Der Staat scheint wirklich mächtig Angst vor einem einzelnen Mann zu haben. Nachdem Michael Ballweg immer noch in Haft sitzt – und das trotz schwer haltbarer, bzw. bereits offiziell wieder eingesammelter Tatvorwürfe – und eindeutiger Verletzung grundlegender Regeln durch den Richter im Haftprüfungstermin, starteten Unterstützer nun eine neue Aktion, um darauf aufmerksam zu machen, dass diese nun schon mehr als ein halbes Jahr währende Untersuchungshaft einfach überzogen und unangemessen ist. Es sollte eine Kunstplakataktion (siehe Titelbild) werden. Dann bekam der Plakatkünstler und Journalist Björn Gschwendtner einen sehr merkwürdigen Anruf.
Der Anrufer gab sich als Mitarbeiter des Staatsschutzes/Verfassungsschutzes aus und redete auf Gschwendtner ein — scheinbar wohlwollend — und warnte ihn, er werde „ins offene Messer laufen“, wenn er die Plakate dennoch anklebt. Auf seiner Webseite https://freeballweg.de/ berichtet der Künstler, dass er den Anruf als Einschüchterung sieht, denn der nette Herr vom Staatsschutz Baden-Württemberg drohte ihm unverhohlen damit, dass er bei Zuwiderhandlung wegen einer „politischen Straftat“ verfolgt werden würde. Und dass die Plakataktion „Free Ballweg“ (in Anlehnung an „Free Assange!“) schon seit ihrem ersten Tag unter Beobachtung gestanden habe. Dass der Anruf vom Baden-Württembergischen Verfassungsschutz kam, konnte durch Nachverfolgung der Telefonnummer belegt werden.
Allein das ist ja schon eine ziemlich erschreckende Sache. Zum Ersten, dass ein Verfassungsschutz in einer sich als demokratischer Rechtsstaat gerierenden Bundesrepublik dazu hergibt, am Telefon Leute einzuschüchtern, die ein Satireplakat ankleben wollen, das die zweifelsohne höchst fragwürdigen Praktiken der Stuttgarter Richter anprangert. Zum Zweiten, dass diese Behörde zu blöd ist, ihre Telefonnummern dann wenigstens zu maskieren. Unfassbar in dieser Kombination. Drittens liegt offenbar die Vermutung nahe, dass, wie eine Zeitung zu dem Vorgang schreibt, die „in Szenekreisen als rechtsorientiert bekannten Stuttgarter Richter ihren Einfluss auf den Baden-Württembergischen Staatsschutz geltend gemacht“ haben. Also im Klartext: Es riecht anscheinend nach Kungelei und Verschwörung.
Neun Plakatflächen hatte der Künstler über eine Crowdfunding-Aktion mit 200 Unterstützern anmieten können, sowie den Druck der Plakate finanziert. Das Geld war innerhalb von zwei Wochen zusammengekommen. Zuvor wurde der Anbieter der Plakatfläche befragt, ob er Probleme sehe, diese satirische Karikatur zu plakatieren. Eine rechtliche Einschätzung wurde eingeholt – und die sah keine juristischen Probleme. Wäre es hart auf hart gekommen, hätte auch der Staatsschutz möglicherweise nichts machen können, weil es wahrscheinlich eben gar keine Straftat ist. Verständlich, dass die Stuttgarter Richterschaft nicht begeistert gewesen wäre, direkt vom Amtsgericht aus auf eines der Plakate zu schauen. Zwei von den neun Plakaten hätten im U‑Bahnhof Berlin hängen sollen.
Aber das hat sich erledigt, denn der Anbieter der Plakatflächen lehnte dann die Anbringung doch ab – trotz der Unbedenklichkeitseinschätzung der Juristen. So weit sind wir jetzt schon. Oder auch „noch“, denn der Volkszorn gärt schon gewaltig. Der unten abgebildete Zeitungsartikel sinniert ein wenig darüber nach, ob denn vielleicht der Staatsschutz auch einen hilfreichen Anruf beim Plakat-Unternehmen gemacht haben könnte, was man aber nicht beweisen konnte. Natürlich nicht. Aber die Aktion war erfolgreich. Ein, vielleicht zwei kurze Anrufe, die ja nur gut gemeint waren, und die Plakataktion war vom Tisch. Keine mühsame Ermittlungs- und Verhaftungsarbeit, kein Risiko für die Kollegen von der Justiz, alles kann so weiterlaufen, wie geplant.
Michael Ballweg befindet sich seit bald acht Monaten in Haft. Seit dem 29. Juni sitzt er ein in der JVA Stuttgart. Der gewerbsmäßige Betrug, den man ihm vorwirft, ist auf einen jämmerlichen Restbestand eines „untauglichen Versuchs“ zusammengeschrumpft, und auch das war es nicht. Dennoch lässt man ihn in Haft.
„Durch das Verfahren wird deutlich, dass man Ballweg so lange wie möglich ‚schmoren‘ lassen will, um ihn weich zu kochen. Niemand soll es wagen, eine Oppositionsbewegung aufzubauen. An Ballweg soll ein Exempel statuiert werden“, schreibt die Seite „Free Ballweg“. Das scheint aber keineswegs zu gelingen.
Welche Plakatflächen gebucht wurden, findet man auf der Webseite https://freeballweg.de/.
Die Aktion sollte das festgefahrene Duell zwischen Michael Ballwegs Anwaltsteam und der Stuttgarter Richterschaft aufbrechen. Die Öffentlichkeit bekam kaum noch etwas von dem Verfahren mit, die Presse versuchte – wenig überraschend — das Ganze totzuschweigen. Nur in den alternativen Medien wurde berichtet. Und so schrieb die Crowdfundig-Seite:
„In den einzelnen Filterblasen und in den eigenen Kanälen bringt es nichts, über die Behandlung von Michael Ballweg zu wettern. Wir müssen die Botschaft auf die Straße bringen, damit die Forderung nach Recht und Gesetz für Michael Ballweg die Köpfe der Menschen außerhalb der Filterblase erreichen kann. Dazu dient diese Plakat-Kunst-Aktion!
Ziel ist es, das Motiv an so vielen Orten rund um das verantwortliche Amtsgericht in Stuttgart plakatieren zu lassen, damit neben den Bürgern auch die Mitarbeiter des Amtsgerichts auf ihrem Arbeitsweg in den Genuss des Kunstwerkes kommen können.
Zur Verwirklichung werden hierzu Spenden gesammelt. Ist der Countdown, der bis Montag, den 6.2.2023 9:00 Uhr früh läuft, abgelaufen, werden am Folgetag so viele Plakate wie möglich gemietet. Einen garantierten Ort und Zeitpunkt der Plakatierung kann man leider nicht nennen. Es wird sich bemüht, Plakatflächen so zeitnah und ortsnah wie möglich zu buchen.“
Nun werden die Aktivisten die Crowdfundinggelder wieder an die Spender zurücküberweisen. Das wird aber nicht das Ende sein in den Bemühungen, Michael Ballweg aus der Zelle zu holen. Wie schon auf der Seite zitiert, bringen sich die Richterschaft und jetzt auch der Staatsschutz immer mehr in Verruf und manövrieren sich immer weiter in trübe Gewässer:
„Du kannst Sie nicht dazu bringen, richtig zu handeln,
aber Du kannst Sie dazu bringen, noch falscher zu handeln
und damit ihr wahres Gesicht zu zeigen.“
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