Die rassistische, »magisch arbeitende« Solar Lodge wurde in den sechziger Jahren in Südkalifornien von Georgina (Jean) Brayton – sie fungierte als Oberste Priesterin – und ihrem Mann Richard gegründet.(20)
In ihrem Umfeld soll sich auch Charles Manson bewegt haben, der sich als gelehriger Adept erweisen sollte. Einen definitiven Beweis dafür gibt es jedoch nicht. Ein weiteres prominentes Mitglied der Solar Lodge war der Art-Director des Films Easy Rider, Jerry Kay. Aber darauf komme ich noch zu sprechen …
Wie in einem Lehrbuch der Psychopathologie kann man anhand der gut dokumentierten Geschichte dieser Satanisten-Gruppe studieren, wie die Persönlichkeit vieler ihrer Anhänger mit Hilfe von Drogen, Gehirnwäsche, Zufügen von Schmerz, sowie durch regelmäßig stattfindende grausame Riten zerstört und nach den Vorstelllungen der Solar Lodge wieder neu aufgebaut wurde.
So veranstalteten Jean und Richard Brayton unter anderem magisch-religiöse Treffen, die darauf abzielten, »Hass-Vibrationen« zu erzeugen und diese in Watt-Maßeinheiten »auszustrahlen«. Sinn der Übung war es, auf diesem Weg Rassen-Unruhen – beispielsweise in einem Ghetto – auszulösen.
Die Braytons glaubten nämlich (wie später auch Manson), ein Krieg zwischen den Weißen und den Schwarzen stehe unmittelbar bevor. Vor diesem Hintergrund wollten sie und ihre Anhänger einen »Negeraufstand«, wie es damals hieß, provozieren und so das anschließende »Endgericht« heraufbeschwören.
Die Oberpriesterin Jean Brayton war von Aleister Crowley fasziniert. Der Ideengehalt seiner Schriften fand auch Eingang in die »Philosophie« der Solar Lodge.
Mitglieder auf den beiden untersten Initiationsstufen, den sogenannten »Minerva-Stufen«, mussten Blut trinken.
In den oberen Graden wurden Katzen, Hunde und Hühner geopfert und mit dem Lebenssaft der toten Tiere sexualmagische Riten vollzogen. Zum Beispiel gossen die Neo-Satanisten Tierblut über kopulierende Paare, die sich zudem mittels Drogen in Rauschzustände versetzten – Crowley ließ grüßen.
Jean Brayton war dafür bekannt, dass sie »alles schluckte, was ihr zwischen die Finger kam«. Nach Aussagen ehemaliger Anhänger der Sekte zog man Marihuana, Demerol, Scopolamin, gewöhnlicher Stechapfel, Äther, Belladonna und LSD zur Bewusstseinsmanipulation heran.
»Umprogrammiert« wurden die Mitglieder, während sie sich auf dem Drogen-Trip befanden. Dabei offenbarte intime Details aus dem Berufs- und Privatleben konnten später von den Sektengründern zu Erpressungen ausgenutzt werden.
Es gab indes Initiationsriten, derweil man die Adepten zur völligen sexuellen Enthaltsamkeit zwang. »Eine Grausamkeit, die darauf hinzielte, sie zu verwirren, zu frustrieren und den Absichten ihrer Meisterin gefügig zu machen«. (21) Bekannt ist auch der Fall einer schwangeren Frau, der Jean Brayton befahl, ihr Kind zu hassen und es nach der Geburt der Sekte zu überlassen.
Die Kinder der Anhänger wurden nach Angaben eines Ex-Mitglieds von ihren Eltern getrennt und erhielten eine »spezielle Ausbildung«, die sehr streng war. Es gab viel Schläge und sie wurden in dunkle Räume eingeschlossen.
Manchmal wurden die Ordenseltern angewiesen, ihre eigenen Kinder zu schlagen. (22)
1969 gab ein Ex-Mitglied der Solar Lodge bei einer Befragung durch die Polizei an, dass Brayton bei den Anhängern Gedankenkontrolle praktiziere.
Einem Anhänger wurde befohlen, seine sexuellen Wünsche einzudämmen. Jedes Mal, wenn der Mann erregt wurde, sollte er sich in die Handgelenke schneiden. (23)
Am 10. Juni 1969 passierte dem sechsjährigen Anthony Gibbons, der bei der Solar Lodge aufwuchs, ein großes Missgeschick. Beim Hantieren mit Streichhölzern zündete er versehentlich das Anwesen der Gruppe an.
Das Hauptgebäude der Ranch brannte nieder, mehrere Tiere kamen dabei um. Ein Raub der Flammen wurden auch seltene Reliquien, wertvolle okkulte Bücher und einige Originalmanuskripte Crowleys.
Die Oberpriesterin ließ dem Kind zur Strafe die Handflächen ansengen und sperrte es in einen hölzernen Verschlag ein. Nur eine Matratze zum Schlafen und ein Eimer für die Exkremente statteten das Gefängnis aus.
Angekettet an eine im Boden verankerte Eisenplatte, bei Temperaturen von bis zu 45 Grad, vegetierte der Junge 56 Tage lang vor sich hin (später sprachen einige davon, es wären nur zehn Stunden gewesen).
