gegründet wurde, da die Demo­kraten so sauer auf die CIA waren, weil sie in den 1970er Jahren die Stu­den­ten­be­wegung unter­wandert hatten.

Es gab einfach keine CIA-Handhabe für daher­ge­laufene Bür­ger­jour­na­listen, keinen Pen­tagon-Rück­kanal. Sie konnten keine Artikel mit einem Anruf zen­sieren lassen. Es gab keinen Filz und keinen kurzen Dienstweg.

Sie konnten einem zufäl­ligen Facebook-Nutzer mit 700.000 Fol­lowern, der eine Meinung zu Syrien hat, kein Lock­an­gebot machen, um ihn bei der Stange zu halten.

In der Anfangszeit der sozialen Medien von 2006 bis 2014 war das kein Problem, weil es keine Wider­stands­gruppen gab, die groß genug waren, um mit den Main­stream-Medien zu konkurrieren.

Und ursprünglich diente das Internet und die sozialen Medien den­je­nigen, die das Geld hatten, also dem Außen­mi­nis­terium, dem Pen­tagon und den Geheimdiensten.

Aber dann hatten Sie plötzlich diese Situation nach der Prä­si­dent­schaftswahl 2016, wo man sagte, die gesamte inter­na­tionale Ordnung ist in Gefahr.

»70 Jahre US‑Außenpolitik von Truman bis Trump sind in Gefahr, zer­stört zu werden. Wir brauchen die gleichen Kon­troll­systeme. Wir müssen in der Lage sein, Leit­planken für unge­wollte Ent­hül­lungen oder unge­wollte poli­tische Bewe­gungen zu setzen. Wenn wir das bisher durch Bezie­hungen und Kon­takte zu den Alt-Medien gemacht haben, müssen wir das jetzt durch die sozialen Medien machen.«

Zuerst lie­ferte »Rus­siagate« den Vorwand, aber nachdem das gestorben war und dafür die »Demo­kra­tie­si­cherung« ins Spiel kam, ent­stand diese Mil­li­arden-Dollar-schwere Zen­sur­in­dustrie, die den mili­tä­risch-indus­tri­ellen Komplex, die Regierung, den Pri­vat­sektor, die zivil­ge­sell­schaft­lichen Orga­ni­sa­tionen und dieses riesige Netzwerk von Medi­en­ver­bün­deten und pro­fes­sio­nellen »Fak­ten­che­ckern« zusam­men­führte, die als Wächter dienen, und jedes Wort im Internet überwachen.

Ein Bei­spiel dafür, wie diese Syn­chro­ni­sation statt­findet, ist das Global Enga­gement Center (GEC) des US-Außen­mi­nis­te­riums, das von Rick Stengel ins Leben gerufen wurde. Stengel, der sich selbst »Obamas Chef-Pro­pa­gandist« nannte, war Staats­se­kretär für Öffent­lich­keits­arbeit im US-Außenministerium.

In dieser Funktion diente er als Bin­de­glied zwi­schen dem Außen­mi­nis­terium und den Main­stream-Medien. Das GEC war die zen­trale Dreh­scheibe, an der Regie­rungs­bot­schaften über Krieg, Diplo­matie und Außen­po­litik mit den Main­stream-Medien syn­chro­ni­siert werden.

 

Tucker Carlson: Vielen Dank für diese fast unglaub­liche Erklärung, warum das alles pas­siert.  Ich kenne Rick Stengel übrigens. Er war mal Jour­nalist. Rick Stengel hat öffentlich gegen die Mei­nungs­freiheit und für die Abschaffung des Ersten Zusatz­ar­tikels der US-Ver­fassung argumentiert.

 

Mike Benz: Ja, er hat ein ganzes Buch darüber geschrieben. Und er ver­öf­fent­lichte 2019 einen Kom­mentar dazu. Er argu­men­tierte, dass die Ver­fassung im Grunde nicht auf das Internet vor­be­reitet war und wir also die Mei­nungs­freiheit abschaffen müssen. 

Er bezeichnete sich selbst als Ver­fechter der Mei­nungs­freiheit, als er Chef­re­dakteur des Time-Magazins war. Als er unter Obama Staats­se­kretär im Außen­mi­nis­terium war, gründete er etwas namens Global Enga­gement Center, das die erste staat­liche Zen­sur­ope­ration der Bun­des­re­gierung war. Aber sie richtete sich gegen das Ausland, also war es in Ordnung.

Damals wurde die Bedrohung durch den IS im Inland als Begründung ver­wendet.  Da es zu dieser Zeit diese IS-Angriffe gab, war es sehr schwer, gegen die Idee zu argu­men­tieren, dass das Außen­mi­nis­terium eine for­melle Koor­di­na­ti­ons­part­ner­schaft mit jeder großen Tech­no­lo­gie­plattform in den USA haben sollte.

Man sagte uns, dass der IS auf Twitter und Facebook rekru­tiere. So wurde das Global Enga­gement Center im Prinzip ein­ge­richtet, um dem Außen­mi­nis­terium Ein­fluss auf die Inter­net­firmen zu geben, um auf ihre Platt­formen einzuwirken.

