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Zwangs­kon­ver­sionen und Kin­derehen in Pakistan: Ein all­täg­liches Ereignis

Die erzwungene Kon­version junger christ­licher und hin­du­is­ti­scher Mädchen, von denen einige unter 12 Jahre alt sind, scheint an der Tages­ordnung zu sein. Den­je­nigen, die in der Lage wären, diese Praxis zu stoppen, scheint es egal zu sein. Kaum ein Tag vergeht ohne News zu der­ar­tigen Zwischenfällen.

(von Nasir Saeed)

Dieses große und wach­sende Problem in Pakistan betrifft reli­giöse Min­der­heiten. Men­schen­rechts­or­ga­ni­sa­tionen, die sich mit diesem Thema befassen, schätzen, dass jedes Jahr 1.000 hin­du­is­tische und christ­liche Mädchen gezwungen werden, zum Islam zu kon­ver­tieren – eine Schätzung, die weit höher liegen könnte, da viele Fälle gar nicht gemeldet werden. Meist werden diese Mädchen von viel älteren Männern mit dem Ver­sprechen auf ein bes­seres Leben gelockt und manchmal in die Pro­sti­tution gedrängt oder sogar verkauft.

Die Covid-19-Pan­demie hat diesen Vor­fällen einen Schub gegeben: Einige Familien mit Tage­löhnern hatten kein festes Ein­kommen mehr und mussten ihren jün­geren Töchtern erlauben, in Fabriken oder Geschäften zu arbeiten. Am Ende ver­loren sie ihre Töchter durch die Zwangs­kon­version zum Islam und die anschlie­ßende Heirat.

Familien haben die Justiz ange­fleht, ihnen ihre Töchter zurück­zu­geben, doch die paki­sta­ni­schen Behörden igno­rieren diese Auf­for­de­rungen nor­ma­ler­weise. Auf­grund der Gleich­gül­tigkeit der Behörden prangern reli­giöse Min­der­heiten in Pakistan ihren Status als Bürger zweiter Klasse an.

Die Behörden sind am Still­schweigen beteiligt und ver­bergen Menschenrechtsverletzungen

Zivile und Straf­ver­fol­gungs­be­hörden sind sich des Pro­blems bewusst, akzep­tieren es jedoch nicht offi­ziell. Statt­dessen behaupten sie, dass der Islam kein Min­dest­alter für die Kon­ver­tierung fest­gelegt hat. Wenn also ein Mädchen aus freien Stücken zum Islam kon­ver­tieren möchte, kann niemand etwas dagegen tun. Damit schieben sie alle Schuld auf die Opfer ab und ent­ziehen sich jeg­licher Ver­ant­wortung. Sie werfen Min­der­heiten und NGOs auch vor, es zu einem Problem zu machen, und behaupten, es sei eine falsche Anschul­digung, um ihre eigene Bekanntheit zu erhöhen.

Vor kurzem, im Juni, ver­suchten die Eltern von Ayesha Arshad, Anzeige zu erstatten, aber die Polizei wei­gerte sich, die Ange­le­genheit wei­ter­zu­ver­folgen und über­reichte ihnen statt­dessen ein paar Tage später Ayeshas Kon­ver­si­ons­be­schei­nigung. Ihr Vater, Arshad Masih, erlitt dar­aufhin einen Herz­in­farkt und auf­grund der Untä­tigkeit der Polizei beschloss die Familie, den Fall auf sich beruhen zu lassen.

Kiran Bashir, 15, wurde am 8. März 2021 auf dem Heimweg mit ihrer Mutter Hameeda Bibi ent­führt. Zwei Männer nahmen Kiran mit, warfen sie auf den Rücksitz eines Autos und fuhren davon. Auch hier nahmen Fami­li­en­mit­glieder trotz der Untä­tigkeit der Polizei an einem Sitz­streik vor dem Poli­zei­revier teil, aber auch das hat nicht funk­tio­niert. Als Hameeda jedoch ankün­digte, sich selbst in Brand zu setzen, regis­trierte die Polizei sofort einen First Infor­mation Report (FIR) über Kirans Ent­führung. Als die Familie am nächsten Tag die Poli­zei­wache besuchte, um ein Update zu erhalten, teilte ihnen der Poli­zeichef mit, dass Kiran zum Islam kon­ver­tiert sei und sie daher nichts mehr tun könnten, als bald ihre Kon­ver­si­ons­be­schei­nigung zu bekommen. Statt die Mädchen nach Hause zu bringen, unter­stützt die Polizei die Entführer.

Die Justiz scheint die gleiche Ein­stellung zu haben. Im jüngsten Fall Nayab Gill (13), der inter­na­tionale Auf­merk­samkeit erregte, schickte der Richter des Obersten Gerichtshofs von Lahore, Sheram Sarwar Chowdhury, Nayab mit ihrem soge­nannten Ehemann Saddam Hussain weg. Dies geschah trotz des B‑Formulars, einer von der paki­sta­ni­schen Regierung aus­ge­stellten Ein­schrei­be­be­schei­nigung für Kinder unter 18 Jahren sowie ihres Schul­zeug­nisses, aus dem her­vorgeht, dass sie 13 Jahre und sieben Monate alt war. Ihre Kon­ver­sions- und Hei­rats­ur­kunden, beides gefälschte Doku­mente, gaben ihr Alter als 19 an. Der Richter akzep­tierte sie dennoch anstelle ihres B‑Formulars und ihres Schulzeugnisses.