Wie auch immer: Luft und Licht drangen nur durch einen schmalen Schlitz in die Holzkiste. Zuvor war der Junge noch von den erwachsenen Mitgliedern mit Bambusstöcken geschlagen worden. Eines von ihnen machte sogar den Vorschlag, den Sechsjährigen zu töten, was dann aber als »nicht notwendig« erachtet wurde. (24)
Das alles hat sehr viel mit rituellem Missbrauch zu tun!
Schließlich entdeckte ein Pferdehändler, der mit der Gruppe Geschäfte machen wollte, den kleinen Anthony und verständigte die Polizei.
Die Beamten erließen Haftbefehl gegen die Anhänger der Solar Lodge. Der Junge kam in ein Pflegeheim.
Jean Brayton gelang es unterzutauchen. Die Oberste Priesterin sollte sich in Mexiko aufhalten, wie es damals hieß.
Zwischen elf und dreizehn Mitglieder der Sekte – die Zahlenangaben der Quellen gehen da auseinander – wurden vor Gericht gestellt und wegen Kindesmisshandlung verurteilt (zu drei oder sechs Monaten Gefängnis, während andere aus der Haft frei kamen). Selbst die Washington Post berichtete am 31. Oktober 1969 darüber (»Boy Tells Of Chaining by cultists«) (25)
Brayton und ihr Ehemann versuchten einer strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen, flohen achtzehn Monate durch Mexiko und Kanada und führten eine Kampagne durch, in der sie behaupteten, dass es eine Verschwörung von Strafverfolgungsbeamten und Gerichten gegen sie geben würde. Letztlich wurden sie doch noch verhaftet.
Die Anklage gegen Richard Brayton wurde jedoch Mangels an Beweisen fallengelassen. Jean Brayton hingegen wurde wegen Kindesmissbrauchs zu einer dreijährigen Bewährungsstrafe und einer Geldstrafe von 500 Dollar verurteilt. Sie soll sich schuldig bekannt haben. (26)
Die Solar Lodge galt als »eine der neuen Untergruppen des O.T.O.« (27) Sie wurde auch Solar Lodge of the O.T.O. genannt. Zwar bezeichneten andere Gruppierungen sie als irregulär, aber es ist für die satanistische Szene durchaus bezeichnend, dass ehemals Verbündete sich sofort voneinander distanzieren, wenn eine Gruppe in Schwierigkeiten gerät oder gar Verbrechen an die Öffentlichkeit dringen.
1972 benannte sich die Solar Lodge neu als Velle Transcendental Research Association, Inc., eine »wahre, universelle Bruderschaft«, die der Freimaurerei huldigte, wie es hieß. (28)
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Quellen:
(20) Siehe dazu auch: Guido Grandt/Michael Grandt: Schwarzbuch Satanismus – Innenansicht eines religiösen Wahnsystems, Augsburg 1995, S. 173 – 175
(21) Horst Knaut: Das Testament des Bösen – Kulte, Morde, Schwarze Messen – Heimliches und Unheimliches aus dem Untergrund, Stuttgart 1979, S. 95
(22) Vgl. „Geschichte der Solar Lodge des OTO ‚Charles Manson und des Okkultismus“, S. 6 von Peter-Robert Koenig (1999/2011) http://www.parareligion.ch/sunrise/manson.htm (Zugriff: 08.10.20)
(23) Vgl. „Geschichte der Solar Lodge des OTO ‚Charles Manson und des Okkultismus“, S. 6 von Peter-Robert Koenig (1999/2011) http://www.parareligion.ch/sunrise/manson.htm (Zugriff: 08.10.20)
(24) Vgl. „Geschichte der Solar Lodge des OTO ‚Charles Manson und des Okkultismus“, S. 9 von Peter-Robert Koenig (1999/2011) http://www.parareligion.ch/sunrise/manson.htm (Zugriff: 08.10.20)
(25) Vgl. „Geschichte der Solar Lodge des OTO ‚Charles Manson und des Okkultismus“, S. 5 von Peter-Robert Koenig (1999/2011) http://www.parareligion.ch/sunrise/manson.htm (Zugriff: 08.10.20)
(26) Vgl. dazu auch: Frater Shiva: Inside Solar Lodge – Außerhalb des Gesetzes, Teitan Press, York Beach 2007 und sehr ausführlich: „Geschichte der Solar Lodge des OTO ‚Charles Manson und des Okkultismus“ von Peter-Robert Koenig (1999/2011) http://www.parareligion.ch/sunrise/manson.htm (Zugriff: 08.10.20)///“Six-year-od oy held prisoner in packing crate“ in: The Bulletin . UPI . July 29, 1969. p. 7.///Memorandum to Director of the FBI, dated 15 August 1969 from the Special Agent In Charge of the Los Angeles FBI regarding the request of the Riverside County District Attorney’s Office for Unlawful Flight to Avoid Prosecution assistance.
(27) Friedrich-Wilhelm Haack: Von Gott und der Welt verlassen, Düsseldorf, Wien, 1974, S. 199
(28) „Geschichte der Solar Lodge des OTO ‚Charles Manson und des Okkultismus“, S. 15 von Peter-Robert Koenig (1999/2011) http://www.parareligion.ch/sunrise/manson.htm (Zugriff: 08.10.20)
Guido Grandt — Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors www.guidograndt.de