Zur Zeit bekommt man fast jeden Tag eine Mail mit der Aufforderung, doch an einer Umfrage teilzunehmen, in vielen Artikeln werden sie als Insert eingeschoben: Was man von der Panzerlieferung für die Ukraine hält, ob man fürchtet, dass Deutschland in den Krieg hineingezogen werden könnte, ob man auch für eine Lieferung von Kampfjets wäre – und ob man bereit wäre, in den Krieg zu ziehen, wenn es denn erforderlich wäre. Doch die Bereitschaft dazu ist ziemlich mau. Wen wundert es?
Waren doch die meisten von uns groß geworden mit dem Gedanken und der Überzeugung, dass es nie wieder Krieg geben darf, insbesondere nicht von und auf deutschem Boden. Und dann auch noch gegen Russland?!? Das kann doch nicht wahr sein.
Aber es gibt wohl noch mehr Deutsche, die sich das nicht vorstellen wollen und können. Wenn also die BILD berichtet, dass „Im Kriegsfall wäre gut jeder zehnte Deutsche bereit, sein Land mit der Waffe zu verteidigen“, dann ist das nicht gerade ein Ausdruck großen Wehrwillens.
2000 Erwachsene bekamen in der Umfrage folgende Frage gestellt:
„Einmal angenommen, es würde sich ein militärischer Angriff auf Deutschland abzeichnen, vergleichbar mit dem im Februar 2022 begonnenen russischen Angriff auf die Ukraine. Was glauben Sie, würden Sie persönlich in einer solchen Situation am ehesten tun?“
Das klingt erstmal nach einer großen Bereitschaft, ist es aber nicht wirklich:
„Dies geht aus einer repräsentativen YouGov-Umfrage hervor. 5 Prozent würden sich demnach freiwillig melden, weitere 6 Prozent erwarten, dass sie im Kriegsfall einberufen und für die Landesverteidigung eingesetzt würden.“
Sechs Prozent wären also sowieso verpflichtet, ob sie wollen oder nicht. Und nur fünf Prozent würden freiwillig zur Waffe greifen. Ein ganzes Drittel, so schreibt die BILD, will trotz Krieg und Schlachten ihr Leben einfach weiterführen, wenn es irgendwie geht. Ein Viertel würde schnellstmöglich Deutschland verlassen und sich in Sicherheit bringen. Besonders die jungen Leute. Was kein Wunder ist, denn es ist einfacher, im Ausland ein neues Leben zu beginnen, wenn man noch keine gefestigte Existenz aufgebaut hat, vielleicht noch ungebunden und ohne Familie ist.
Was aber wirklich verblüfft, ist, dass die Bereitschaft in den Krieg zu ziehen und zu töten (auch zu sterben?) ausgerechnet unter den Wählern der ehemaligen Friedenspartei „die Grünen“ am größten ist. Man hat ja immer noch das alte Bild der Grünen im Hinterkopf, die Lila-Latzhosenträger mit langen Haaren, die in den Versammlungen Alpacawolle-Pullis stricken und „make love not war“-Aufkleber überall draufpappten. Wenn sie nicht gerade zu bekifft waren. Diese heutigen, rücksichtslos hantierenden Ahnungslosen ohne Sachkenntnis aber voller Selbstbewusstsein — und das knallhart und brutal, haben mit der damaligen Partei „die Grünen“ nichts mehr gemein.
Das erinnert an ein deutsches Filmdrama aus dem Jahr 2008, das von einem Geschehnis aus den USA inspiriert wurde. Dort fand 1967 in Kalifornien tatsächlich ein Sozialexperiment statt unter dem Namen „The Third Wave“. Der Geschichtslehrer Ron Jones behandelte im Unterricht die Zeit des Nationalsozialismus. Immer wieder wurde er mit Fragen der Schüler konfrontiert, wie es denn sein konnte, dass die Deutschen das alles mitgetragen hatten, dass sie nicht Widerstand gegen die Greuel, gegen die Diktatur, gegen all das Schreckliche Unrecht geleistet haben, sondern sogar mitgemacht haben. Ron Jones beschloss, seine Schüler die Faszination und die Manipulation faschistoider Strukturen selbst erfahren zu lassen.
