Renner: Deutschland im poli­ti­schen Delirium

In der Medizin ist das Delirium ein Zustand geis­tiger Ver­wirrung, ein­her­gehend mit Stö­rungen des Bewusst­seins und des Denk­ver­mögens, häufig durch Alko­hol­konsum aus­gelöst. Das poli­tische Delirium ist eine bedroh­liche gesamt­ge­sell­schaft­liche Störung der demo­kra­ti­schen Struk­turen und Organe, die zum Tode unserer frei­heit­lichen Grund­ordnung führen kann und wird. Aus­gelöst durch eine zu hohe Infil­tration von staats­so­zia­lis­ti­schen und kul­tur­mar­xis­ti­schen Gift­stoffen in den gesell­schaft­lichen Körper.

(von Martin E. Renner)

Liebe Leser,

der schwarze Tag für die Demo­kratie in Deutschland war der Don­nerstag, am 6. Februar 2020. Geschehen im Lande Thü­ringen und das auch noch aus­ge­rechnet genau am 7. Geburtstag der „Alter­native für Deutschland“ – ja, Geschichte kann manchmal herrlich mit feinem Spott und manchmal auch ein wenig maliziös daherkommen.

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Für mich ergeben sich aus diesem schwarzen Don­nerstag der Demo­kratie fünf Erkennt­nisse, die ihr fahles Licht auf den Zustand unserer Gesell­schaft werfen, die sich auf dem Weg in das poli­tische Delirium befindet.Erste Erkenntnis: Wahlen können „unver­zeihlich“ sein und müssen rück­gängig gemacht werden 

Der Bruch des Ver­fas­sungs­prinzips der Freiheit des poli­ti­schen Mandats, das ein Grund­pfeiler der par­la­men­ta­ri­schen Demo­kratie ist, war noch nie so offen­kundig. Ein­zig­artig in der Geschichte der deut­schen Ver­fas­sungs­kultur ist es, wenn sich die Frau Bun­des­kanzler hin­stellt und ver­kündet, dass eine reguläre Wahl­ent­scheidung zur Ver­tretung des Sou­veräns „unver­zeihlich“ sei und deshalb sofort rück­gängig gemacht werden müsse. Und das ganz aus­drücklich als Regie­rungs­chefin – nicht etwa als Pri­vat­person – auf einer offi­zi­ellen Pres­se­kon­ferenz bei einem Staats­besuch im Ausland.

Eine gröbere und schmäh­li­chere Miss­achtung des Prinzips der Wei­sungs­un­ab­hän­gigkeit frei gewählter Volks­ver­treter ist nicht denkbar.

Zweite Erkenntnis: Ver­hetzung und Hass werden zu legi­timen Kampf­mitteln im demo­kra­ti­schen Disput 

Die völlige Ent­hemmung der Sprache in der poli­ti­schen Agi­tation ist erschre­ckend. Sich selbst als „bür­gerlich“ bezeich­nende Par­teien legen sich kei­nerlei Beschrän­kungen mehr auf. Die Ein­las­sungen des baye­ri­schen Minis­ter­prä­si­denten Markus Söder und die des aus­bil­dungs- und berufs­losen CDU-Gene­ral­se­kretärs Paul Ziemiak lassen keinen Zweifel mehr: Von jetzt an sind alle Anders­mei­nenden „Nazis“ und extre­mis­tisch. Und das nur, weil sie eine abwei­chende Meinung haben und nicht die vom Politbüro vor­ge­gebene ver­treten. Die Poli­tiker, die Mit­glieder und die Wähler der AfD sowieso. Aber nun auch die­je­nigen, die sich von der AfD in freier und geheimer Wahl „wählen lassen“. Die Ver­hetzung, die Ver­ächt­lich­ma­chung, der Hass, kann nicht mehr größer werden.

Auf­fallend aber auch die bar­rie­re­freie Zusam­men­arbeit der Poli­tiker und der Medien, die sich in der gleichen Wortwahl zeigt und die sich im erschre­ckendem Cre­scendo der aus­ge­spienen Beschimp­fungen äußert. Gleich­schaltung wäre die ange­brachte Defi­nition des hier beschrie­benen Vor­gangs und der Entwicklung.

Dritte Erkenntnis: In der „neuen Demo­kratie“ werden viele Wahl­be­rech­tigte keine Legi­ti­mation mehr haben

Wir sehen und haben zu akzep­tieren, dass ein Viertel aller Wähler in Thü­ringen nicht mehr Bestandteil des demo­kra­ti­schen Systems sein sollen. Eine Betei­ligung an der Demo­kratie ist für die Wähler der „Alter­native für Deutschland“, aus welchen Motiven diese auch immer zu ihrer Wahl­ent­scheidung kommen, fortan nicht mehr erwünscht und finden auch keine Berück­sich­tigung mehr. Der fak­tische Aus­schluss eines immer größer wer­denden Wäh­ler­spek­trums und die Aberkennung ihrer Voten und ihrer demo­kra­ti­schen Mit­wir­kungs­rechte werden immer evidenter.

