Seit dem Sommer 2022 wird Michael Ballweg in Untersuchungshaft gehalten, bei den Haftprüfungsterminen wird ihm sein rechtliches Gehör verweigert, der Vorwurf des Spendenbetrugs konnte nicht aufrechterhalten werden. Zuletzt stand hier nur noch ein „untauglicher Versuch“ im Raum. Die Ermittlungen sind offiziell eingestellt – und vor wenigen Tagen hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart dennoch Anklage vor der ersten Wirtschaftskammer wegen Betrugs und Geldwäsche gegen ihn erhoben. Sein Anwaltsteam schüttelt nur noch den Kopf.
Das Landgericht Stuttgart muss nun entscheiden, ob sie die Anklage noch zulassen. Das wird allerdings nur sehr selten zurückgewiesen. Die Hauptverhandlung wird wohl ziemlich sicher stattfinden, trotz der dünnen Argumentation. Ballwegs Anwalt Alexander Christ findet in einem Interview mit Alexander Wallasch deutliche Worte, um seine Verwunderung zum Ausdruck zu bringen:
„Zunächst einmal ist es so, dass wir jetzt eine Erzählung der Staatsanwaltschaft auf dem Tisch haben, die sich ein bisschen wie eine zurechtgebastelte Geschichte liest. Man hat im Grunde alte Vorwürfe, die eigentlich bereits widerlegt sind, in diese über einhundert Seiten reingenommen. Dann hat man neue Punkte aufgetischt, die so neu sind, dass sie bisher noch nicht mal Michael Ballweg hatte. Das sage ich gleich ein bisschen sarkastisch, weil, wenn das gemacht wird, muss man sagen, dass ist rechtlich gar nicht zulässig: Der Betroffene muss vor Erhebung der Anklage Gelegenheit bekommen, sich zu diesen Punkten mindestens einmal zu äußern. Und wenn da ganz neue Vorwürfe drin sind, das werden wir in den nächsten Tagen noch einmal verifizieren, dann wären die schon einmal nicht in Ordnung. Wie schon gesagt: Es liest sich auf den ersten Blick wie eine Räuberpistole. Ich komme da nach erstem Lesen zu dem Schluss, die Staatsanwaltschaft hat sich ihre eigene Welt zusammengeschrieben. Davon wird wenig haltbar sein.“
Nach einem Dreivierteljahr Untersuchungshaft im Gefängnis kommt jetzt endlich die Anklageschrift. Der ganze Riesenpopanz wurde künstlich aufgeblasen, die Behörden taten ihr Bestes, um Beweise für einen Vorsatz des Missbrauchs oder Betruges im Zusammenhang mit den Spendengeldern zu finden bis hin zu Bemühungen, Spender als Zeugen gegen ihn zu mobilisieren und zu belastenden Aussagen zu bewegen. Vergeblich. Dann unterstellte man ihm, er habe mit den Spendengeldern fliehen wollen, aber auch dafür gibt es keine Beweise. Dennoch wedelt die Qualitätspresse (Spiegel) genüsslich mit einem Strauß inkriminierender Vokabeln, wie Fluchtgefahr, Täuschung, Geldwäsche, rechtswidrige Herkunft der finanziellen Zuwendungen, Verschleierung.
Dass dies alles auf sehr tönernen Füßen steht, ist auch den Staatsanwälten und Richtern in Stuttgart klar. Um Michael Ballweg auf Teufel komm raus einzukerkern, war man sich auch für rechtswidrige Vorgehensweisen seitens der Justiz nicht zu schade. Bei einem Haftprüfungstermin wurde Herrn Ballwegs Hauptentlastungszeuge gar nicht erst gehört und musste nach stundenlangem Warten unverrichteter Dinge wieder gehen. Noch schlimmer: Die Anhörung des Beschuldigten Ballweg wurde abgebrochen und entscheidende Dokumente der Verteidigung konnten dem Gericht nicht vorgelegt werden. Ein Richter MUSS den Einlassungen des Beschuldigten zuhören, in voller Länge und ohne ihm dazwischen zu reden. Damit war einer der rechtsstaatlichen Grundsätze verletzt worden:
„Rechtsanwalt Ralf Ludwig sagte nach dem Termin: ‚Nunmehr sind nach Auffassung der Verteidigung die rechtsstaatlichen Masken gefallen. Wegen dieser Verweigerung, rechtliches Gehör zu gewähren, wird Michael Ballweg weiterhin ohne Urteil seiner Freiheit beraubt.‘ ‚Einer der tragenden Grundsätze eines Rechtsstaates ist es, einem Beschuldigten ein faires Verfahren zu garantieren‘, so die Anwälte. ‚Hierzu gehört ganz zentral die Gewährung des rechtlichen Gehörs. Dieses soll in der Praxis bewirken, dass Beschuldigte selbst alle sie entlastenden Tatsachen und Beweise vortragen dürfen, ohne hierbei vom Gericht unterbrochen oder gar vollständig gehindert zu werden.‘“
Gab es eine Reaktion auf diese unerhörte Missachtung rechtsstaatlicher Grundsätze? Ja, schon. Keine Stellungnahme, keine Richtigstellung, Keine Erklärung, kein neuer Termin, sondern das Stuttgarter Amtsgericht tauschte einfach den Haftrichter aus. Der war nun zwar offenbar zu weit gegangen und die Sache wurde peinlich.
Die ganze Sache macht mehr und mehr den Eindruck, als wolle die Stuttgarter Staatsanwaltschaft Michael Ballweg einfach nur „am Zeug flicken“, wie seine Anwälte sagen. Denn jetzt steht plötzlich der Vorwurf von 500.000 € Steuerhinterziehung im Raum. Entgegen ersten Pressemeldungen ist der Geldwäschevorwurf eben doch nicht ganz vom Tisch. Es sind jetzt zwar nur vier Namen und damit vier Fälle – aber, unter’m Strich enthält die Anklageschrift nichts wirklich Neues, „außer dass die Staatsanwaltschaft halt eine eigene Story schreibt, die weitgehend zusammengeflickt und erfunden scheint. Das zeigt uns, dass sie eigentlich nichts Neues gefunden haben. Und das bisschen, was sie vorher hatten, ist noch weiter reduziert worden.“, kommentiert Rechtsanwalt Alexander Christ.
Sein Fazit: „Wir sind bei dem Vorwurf bei einem so minimalen Betrag, dafür sitzt man keinesfalls so lange in U‑Haft.“
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