Dass Geheimdienste keinen menschenfreundlichen Einrichtungen sind, ist jedem klar. Sie machen verdeckt in Friedenszeiten alles, was in Kriegszeiten offen gemacht wird. Aber in Sachen Julian Assange und Wikileaks hatte die CIA konkrete Pläne, die schon schockierend sind. Das ist schon verdeckte Kriegsführung. Diese Pläne wurden kürzlich aufgedeckt.
Auf Yahoo!News steht nicht oft etwas richtig Brisantes. Das hier ist es. Zach Dorfman, Sean D. Naylor und Michael Isikoff haben dort einen detaillierten Bericht veröffentlicht, welche „Kriegspläne“ der berüchtigte, amerikanische Geheimdienst gegen Assange ausgeheckt hat und wählten die Überschrift „Entführung, Ermordung und eine Schießerei in London: Einblick in die geheimen Kriegspläne der CIA gegen Wikileaks“.
„Vault 7“ ein gewaltiges Leak, dass die illegalen Hacking-Aktivitäten der CIA offenlegte, war ein schwerer Schlag für die „Central Intelligent Agency“ (CIA), die unter ihren Mitarbeitern auch „Die Firma“ genannt wurde. Die streng gehüteten Geheimnisse des US-Geheimdienstes standen plötzlich für jeden offen einsehbar im Internet. Es war ein Konvolut von geleakten Dokumenten, die Wikileaks am 7. März 2017 veröffentlichte, das ein erschreckendes Bild der Aktivitäten und Fähigkeiten der US-amerikanischen Central Intelligence Agency zur Durchführung elektronischer Überwachung und Cyber-Kriegsführung liefert.
Die Dateien stammten aus den Jahren 2013 bis 2016 und enthielten Details zu den Softwareprogrammen der Agentur, wie beispielsweise die Möglichkeiten, Autos, Smart-TVs, Webbrowser auszuspionieren (einschließlich Google Chrome, Microsoft Edge, Mozilla Firefox und Opera zu kompromittieren und die Betriebssysteme der meisten Smartphones (einschließlich Apples iOS und Googles Android) sowie andere Betriebssysteme wie Microsoft Windows, macOS und Linux. Einige der Tools verwischten die Spuren der eigenen Malware und konnten die Ausspähprogramme auch an den Anti-Viren-Programmen vorbeischleusen.
Nicht nur das. Dazu kam noch, dass Wikileaks damit quasi einen Sprengsatz unerwartet direkt durchs Fenster ins Hauptquartier der CIA geworfen hatte: Der weltberühmt-berüchtigte Geheimdienst (neben dem Mossad) hatte keine Ahnung gehabt, dass Wikileaks im Besitz dieser Unterlagen war.
Die CIA tobte. Julian Assange saß in der Botschaft Ecuadors fest in London. Die CIA beschloss, den Mann zu entführen. Laut dem Bericht soll dieser Plan zu „hitzigen Debatten unter den Beamten der Trump Regierung“ geführt haben, die mit solchen illegitimen Operationen nicht einverstanden waren. In der Spitze der CIA diskutierte man auch über eine Ermordung von Assange und wollte „Skizzen“ und „Möglichkeiten“ ausloten, wie man den Mord durchführen könnte. Ein ehemaliger, hochrangiger Beamter der Spionageabwehr unter der Trump-Administration sagte, es habe dort Gespräche auf „höchster Ebene“ zu diesen Möglichkeiten gegeben. „Es schien da keine Grenzen mehr zu geben“.
Die CIA eröffnete regelrecht einen Krieg gegen Wikileaks und Julian Assange. Man versuchte, auf alle möglichen Weisen Wikileaks zu zerstören. Dazu gehörte auch, die Mitglieder von Wikileaks auszuspionieren, Zwietracht unter ihnen zu säen und ihre elektronischen Geräte zu stehlen, um diese auszuwerten und den Mitgliedern die Kommunikationsmöglichkeiten zu nehmen. Man hatte zwar Julian Assange schon länger im Visier, aber „Vault 7“ was der Auslöser für den Vernichtungswillen.
Die Autoren auf Yahoo News schreiben:
„Der von Präsident Trump neu eingesetzte CIA-Direktor Mike Pompeo wollte sich an WikiLeaks und Assange rächen. Dieser hatte seit 2012 in der ecuadorianischen Botschaft Zuflucht gesucht, um eine Auslieferung an Schweden — wegen von ihm bestrittener Vergewaltigungsvorwürfe — zu vermeiden. Pompeo und andere Top-Behördenleiter ‚waren völlig von der Realität losgelöst, weil ihnen Vault 7 so peinlich war‘, sagte ein ehemaliger Trump-Beamter für nationale Sicherheit. ‚Sie haben Blut gesehen.‘“
Die Wikileaks-Veröffentlichung sei das „Äquivalent eines digitalen Pearl Harbor“ gewesen, gab CIA-Mitarbeiter Sean Roche zu Protokoll. (Pearl Harbor bezieht sich auf ein Kriegsereignis im Jahr 1941, als der Gegner Japan die US-amerikanische Flotte vernichtend schlug.) Die CIA sei nach der „Vault 7“-Veröffentlichung in Sachen Hacking faktisch kaum mehr handlungsfähig gewesen. Die internen Sicherheitsprobleme des Geheimdienstes, die eine Veröffentlichung wie „Vault 7“ erst möglich machten, sind in einem Bericht analysiert, der später durch den US-Senator Ron Wyden publiziert wurde.