Nicht nur die Par­teien der Links­front, sondern auch die CDU/CSU und die FDP – in ihrer Gesamtheit das neue „Sozia­lis­tische Par­tei­en­kol­lektiv“ – folgen diesen anti­de­mo­kra­ti­schen und absurden For­de­rungen. Die Mit-Wahl durch die „für unbe­rührbar und von der Demo­kratie für aus­ge­schlossen Erklärten“ führt zur finalen „Kon­ta­mi­nierung“ des­je­nigen, der in ein Amt gewählt wurde (Fern­seh­mo­de­ra­torin des öffentlich-recht­lichen Fern­seh­senders „Phoenix“).

Ach herrje, so lapidar, so banal kündigt sich wohl das Ende des demo­kra­ti­schen Par­la­men­ta­rismus an. So wie wir diesen in der Bun­des­re­publik Deutschland seit 70 Jahren kennen und mit dem wir seit 70 Jahren leben. Das Par­la­men­ta­rische System der Bun­des­re­publik hatte es ver­mocht, selbst radikale Par­teien in die Demo­kratie zu inte­grieren, zu binden und der demo­kra­tisch-frei­heit­lichen Ordnung zu verpflichten.

Die Grünen hatten bei ihrem Einzug in die Par­la­mente kei­nes­falls ihr Ver­hältnis zur Gewalt in der poli­ti­schen Aus­ein­an­der­setzung geklärt. Die mehrfach umbe­nannte SED – in Langform: Sozia­lis­tische Ein­heits­partei Deutsch­lands – hat sich bis heute nicht ein­deutig und restlos von ihrer dik­ta­to­ri­schen und tota­li­tären Ver­gan­genheit gelöst. Ehe­malige Stasi-Ange­hörige und auch zahl­reiche juris­tisch Mit­schuldige an ver­übten Staats­ver­brechen sind heute voll akzep­tierte Mit­wir­kende in unseren bun­des­re­pu­bli­ka­ni­schen Struk­turen und Organisationen.

Dennoch sind beide Par­teien (Grüne und Linke) mit ihren Hypo­theken und nicht voll­um­fänglich auf­ge­ar­bei­teten Alt­lasten inte­griert worden. Der grund­legend demo­kra­tisch struk­tu­rierten AfD wird dies von Anfang an und kate­go­risch ver­wehrt. Demo­kra­tische Mit­wir­kungs­rechte werden ihr aberkannt und ihre Wähler und Mit­glieder werden gesell­schaftlich offen stig­ma­ti­siert, bedroht und verleumdet.

Die gerade im Ent­stehen befind­liche und nun auch von brei­teren Bevöl­ke­rungs­gruppen deutlich erkennbare kul­tur­mar­xis­tisch basierte Gesin­nungs­dik­tatur wird unsere Demo­kratie zer­stören. Ist das ein Teil oder sogar die Vor­aus­setzung für die von der Frau Bun­des­kanzler so groß­spre­che­risch annon­cierte „große Trans­for­mation unserer Lebens­ge­wohn­heiten“? Wie gut, dass es das Para­doxon der Demo­kratie gibt. Das heißt: man kann mit­hilfe demo­kra­tisch wir­kender Instru­mente die Demo­kratie ver­letzen, tödlich ver­wunden und damit abschaffen. Hatten wir schon einmal, man muss sich nur bis in das Jahr 1933 zurück erinnern.

Wir laufen auf ein poli­ti­sches Duopol zu. Auf der einen Seite, die „links-rot-grün-gelb-schwarze Irra­tio­na­lität der Sozia­listen und Mar­xisten“ und auf der anderen Seite, die „rechte-blaue Ratio­na­lität der frei­heitlich Füh­lenden, der bür­gerlich Den­kenden und der kon­ser­vativ Agierenden“.

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Aktuell ver­sucht die eine Seite die Durch­setzung ihrer Agenda gegen die andere Seite mit Dis­kri­mi­nierung, Dif­fa­mierung, Tabui­sierung, Gewalt und dem Einsatz ihrer über­wäl­ti­genden medialen Dominanz zu erreichen. Eine Agenda, die anti-natio­nal­staatlich, anti-iden­titär, anti-christlich, pro-isla­misch, EU-zen­tra­lis­tisch und glo­bal­so­zia­lis­tisch aus­ge­richtet ist.