In diesem Rahmen haben sie eine neue Tech­no­logie geschaffen: Natural Lan­guage Pro­cessing.  Das ist eine künst­liche Intel­ligenz, eine Technik des maschi­nellen Lernens, um die Bedeutung von Wörter zu ana­ly­sieren, und alles zu kar­tieren, was jeder im Internet sagt.

Daraus wird eine immense Topo­graphie erstellt, wie Gruppen und »Com­mu­nities« online orga­ni­siert sind, wer die wich­tigsten Influencer sind, worüber sie sprechen, welche Nar­rative ent­stehen oder im Trend liegen. Daraus wird eine Netz­werk­grafik erstellt, um zu wissen, wer wichtig ist und wie Infor­ma­tionen durch ein Öko­system fließen. So begannen sie, die Sprache, die Präfixe, die Suffixe, die beliebten Begriffe, die Slogans, über die IS-Leute auf Twitter sprachen, zu kartieren.

Als 2016 die Prä­si­dent­schaftswahl stattfand, erwar­teten alle im US-Außen­mi­nis­terium fette Beför­de­rungen zum Natio­nalen Sicher­heitsrat im Weißen Haus unter Hillary Clinton, die ja schon Außen­mi­nis­terin unter Obama war.

Alle diese Leute erwar­teten am 8. November 2016 Beför­de­rungen und wurden mir nichts, dir nichts von einem Außen­seiter, gegen den laut New York Times am Tag der Wahl die Chancen 20 zu 1 standen, aus ihren Jobs gedrängt: Donald Trump.

Als das pas­sierte, nahmen diese Leute vom Außen­mi­nis­terium ihre spe­zi­ellen Fähig­keiten, Regie­rungen zur Ver­hängung von Sank­tionen zu zwingen, mit sich. Das Außen­mi­nis­terium führte ja die Bemü­hungen an, Russland wegen der Annexion der Krim im Jahr 2014 zu sanktionieren.

Diese Diplo­maten des Außen­mi­nis­te­riums gingen dann also inter­na­tional auf Tournee, um euro­päische Regie­rungen zu drängen, Zen­sur­ge­setze zu ver­ab­schieden, um »rechts­po­pu­lis­tische« Par­teien in Europa zu zen­sieren, und, als Bumerang-Effekt, um anver­wandte rechts­po­pu­lis­tische Gruppen in den USA zu zensieren.

Es gab also Leute, die direkt vom Außen­mi­nis­terium zum Bei­spiel zum Atlantic Council gingen, der ein wich­tiger Ver­mittler zwi­schen Regie­rungen bei der Zensur war. Der Atlantic Council ist eine Gruppe, die einer der größten poli­ti­schen Unter­stützer von Biden ist. Sie bezeichnen sich als das »Think Tank der NATO« und reprä­sen­tieren in vie­lerlei Hin­sicht den poli­ti­schen Konsens der NATO. Und in vielen Fällen, wenn die NATO zivil­ge­sell­schaft­liche Maß­nahmen hat, die syn­chron mit mili­tä­ri­schen Aktionen in einer Region koor­di­niert werden sollen, wird der Atlantic Council im Wesent­lichen ein­ge­setzt, um Konsens zu schaffen und poli­tische Maß­nahmen in bestimmten Region im Sinne der NATO umzusetzen.

Der Atlantic Council hat sieben ehe­malige CIA-Direk­toren in seinem Vor­stand. Viele Men­schen wissen nicht einmal, dass sieben CIA-Direk­toren noch leben, geschweige denn, dass sie alle im Vor­stand einer ein­zigen Orga­ni­sation sind.

Der Atlantic Council  ist sozu­sagen das Schwer­ge­wicht in der Zen­sur­in­dustrie. Sie erhalten jähr­liche För­der­mittel vom Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium, dem Außen­mi­nis­terium und CIA-Front­or­ga­ni­sa­tionen wie die National Endowment for Demo­cracy.

Der Atlantic Council begann sofort nach dem Wahlsieg Trumps im Januar 2017 damit, euro­päische Regie­rungen unter Druck zu setzen, Zen­sur­ge­setze zu ver­ab­schieden, um einen trans­at­lan­ti­schen Angriff auf die Mei­nungs­freiheit zu schaffen, genau so wie es Rick Stengel gefordert hatte, damit die Europäer Vor­reiter bei der Zensur werden und die USA dann nach­ziehen können.

Der wich­tigste Schritt dabei war, die Merkel-Regierung in Deutschland dazu zu bringen, im August 2017 das Netz­werk­durch­set­zungs­gesetz (NetzDG) zu ver­ab­schieden, was im Prinzip das Zeit­alter der voll­au­to­ma­ti­sierten Zensur in Europa und den USA einläutete.

Teil 2:  Wie das deutsche NetzDG den Weg für die Unter­wan­derung der Demo­kratie bereitete

Das ganze Interview hier auf X (Eng­lisch)

Collin McMahon ist Autor von »George Soros‘ Krieg« und »Der Zens­ur­komplex«.

Der Beitrag erschien zuerst bei freiewelt.net