Die Wut der CIA auf WikiLeaks führte dazu, dass Pompeo die Gruppe 2017 öffentlich als „nichtstaatlichen feindlichen Geheimdienst“ bezeichnete. Das war nicht nur eine Beschimpfung, sondern ermöglichte der CIA, WikiLeaks wie einen feindlichen Geheimdienst zu behandeln und ihr ganzes Spionage- und Überwachungsarsenal auszupacken: Alle Bewegungen, die Kommunikation, Abhören und Video-Überwachung der wichtigen Wikileaks-Mitarbeiter und Julian Assanges wurden eingesetzt.
Yahoo News hat mit mehr als 30 ehemaligen US-Beamten in dieser Sache gesprochen. Acht davon lieferten Details zu den Plänen der CIA gegen Assange. Der Krieg der US-Regierung gegen Assange war eine von Mike Pompeo, dem neuen Direktor, angeführte Kampagne. Er hielt sich weder an Recht und Gesetz und scheute sich auch nicht davor, für seinen Rachefeldzug die echte und rechtmäßige Ermittlungsarbeit des Justizministeriums gegen Assange zunichte zu machen und durch seine Spionageaktivitäten in der Botschaft Ecuadors das Verhältnis zwischen USA und Großbritannien sowie mit Ecuador zu beschädigen.
„Es gibt keinen Hinweis darauf, dass die extremsten Maßnahmen gegen Assange jemals genehmigt wurden, teilweise aufgrund von Einwänden von Anwälten des Weißen Hauses, aber die WikiLeaks-Vorschläge der Agentur beunruhigten einige Verwaltungsbeamte so sehr, dass sie sich im Stillen an Mitarbeiter und Mitglieder des Kongresses im Repräsentantenhaus wandten und Geheimdienstausschüsse des Senats, um sie auf die Vorschläge von Pompeo aufmerksam zu machen. ‚Es gab ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Geheimdienstaufsicht, die durch diese Eskapade geäußert wurden‘, sagte ein nationaler Sicherheitsbeamter von Trump.“
Das Justizministerium muss informiert worden sein, und um ihre eigene Strafverfolgung nicht gefährden zu lassen, klemmt man sich im DOJ (Department of Justice) hinter die Sache. Man stellte die Anklage gegen Assange fertig und hofft, ihn in die USA ausgeliefert zu bekommen.
Zwischenzeitlich gab es helle Aufregung bei der CIA: Ein paar alarmierende Berichte schienen darauf hinzuweisen, dass russische Geheimdienstler Julian Assange aus dem Vereinten Königreich herausschmuggeln und nach Moskau holen wollen. Ganz unwahrscheinlich war das offensichtlich nicht. Denn gleichzeitig gab es wohl wahrnehmbare Bemühungen ecuadorianischer Beamter, Julian Assange einen diplomatischen Status zu verleihen, der es ihm ermöglicht hätte, die Botschaft offiziell und unangefochten zu verlassen, um Ecuador in seiner Moskauer Botschaft zu unterstützen.
Sofort begann ein Krieg in London: Die CIA und das Weiße Haus bereiteten eine Reihe an Szenarien vor, um diese Pläne zu vereiteln:
Dazu gehörten potenzielle Feuergefechte mit Kreml-Agenten auf den Straßen Londons, der Zusammenstoß eines Autos mit einem russischen Diplomatenfahrzeug, das Assange transportierte und ihn dann packte, und das Abschießen der Reifen eines russischen Flugzeugs mit Assange, bevor es nach Moskau starten konnte. (US-Beamte baten ihre britischen Kollegen, die Schießerei durchzuführen, wenn Schüsse erforderlich waren, und die Briten stimmten zu, so ein ehemaliger hochrangiger Verwaltungsbeamter.) (…) Die Intrige um eine mögliche Flucht von Assange löste ein wildes Gerangel zwischen rivalisierenden Spionagediensten in London aus. Amerikanische, britische und russische Behörden stationierten unter anderem Undercover-Agenten rund um die ecuadorianische Botschaft. Im Fall der Russen sollte es einen Ausbruch ermöglichen. Für die USA und alliierte Dienste sollte eine solche Flucht verhindert werden. “Es war mehr als komisch”, sagte der ehemalige hochrangige Beamte. „Es ging so weit, dass jeder Mensch im Umkreis von drei Blocks für einen der Geheimdienste arbeitete – egal ob Straßenkehrer, Polizist oder Wachmann.“
Interessanterweise waren all diese Befreiungspläne für Herrn Assange plötzlich Makulatur, als eine neue Regierung in Ecuador an die Macht kam. Plötzlich erteilte Ecuador der Londoner Polizei im April 2019 die Erlaubnis, Julian Assange in der Botschaft zu verhaften und herauszuschleppen. Diese Bilder haben wir noch klar vor Augen.
Noch sitzt Assange in einem britischen Gefängnis. Noch ist nicht entschieden, ob Assange in die USA ausgeliefert werden wird. Die Hauptverhandlung vor Gericht darüber findet am 27. und 28. Oktober statt. Die umfangreiche Recherche und der Bericht könnte Julian Assange davor bewahren, in die USA ausgeliefert zu werden. Denn hieraus wird ersichtlich, dass es den internationalen Bestimmungen des Menschenrechtes zuwiderläuft, wenn er in ein Land überstellt wird, das Mordpläne gegen ihn hegt. Eigentlich müsste das Vereinigte Königreich ihm Asyl gewähren.
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