Vierte Erkenntnis: Wahl­ver­sprechen sind Schall und Rauch und stellen keine demo­kra­tische Ver­pflichtung dar

CDU/CSU und FDP, nicht ihre gewählten und ver­ant­wort­lichen Ver­treter im Land wohl­ge­merkt, sondern die poli­tisch erpres­senden Bun­des­par­tei­füh­rungen, nehmen eine ihnen gegebene Voll­macht zur Gestaltung bür­ger­licher Politik im Land Thü­ringen nicht an. Ihr Wahl­ver­sprechen, die auf dem Land las­tende Regierung der Links­front – unter Führung der umbe­nannten SED – zu beenden, schlagen diese Par­tei­füh­rungen bereit­willig und eil­fertig in den Wind.

Unver­hohlen sollen nun die mit diesem Ver­sprechen gewählten Abge­ord­neten gezwungen werden, den durch sie gewählten Minis­ter­prä­si­denten nach nur einem Tag Amtszeit wieder abzu­wählen. „Rück­gängig gemacht“ werden kann diese Wahl nur durch Rück­tritt des Gewählten, durch Land­tags­auf­lösung oder durch ein kon­struk­tives Misstrauensvotum.

Egal, was auch immer ein­treten wird, die „Herr­scherin“ Merkel ver­langt von den Abge­ord­neten ihrer Partei und der FDP nichts anderes als die Wahl von Ramelow. Ein Poli­tiker, dessen Politik vom Volk abge­wählt wurde. Das ist eine poli­tische Bank­rott­erklärung erster Ordnung. Kommen die Abge­ord­neten dem nach, so wäre das ein voll­endeter Wahl­betrug. Und genau das ist unver­zeihlich – und zwar gegenüber dem Wähler.

Übrigens, das pas­siert alles nicht zum ersten Mal im Zusam­menhang mit Merkel. Ich selbst bin im Jahre 2005 aus der CDU aus­ge­treten (nach sie­ben­jäh­riger Mit­glied­schaft) als die erste schwarz-rote Koalition unter Merkel im Koali­ti­ons­vertrag exakt das Gegenteil der im CDU-Wahl­kampf ver­spro­chenen Posi­tionen festschrieb.

Fünfte Erkenntnis: Keine Wäh­ler­stimmen mehr für Schein­bür­ger­liche, die den öko-sozia­lis­ti­schen Tota­li­ta­rismus herbeisehnen 

Die wich­tigste poli­tische Erkenntnis des schwarzen Don­nerstags in Thü­ringen und in unserem Land ist die: Wer die Par­teien Merkels, Söders oder Lindners wählt, der wählt in Wirk­lichkeit die Links­front an die Macht! Jede bür­ger­liche Stimme für diese schein­bür­ger­lichen Par­teien ver­hilft den links­grünen Mei­nungs­un­ter­drü­ckern ihren so fre­ne­tisch her­bei­ge­sehnten tota­li­tären Gesin­nungs­staat mit all seinen Aus­wüchsen immer fester zu etablieren.

Bis zu diesem Don­nerstag hatten die meisten Bürger unseres Landes die Illusion, Union und FDP würden bür­ger­liche Politik machen und Schlim­meres ver­hüten. Der Schleier und die Camou­flage dieser Illusion ist nun end­gültig zer­rissen: Merkels Union und Lindners FDP sind die Steig­bü­gel­halter des immer brüsker auf­tre­tenden öko­so­zia­lis­ti­schen Tota­li­ta­rismus. Es gibt kein wähl­bares bür­gerlich-demo­kra­ti­sches Lager außerhalb der AfD mehr. Das poli­tische und gesell­schaft­liche Duopol hat sich unwi­der­ruflich etabliert.

Seit Don­ners­tag­mittag kann niemand mehr später behaupten, er habe nicht gewusst, wohin die Reise unserer Gesell­schaft mit den Alt­par­teien führen würde.

Ins Grauen. Ins poli­tische Delirium.

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Martin E. Renner MdB ist Betriebswirt und Freier Autor (regel­mäßige Kolumne bei PI – wie auch diese hier). 2013 war er einer der 15 Grün­dungs­in­itia­toren sowie Mit­glied im Grün­dungs­vor­stand der Partei Alter­native für Deutschland (AfD). Seine Bei­träge erscheinen neben pi auch auf con­servo als Kolumne „Renners ReVision“.


Dieser lesens­werte Beitrag erschien zuerst auf dem Blog von Peter Helmes – www.conservo.wordpress.com