Wir leben in einer Zeit, wo ständig Geheimes und Verborgenes ans Licht kommen wie kaum je zuvor. Ein Enthüllungsskandal nach dem anderen. Wir bewegen uns nicht auf einen Weltuntergang zu, sondern sind aufgerufen, der Wirklichkeit der Welt mit klarem Bewusstsein entgegenzuschauen. Das ist für viele ein schmerzhafter Prozess.
Das griechische Wort „apokálypsis“ bedeutet „Enthüllung“ und bezieht sich auf das letzte Kapitel des „Neuen Testaments“, „Die Offenbarung des Johannes“, (engl.: „Revelation“). Es handelt sich um eine grundlegende Veränderung: „Seht, ich mache alles neu!“ (Offenbarung 21,5). Der Schleier der Nicht-Erkenntnis wird den Menschen weggerissen. Es geht um die totale Entschleierung, Enthüllung, Manifestation der Ordnungskräfte und Schönheit des Universums, von denen sich viele Erdenbewohner in ihrer Selbstermächtigung abgekoppelt haben.
Bildhauer – der genialste Enthüllungskünstler
Fast alle Künstler (Maler, Musiker, Dichter) leben von dem Phänomen der Addition, des Hinzufügens von Farbe, Noten, Buchstaben, Worten). Wer aber zum Wesentlichen vordringen möchte, muss die Kunst der Reduktion, des Weglassens erlernen, was in einer vom Konsum beherrschten Gesellschaft äußerst schwierig ist. Der Bildhauer hat einen unförmigen Klotz vor sich und entwickelt eine innere Vorstellung, wie er durch zunehmende Wegnahme von Gesteinsschichten immer mehr das Wesentliche seines Kunstwerks enthüllt. Reduktion (lat.: reducere = zurückführen) hat nichts mit Einschränkung zu tun, sondern führt uns durch einen positiven Konsumverzicht zur Essenz unseres Lebens.
Es ist unverantwortlich, in Bild und Ton den Menschen ständig Schreckens-visionen zu präsentieren. Die Medien, die verführerischen Vermittler von Illusionen, werden an Wirkmächtigkeit verlieren. Nur wer sich für „Im-Medien“ (für Nicht-Medien) entscheidet, kommt zu einer sofortigen, unmittelbaren (engl. „immediate) Erfahrung von dem was ist, immer schon war und ewig sein wird.
Viele Kulturen haben Endzeiterwartungen. Wissenschaftlich heißen diese „Eschatologien“, die Lehren von den letzten Dingen. Insbesondere die drei monotheistischen Religionen haben solche Vorstellungen, darunter am aus-geprägtesten das Christentum. Aber auch die prächristlichen nordischen Kulturen hatten solche Vorstellungen, in Mittelamerika die Maya, Tolteken und Azteken sowie weltweit viele Stammeskulturen. Was dabei häufig vorkommt, ist der Mythos einer glücklichen Urzeit (Paradies) und einer glücklichen Endzeit (Paradies, Himmel), vor der jedoch eine große Katastrophe steht. Weil wir Menschen offenbar so denken und fühlen, gehört es seit langem zu den Regeln der Drehbuchschreiber unserer Filme (nicht nur aus Hollywood), vor dem Happy End eine große Katastrophe einzubauen, bei der nochmal alles auf die Spitze getrieben wird und alles auseinander zu fallen droht. Da müssen der Held oder die Heldin sich bewähren und über sich selbst hinauswachsen. Dies ist der Höhepunkt des Dramas, der oft als Kampf gegen Gut und Böse inszeniert wird.
Vielleicht sind unsere politischen und religiösen Dramen nur Inszenierungen in der Außenwelt, gesteuert und motiviert von dieser dramatischen Disposition des Menschen.
2012 – die Fehlinterpretation der Zeitrechnung im Maya-Kalender
Die Tibeter, die alten Ägypter, die Cherokee- und Hopi-Indianer, sie alle beziehen sich in ihren mystischen Glaubenssystemen und Zeitrechnungen, genau wie die Maya, auf einen 26.000 Jahre alten Zyklus. Dieser Zyklus endete am 22. Dezember 2012. Zu diesem Zeitpunkt ergab sich angeblich eine äußerst seltene astronomische Konstellation.
Eine christliche Spezialität unter den Endzeitmythen ist der Glaube an ein Millennium, ein tausendjähriges Reich. Sogar die Nazis haben diesen Mythos aufgegriffen. Viele sahen diese Zeit mit der Geburt oder dem Tod des Jesus von Nazareth beginnen. Als das Ende dann aber nicht kam und
auch zu den verschobenen Terminen immer wieder nicht kam (auch Martin Luther prophezeite zu seinen Lebzeiten drei Mal ein Ende der Welt), verlegten sich viele Christen auf die Erwartung eines Endes ohne ein bestimmtes Datum. Für viele bibelgläubige Bewegungen, wie etwa auch die Zeugen Jehovas, ist das nahe Ende jedoch eine mächtige emotionale Realität. Dementsprechend neigen sie dazu, die heute weit verbreiteten Ankündigungen ökologischer Katastrophen religiös zu interpretieren als Strafe Gottes. Manchmal reicht schon ein Tsunami oder ein Erdbeben für das Gefühl: Es ist soweit! Nun kommt die Strafe des Herrn über uns.
Kalender gibt es vermutlich schon seit der Altsteinzeit. Sie richteten sich nach den Rhythmen der Natur: Tag und Nacht, Frühling und Sommer, und den Phasen des Mondes. Nach ihnen feierten die Menschen ihre Feste. Teils säten und ernteten sie auch danach oder legten Vorräte an für den Winter oder die Trockenzeit.