Er hielt den jungen Leuten flammende Reden über Disziplin, schleifte sie durch Drill, Unterwerfung und Gehorsam, bläute ihnen Parolen ein, wie „Stärke durch Gemeinschaft“. Er führte eine neue Grußgeste ein, die eine Abwandlung des Hitlergrußes war, den „Gruß der Dritten Welle“. Dann stellte er den Schülern frei, das Experiment abzubrechen. Doch seine Anhänger waren nun vollkommen überzeugt und „brannten für die Sache“. Daraufhin ermächtigte Lehrer Jones, bestimmte, als vorbildlich angesehene Mitglieder, „oppositionelle Schüler“ und Regelverletzer zu melden, also zu denunzieren. Das ging dann soweit, dass Nichtmitglieder das Klassenzimmer nicht mehr betreten durften und Außenseiter massiv gemobbt wurden. Für die Mitglieder war es eine Ehre, ein Banner für die Bewegung zu kreieren. Den Befehl, Neuzugänge für die Gemeinschaft zu werben, erfüllten sie mit Begeisterung.
Dann wurde die Lektion „Stolz“ absolviert und den jungen Leuten erklärt, dass die Bewegung der Dritten Welle sich bereits in den ganzen USA verbreitet habe – und dass es jetzt darum gehe, einen Wechsel des gesamten „Systems“ herbeizuführen. Die Jugendlichen fühlten sich mehr und mehr berechtigt, auch brutal und gewalttätig aufzutreten und hielten sich für eine Art Elite, die die Welt zum Besseren umkrempelt. Was ihr auch kraft ihres „Vorbild-Seins“ zustand.
Aber auch auf Lehrer Jones verfehlte das Experiment seine Wirkung nicht. Er bemerkte selber, dass die Grenze zwischen seiner Rolle als Anführer und Diktator und es auch wirklich zu sein, immer mehr verschwamm. Er löste die ganze Sache am Ende auf, indem er bei einer feierlichen Veranstaltung, auf der das Programm der „Dritten Welle“ der Welt kundgetan werden sollte, auf einem großen Bildschirm fast deckungsgleiche Szenen des Reichsparteitags und der Dritten Welle abspielen ließ.
Was das besonders Erschreckende ist: Die ganze „Umerziehung“ zu dieser rücksichtslosen, fanatischen Ergebenheit für eine „ganz große Sache“ funktionierte innerhalb von 5 Tagen!
Elemente davon sehen wir nun bei den Mitgliedern der ehemaligen Friedenspartei, die so von ihrem Sendungsbewusstsein durchdrungen sind, dass nur sie verstehen, was getan werden muss, um die Erde vor dem Klimatod zu retten und wenn das Armut, Hunger und Kältetod für alle bedeutet. Sie würden tatsächlich Waffen in die Hand nehmen, um die Ukraine gegen den „bösen Putin“ zu verteidigen. Viele von ihnen sind sogar bereit zu töten, ja, einen Atomkrieg zu riskieren, der zur völligen Vernichtung Europas und der ganzen Natur führen könnte – während sie gleichzeitig hysterisch werden, wenn wenigstens die drei letzten Atomkraftwerke in Deutschland noch weiterlaufen müssen, um einen Zusammenbruch des Stromnetzes mit unabsehbaren Folgen zu verhindern. Wofür eigentlich? Bei einem Krieg gibt es keine Gewinner. Nur Verlierer. Auch die USA.
Dass die Mehrheit der Deutschen versuchen würde, mittels Augen zu, den Kopf einziehen und einfach weiter zu leben, so gut es geht, ist noch nicht einmal das dümmste Überlebenskonzept. Natürlich wäre das einzig Richtige ein entschlossener, landesweiter, friedlicher Protest gegen die Kriegstreiberei. Es ist jedenfalls besser, als einfach irgendwo sonsthin auszuwandern. In solchen unruhigen Zeiten würden die deutschen Expats erfahren müssen, dass man andernorts überhaupt nicht so freundlich alle möglichen Flüchtlinge ins Land lässt und durchfüttert, wie wir das hier in Deutschland tun. Wer glaubt, in Spanien oder Norwegen, Italien oder Ungarn mit Teddybären und vor Wonne kreischenden Mädels willkommen geheißen zu werden, wie die Migranten hier, der wird sein blaues Wunder erleben.
Immerhin ist es beruhigend, dass die allermeisten Deutschen nichts von Krieg halten. Ein Sieg gegen Russland ist sowieso nach Dafürhalten selbst amerikanischer und deutscher hochrangiger Militärs illusorisch.
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