Obwohl ihr Anwalt argu­men­tierte, dass Nayab gemäß dem Gesetz zur Ein­schränkung der Ehe­schließung von Kindern von 1929, das Teil des paki­sta­ni­schen Rechts ist, keine Ehe ein­gehen durfte, bevor sie 16 Jahre alt war, und dass Nayab als Min­der­jährige nicht in der Lage war, unab­hängige Ent­schei­dungen zu treffen, schien das dem Richter egal zu sein: Er ent­schied zugunsten ihrer Heirat mit Saddam Hussain und ver­stieß damit ein­deutig gegen den Grundsatz des “besten Inter­esses des Kindes”, wie er in Artikel 3 Absatz 1 des Über­ein­kommens über die Rechte des Kindes (CRC), das 1990 von Pakistan rati­fi­ziert wurde, kodi­fi­ziert ist.

Am besorg­nis­er­re­gendsten ist, dass sich die Richter des paki­sta­ni­schen Obersten Gerichtshofs weigern, die gel­tenden Gesetze des Landes durch­zu­setzen, die die Ehe­schließung unter 16 Jahren ver­bieten. Richter treffen ihre Ent­schei­dungen vielmehr nach dem isla­mi­schen Prinzip des Errei­chens der Pubertät und damit des Erwach­sen­werdens, sobald der Mens­trua­ti­ons­zyklus eines Mäd­chens beginnt. Richter miss­achten nicht nur nationale Gesetze, sondern ver­stoßen auch gegen Völ­ker­recht und inter­na­tionale Stan­dards sowie die Men­schen­rechte von Mädchen.

Aus­sagen von Mädchen unter Zwang

Richter haben sich auch auf die Aus­sagen der Mädchen ver­lassen, anstatt die gebüh­rende Sorgfalt anzu­wenden, den Willen des Gesetzes zu berück­sich­tigen, und trotz frü­herer Fälle, die zeigen, dass Mädchen ihre Aus­sagen oft unter Zwang abge­geben haben. Maira Shahbaz machte eine Aussage, dass sie ohne Zwang oder Druck zum Islam kon­ver­tiert und aus freien Stücken Muhammad Nakash Tariq gehei­ratet habe, weshalb sie mit ihrem soge­nannten Ehemann Tariq weg­ge­schickt wurde. Nach ein paar Tagen jedoch, als sie eine günstige Gele­genheit fand, flüchtete sie vor ihrem Ent­führer und sagte die Wahrheit.

Es gibt so viele Mädchen wie Maira: Mehwish, Farah Shaheen und Sadaf Masih, die zu ähn­lichen Aus­sagen gezwungen und von den Gerichten zu ihren soge­nannten Ehe­männern geschickt wurden. Nach der Flucht änderten sie ihre Aus­sagen vor Gericht.

Der wach­sende Extre­mismus in Pakistan macht das Leben reli­giöser Min­der­heiten schwerer denn je. Es sind nicht nur Fremde, die sie ent­führen und zum Islam kon­ver­tieren, um ihre Ver­brechen zu ver­bergen; manchmal sind es ihre eigenen Arbeit­geber, die sie zum Islam zwangs­kon­ver­tieren, und ihren Eltern wird dann das Sor­ge­recht verweigert.

Die 13-jährige Neha wurde von ihrem mus­li­mi­schen Arbeit­geber Dr. Altaf zum Islam kon­ver­tiert. Ihm zufolge bekehrte er sie, weil sie keinem Nicht-Muslim erlauben können, in ihre Küche zu gehen und ihr Essen und ihre Küchen­uten­silien anzu­fassen. Als ihr Vater die Familie nach seiner Tochter fragte, wurde ihm gesagt, dass sie jetzt Mus­limin sei und beschul­digte ihren Vater auch, im Voraus 275.000 Rupien (rund 1.400 Euro) ange­nommen zu haben. Die Behörden hätten ein­greifen, das Mädchen retten und Dr. Altaf vor Gericht stellen sollen. Statt­dessen sam­melten einige Leute Geld und bezahlten Dr. Altaf, um das Kind frei­zu­lassen. Er war daher nicht in der Lage, die junge Neha ihr Leben lang zu versklaven.

Warum igno­rieren Behörden dieses Problem andauernd?

Im All­ge­meinen erlaubt das isla­mische Recht die Ehe zwi­schen einem mus­li­mi­schen Mann und einer Frau oder einem Mädchen, die eine Christin oder eine Jüdin ist. Es erfordert keine Bekehrung und eine erzwungene Bekehrung ist nach isla­mi­schem Recht ver­boten. Warum werden dann min­der­jährige Mädchen gezwungen, vor der Heirat zum Islam zu konvertieren?

Es liegt in der Ver­ant­wortung des Staates, diese Praxis zu stoppen, selbst wenn er neue Gesetze ein­führen muss, um sicher­zu­stellen, dass die Rechte von Min­der­heiten und Kindern nicht ver­letzt werden. Es liegt auch in der Ver­ant­wortung von Poli­tikern, Gerichten, der Zivil­ge­sell­schaft und der Ulema [isla­mi­scher Klerus], weil es nicht gerecht­fertigt werden kann, im Namen der Religion die bereits gel­tenden Gesetze nicht durchzusetzen.

Der Staat sollte nicht zulassen, dass Kri­mi­nelle das Image Paki­stans in der Welt beschä­digen. Die Euro­päische Union hat Pakistan bereits auf­ge­fordert, der Reli­gi­ons­freiheit Raum zu geben, und die US-Kom­mission für inter­na­tionale Reli­gi­ons­freiheit (USCIRF) hat Pakistan wegen der Ver­letzung der Reli­gi­ons­freiheit zu einem “Land von beson­derer Besorgnis” (KPCh) erklärt. Dieser inak­zep­tablen Praxis muss sofort ein Ende gesetzt werden.

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Nasir Saeed ist Direktor des Center for Legal Assis­tance and Sett­lement (CLAAS).


Quelle: gatestoneinstitute.org