Der heute weltweit übliche Kalender ist der gregorianische. Er wurde im 16. Jahrhundert von Papst Gregor XIII. eingeführt und löste weitgehend den julianischen Kalender ab. Die islamischen, hinduistischen und buddhistischen Kulturen hatten jedoch andere Kalender, ebenso die chinesische Kultur. Teilweise werden diese heute noch angewandt. Gemäß diesen Kalendern sind die Jahreszahlen ganz andere als bei uns, entsprechend auch die Neujahrstermine.
In Andersens Märchen hat der Kaiser neue Kleider an, weil alle das so fühlen. Siehst du das nicht auch? Es ist eine Erfahrungstatsache! Bis ein Kind ruft: Er hat doch gar nichts an! Und alle beginnen zu lachen.
Die in unserer Kultur aufgewachsenen Menschen sind uhrzeit- und kalender-gläubig. Entsprechend sagt ein altes afrikanisches Sprichwort: „Euch Europäern hat Gott die Uhr gegeben. Uns hat er dafür die Zeit gegeben.“ Die Zeit ist das Echtere, Wirklichere. Die Uhren und Kalender zeigen nur Fiktionen an.
Vor etwa 74.000 Jahren explodierte auf dem Gebiet des heutigen Sumatra ein Vulkan. In seinem Krater liegt der heutige Tobasee. Möglicherweise hat diese Explosion die Weltbevölkerung des homo sapiens, der damals noch ausschließlich in Afrika lebte, bis auf weniger als 10.000 reduziert. Der Vulkanausbruch war jedenfalls Auslöser einer mehrjährigen Kälteperiode, der Absturz könnte anfangs mehr als 10 Grad Celsius betragen haben.
Was, wenn der Vulkan nicht 3.000 Kubikkilometer Material ausgespuckt hätte, sondern 4.000, und keiner überlebt hätte? Dann könnte sich jetzt auch keiner Gedanken machen über diese Zeit, unsere Überlebenschancen, den fragilen Biotop, der uns erhält, die Kulturgeschichte der Menschheit, die noch immer fortschreitende Zunahme der Weltbevölkerung des homo sapiens auf nun mehr als 7 Milliarden, für 2050 werden 9 Milliarden vorausgesagt. Das System, das uns trägt, ist fragil. Ein einziger Vulkanausbruch kann es auslöschen – umso mehr ein vom Menschen ausgelöster Atomkrieg, oder die weitere Vermüllung des Planeten, oder die Verknappung einer einzigen lebenswichtigen Ressource (z.B. Trinkwasser), die zu vernichtenden Kriegen führt.
Das Besondere am Menschen ist wohl das Bewusstsein und die Möglichkeit der starken kulturellen Prägung. Und da das Sein das Bewusstsein bestimmt, hängt unsere Zukunft auch von der ökonomischen und technischen Entwicklung ab und davon, wie wir mit Katastrophen umgehen und den vielen weiteren, die da noch kommen werden. Und davon, ob es eine trans-kulturelle, transkonfessionelle Ethik geben wird und eine echte Welt-demokratie (die UNO ist weit davon entfernt). Ob die Abschaffung des Militärs gelingt und die Erschaffung einer korruptionsfreien Weltjustiz, die imstande ist, ein Gewaltmonopol durchzusetzen.
Die Menschen spüren in allen Teilen der Erde, dass sich ein evolutionärer Bewusstseinswandel vollzieht, der unser Weltbild verändern wird. Auf diese Transformation sollte man im Wesentlichen innerlich vorbereitet sein, um nicht von den Erscheinungen der Zerstörungen emotional vernichtet zu werden. Wir sollten uns immer wieder an die Worte von Mahatma Gandhi erinnern:
„Sei Du selbst die Veränderung, wie Du die Welt sich verändern sehen wünschst.“
Wir müssen den leeren Raum zwischen den Gedanken finden, der wie das Wasser in der Tiefe des Ozeans klar und ungestört bleibt, auch wenn auf der Oberfläche die Wellen peitschen. So können wir auf den unsterblichen Geist selbst blicken.
„Das menschliche Dasein ist ein Gasthaus.
Jeden Morgen ein neuer Gast.
Freude, Depression und Niedertracht –
auch ein kurzer Moment von Achtsamkeit
kommt als unverhoffter Besucher.
Begrüße und bewirte sie alle!
Selbst wenn es eine Schar von Sorgen ist,
die gewaltsam Dein Haus seiner Möbel entledigt,
selbst dann behandle jeden Gast ehrenvoll.
Vielleicht bereitet er Dich vor auf ganz neue Freuden.
Dem dunklen Gedanken, der Scham, der Bosheit –
begegne ihnen lachend an der Tür
und lade sie zu Dir ein.
Sei dankbar für jeden, der kommt,
denn alle sind zu Deiner Führung geschickt worden
aus einer anderen Welt.“
„Ich versuchte GOTT zu finden am Kreuz der Christen,
aber er war nicht dort.
Ich ging zu den Tempeln der Hindus
und zu den alten Pagoden,
aber ich konnte nirgendwo eine Spur von ihm finden.
Ich suchte in den Bergen und Tälern,
aber weder in der Höhe noch in der Tiefe
sah ich mich imstande ihn zu finden.
Ich ging zur Kaaba in Mekka,
aber dort war er auch nicht.
Ich befragte die Gelehrten und Philosophen,
aber er war jenseits ihres Verstehens.
Ich prüfte mein Herz und dort verweilte er,
als ich ihn sah.
Er ist nirgends sonst zu finden.“
(Dschalal ad-Din Muhammad Rumi, 1207 – 1273)