Liebe Leser, liebe Freunde,
wie bereits von Jan van Helsing in unserem Interview beschrieben, befinde ich mich zurzeit in Japan, wo ich mehrere Treffen mit einheimischen Zen-Vertretern und Mönchen hatte. Im Stillen hatte ich gehofft, dass der Buddhismus hier besser gepflegt wird, als es mit dem Christentum und der Kirche in Deutschland der Fall ist, doch auch hier geht alles nur noch ums Geld. Die goldenen 70er-Jahre, die ich in meinem neuen Buch „Gefährliche Intelligenz“ so sehr lobte (in Japan waren es die 80er), sind auch in Japan vorbei. Der Idealismus wich dem Kapitalismus.
Ein Beispiel: Seit Jahren höre ich, die Mönche hier würden scharf kritisiert werden, weil sie sich nicht um die Nöte anderer kümmern und nichts Positives zur gesellschaftlichen Entwicklung beitragen. Nun sah ich selbst, wie das funktioniert:
Man muss zwei Jahre in einem Zen-Tempel mitarbeiten und erhält dann automatisch die Genehmigung, einen eigenen Tempel zu übernehmen, egal wo. Geistige Reife oder Kenntnisse von Buddhas Lehre spielen keine Rolle. In Japan stehen über 5.000 Tempel leer (ohne Abt u. Mönche, Leitung, Aufpasser), weil das Interesse am Zen-Buddhismus geschrumpft ist. Ein frisch gebackener Mönch hat somit ein leichtes Spiel, einen freien Tempel seiner Wahl zu übernehmen, wo er nur alle 4 bis 6 Wochen eine Beerdigungszeremonie abhalten muss, um gut davon leben zu können. Denn hinter dem Tempel befindet sich ein Friedhof. Die Zeremonie inkl. Mini-Grab kostet zw. 30.000 und 100.000 Euro! Das ist für die meisten Japaner so teuer, dass sie dafür Kredite aufnehmen oder ihr Haus verkaufen müssen. Der Tempel-Mönch sitzt also wie die Made im Speck.
Mönche in Japan heiraten, fahren teure Autos, trinken Sake und essen Fleisch. Der Gesellschaft sind diese Kuttenträger ein Dorn im Auge, aber es gibt keine Alternative zur Beerdigung, und so zahlen sie artig die hohen Summen. Das erinnert mich an die Machtstellung der Kirche in Europa vor 250 Jahren, als Priester Unsummen an Geld annahmen, um die Sünden der Gläubigen zu vergeben, ja sogar Mord wurde einem in der Beichte abgenommen, wenn man es sich finanziell leisten konnte.
Kurz, die Missstände, in Europa, die Jan und ich anprangern, sind anderswo nicht besser. Es geht global den Bach runter, wobei Deutschland dank sozialer Absicherungen besser dasteht als das Harakiri-Land Japan. Denn hier sind Selbstmorde wegen finanzieller Schwierigkeiten an der Tagesordnung. Laut Statistik des Gesundheitsministeriums ist die Sterbeursache Nr. 1 nicht Krebs, sondern Suizid.
Viele Japaner leben im Alter von 30 noch bei den Eltern, weil es für eine eigene Wohnung nicht reicht. Die Preise sind seit 4 Jahren explosionsartig gestiegen, nicht aber die Gehälter. Die Japaner leiden. Und man sieht es ihnen an. Gerne hätte ich etwas zur Verbesserung ihrer Lage beigetragen, doch gegen die Unlust und Trägheit der Mönche komme ich nicht an. Sie haben das System fest im Griff und wollen nichts ändern – ähnlich der Kirche im Westen.
Indes geht das grausame Abschlachten der Delphine in Japan weiter. An manchen Tagen sind die Buchten tief rot vor Blut. Das Inselvolk lädt sich ein schlechtes Karma auf, und wie das ausgehen wird, kann ich mir vorstellen. Fazit: Wer denkt, die Zen-Lehre (oder Reiki) wird im Ursprungsland gepflegt, der irrt. Materialistisches Denken zog überall ein und hat die guten alten Werte verdrängt. Noch vor 90 Jahren hätte man einen Besetzten (anhaftendes Fremdwesen) in einen Tempel gebracht, wo er davon befreit bzw. gelöst worden wäre. Heute schickt man ihn zum Psychiater, wo er mit Psychodrogen gegen Schizophrenie zugedröhnt wird. Asien ist eben nicht mehr Asien.
Kommerzielles und materialistisches Denken hat uns alle im Griff. Wir verlieren den Zugang zu uns selbst, werden manipulierbarer und kontrollierbarer. Wie man sich rettet, erkläre ich in „Gefährliche Intelligenz“, das demnächst auf Japanisch erscheinen wird. Ich glaube, ich verlasse vorher besser das Land …
Bis dann,
Manfred Krames
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