Am 2. Oktober 2001 rief die NATO erstmals den Bündnisfall aus, so dass unter anderem auch Deutschland in den Krieg mit hineingezogen wurde.
Bundeskanzler Gerhard Schröder ließ am 16. November 2001 den Bundestag über den Afghanistankrieg abstimmen.
Gefragt wurde wieder einmal nicht die Bevölkerung, die stattdessen mit NATO-Kriegspropaganda über die heimischen Medien gefüttert wurde.
Sogar die Mehrheit der „Friedenspartei“ Die Grünen stimmten für den Eintritt Deutschlands in den Afghanistan-Krieg (wie bei den zurückliegenden Jugoslawien-Kriegen auch)! Der Grüne-Außenminister Joschka Fischer wirbelte die Kriegstrommel: das „Böse“ könne nur mit „Gewalt bekämpft“ werden.
Auch die SPD stimmte für den Afghanistan-Feldzug, die FDP lehnte ihn ab, ebenso die PDS (die späteren Linken). Die CDU/CSU war ebenfalls dagegen. Dementsprechend stimmten 336 Parlamentarier für ein Ja und 326 für ein Nein. Die Rot-Grünen-Kriegsparteien hatten gesiegt.
Im Januar 2002 trafen die ersten Bundeswehrsoldaten am Hindukusch ein …
Bei dem Angriffskrieg begannen die Amerikaner sofort damit, ein neues Regime installieren zu wollen. Der neue starke Mann in Afghanistan sollte Hamid Karzai werden. Wenig bekannt: Karzai ist ein ehemaliger Manager der texanischen Ölfirma UNOCAL (heute ein Teil von Chevron). Außerdem verhandelte das Unternehmen noch in den 1990er-Jahren mit den Taliban über den Bau einer Ölpipeline.
Ebenfalls nicht an die große Glocke gehängt wurde, dass im Afghanistan-Krieg die mit der NATO verbündeten (einheimische) Nordallianz einen großen Teil des Heroinhandels übernahm.
Unterdessen wurde der damalige britische Premier Tony Blair nicht müde, der Welt zu erklären, dass dieser Krieg auch ein Krieg gegen den Drogenhandel sei.
Eine unfassbare Lüge!
Kriegsverbrechen waren an der Tagesordnung. So wurden beispielsweise in Masar‑e Scharif 2.000 bis 3.000 gefangene Araber und Taliban von den mit dem Westen verbündeten usbekischen Truppen unter General Abdul Raschid Dostum regelrecht abgeschlachtet.
In Verhörzentren des US-Militärs (und der CIA sowie des FBI) wurden Verdächtige gefoltert. Tausende unschuldige Zivilisten starben im NATO-Bombenhagel. Die Menschen- und Grundrechte wurden sprichwörtlich mit Füßen getreten. Der „gerechte Krieg“ wurde zu einem „hässlichen, schmutzigen Krieg“, in dem sich beide Seiten zahlreicher Gräueltaten schuldig machten.
Im September 2009 sprach ein hochrangiger US-Diplomat Klartext darüber, dass „unsere Anwesenheit“ in Afghanistan das Land nur weiter destabilisiert hätte.
Tatsächlich erstarkten aufgrund der Verfehlungen durch die westlichen Alliierten die Taliban wieder. Der pakistanische Geheimdienst rettete Tausende Taliban- und Al-Qaida-Kämpfer über eine Luftbrücke. Es kam zu vermehrten Angriffen auf westliche Truppen und zu Anschlägen durch Selbstmordattentäter.
Die Brüsseler Politikberatungs-NGO International Crisis Group kam in einer Studie zu dem Schluss, dass durch das westliche Engagement (sowie Milliarden von Dollar) in Afghanistan kriminelle Oligarchen und Geschäftsleute mit guten politischen Verbindungen die Wirtschaft dominierten.
Außerhalb Kabuls gebe es eine hohe Arbeitslosigkeit (60 Prozent), die Aufständischen würden nahezu ohne Risiko operieren, Bauern und Arbeiter müssten den lokalen Gouverneuren Bestechungsgelder zahlen. Die UN-Nahrungsmittelhilfe käme nie bei den Notleidenden an, weil sie zuvor längst auf dem Schwarzmarkt verkauft worden wäre. Lokale Milizen und die Taliban würden einen regelrechten Wettbewerb um die Anteile an den Reichtümern veranstalten.
Die Mütter‑, Säuglings- und Kindersterblichkeit in Afghanistan war die höchste weltweit. Auch die Opiumproduktion stieg jährlich, machte sogar nach Schätzungen der Vereinten Nationen neunzig Prozent der globalen Produktion aus!
Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete und Publizist Jürgen Todenhöfer schreibt in seinem 2019 erschienenen Buch Die große Heuchelei – Wie Politik und Medien unsere Werte verraten dazu: „Beinahe täglich gibt es in Afghanistan Anschläge mit Toten und Verletzten. Weit über 100.000 Menschen wurden durch den Krieg in Afghanistan getötet. Den Afghanen geht es so schlecht wie früher. Es gibt sogar noch mehr Armut als vorher. Korruption, Drogenproduktion und Kriminalität sind explodiert.“
Bei den Afghanen sickerte immer weiter die Erkenntnis durch, ein von ausländischen Invasoren besetztes Land zu sein, mit einer Regierung, deren Außenpolitik eigentlich mit jener Washingtons identisch war. Hinzu kam eine nicht funktionierende Justiz, eine korrupte Polizei und eine ständig schlimmer werdende soziale und wirtschaftliche Krise.
Schließlich verhandelten die afghanische Regierung, die USA und auch Vertreter der NATO mit den Taliban. Dessen Führer Mullah Omar forderte jedoch eine vollständige Unabhängigkeit Afghanistans. Ein „aufgezwungenes“ Regime wollte er auf keinen Fall akzeptieren.
Doch hinter dem Afghanistan-Desaster steckt weitaus mehr. Der Weltbevölkerung wurde vorgeheuchelt, dass es um „Demokratisierung“ ging und noch immer geht sowie um die „Förderung einer verantwortungsbewussten Regierungsführung.“
Das alles können Sie getrost vergessen. Denn die wahren Gründe in Afghanistan sind – wie fast immer – geostrategische!
Sehen Sie: Schon im Mai 2005 schlossen die Amerikaner mit ihrer Marionette in Kabul (Präsident Karzai) ein Stützpunktabkommen. Dementsprechend wurden im Land am Hindukusch vier große Luftwaffen-Stützpunkte (in Bagram, Kandahar, Schindand und Helmand) gebaut. So war und ist die USA dazu berechtigt, seine afghanische Militärpräsenz langfristig aufrechtzuerhalten und von dort aus seine Feldzüge in Asien und im Mittleren Osten weiter zu führen.
Was die Amerikaner unter „Demokratisierung“ verstehen, verriet 2004 US-Botschafter Zalmay Khalilzad, der versuchte jeden Präsidentschaftskandidaten zu überzeugen, sich nicht aufstellen zu lassen um den Wahlsieg von Washingtons Mann Hamid Karzai nicht zu gefährden. Schließlich siegte Karzai mit 56 Prozent der Stimmen (nicht alle Gegner zogen sich zurück).
Die im September 2005 anstehenden Parlamentswahlen in Afghanistan wurden von amerikanischen Werbeunternehmen vorbereitet, die dazu alle Tricks nutzten. Alleine die Rendon Group in Washington D.C. erhielt Verträge über 60 Millionen Dollar! Dabei dienten diese Wahlen weniger Afghanistan als dazu, die öffentliche Meinung im Westen zufriedenzustellen.
Obwohl es bei diesen Wahlen zu Einschüchterungen und Bedrohungen kam, war das Ende eine Blamage: Von 12 Millionen Wahlberechtigten gingen gerade mal vier Millionen hin. Aber dennoch wurde dies in der westlichen Presse als „Riesenerfolg“ verkauft und gefeiert.
Als Fazit kann gesagt werden, dass der NATO-Krieg gegen Afghanistan mit hohem Blutzoll die ganze Region destabilisierte und Nachbarländer mit in die Gewaltspirale hineinzog. Und das gegen den erklärten Willen der westlichen Zivilbevölkerung (zum Beispiel in Deutschland hielten 80 Prozent der Bürger den Hindukusch-Einsatz für falsch).
In Afghanistan wüten weiter die Taliban (die in sechzig Prozent der Distrikte wieder präsent sind) und auch Al-Qaida ist nicht vertrieben. Nach über siebzehn Jahren Krieg versuchen nun die USA ihre Feinde, die Taliban, dazu zu bewegen, in die afghanische Regierung einzutreten. Doch das wird wohl nicht gelingen. Das Land am Hindukusch ist nach wie vor eine Sprengfalle. Auch für deutsche Soldaten.
Das Ende kennen wir: Die westlichen Alliierten flohen geradezu aus Kabul. Die Taliban hatten endgültig gesiegt. Und wieder zahlen deutsche Steuerzahler und andere, hunderte Millionen Euro für ein völlig korruptes Regime, darunter steckbrieflich gesuchte Terroristen. Und wieder unter der Prämisse, der Zivilbevölkerung helfen zu müssen. Doch auch dieses Mal werden weder das Geld noch die Hilfsgüter bei den Notleidenden nicht ankommen. Lachende Dritte sind die bärtigen Steinzeit-Terroristen.
Guido Grandt — Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors www.guidograndt.de
Du muss angemeldet sein, um einen Kommentar zu veröffentlichen.