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Autismus: Warum sind doppelt so viele Jungen wie Mädchen betroffen?

Autismus gilt als Entwicklungsstörung.

Autismus wird unter F84.0 in der Inter­na­tional Clas­si­fi­cation of Diseases (ICD) geführt und in früh­kind­lichen oder aty­pi­schen Autismus bzw. das Asper­ger­syndrom unterschieden:

Früh­kind­licher Autismus wird als “tief grei­fende Ent­wick­lungs­störung” beschrieben, die durch eine abnorme oder beein­träch­tigte Ent­wicklung defi­niert ist, die sich vor dem dritten Lebensjahr mani­fes­tiert. Sie ist durch ein cha­rak­te­ris­ti­sches Muster abnormer Funk­tionen in der sozialen Inter­aktion, der Kom­mu­ni­kation und im ein­ge­schränkten ste­reotyp repe­ti­tiven Ver­halten gekenn­zeichnet. Neben diesen spe­zi­fi­schen dia­gnos­ti­schen Merk­malen zeigt sich häufig eine Vielzahl unspe­zi­fi­scher Pro­bleme, wie Phobien, Schlaf- und Ess­stö­rungen, Wut­aus­brüche und (auto­de­struktive) Aggression.

“Diese Störung … ist durch die­selbe Form qua­li­ta­tiver Abwei­chungen der wech­sel­sei­tigen sozialen Inter­ak­tionen, wie für den Autismus typisch, cha­rak­te­ri­siert, zusammen mit einem ein­ge­schränkten, ste­reo­typen, sich wie­der­ho­lenden Reper­toire von Inter­essen und Akti­vi­täten. Die Störung unter­scheidet sich vom Autismus in erster Linie durch feh­lende all­ge­meine Ent­wick­lungs­ver­zö­gerung bzw. den feh­lenden Ent­wick­lungs­rück­stand der Sprache und der kogni­tiven Ent­wicklung. Die Störung geht häufig mit einer auf­fal­lenden Unge­schick­lichkeit einher. Die Abwei­chungen ten­dieren stark dazu, bis in die Ado­leszenz und das Erwach­se­nen­alter zu per­sis­tieren. Gele­gentlich treten psy­cho­tische Epi­soden im frühen Erwach­se­nen­leben auf.”

Über die Ver­breitung beider Stö­rungen ist in Deutschland wenig bekannt. Fast niemand will wissen, wie weit ver­breitet Autismus in Deutschland ist, schon weil Autismus min­destens doppelt so viele Jungen, junge Männer wie Mädchen, junge Frauen betrifft (Man stelle sich vor, es wäre umge­kehrt!). Diese Ver­teilung ist aus dem inter­na­tio­nalen Kontext bekannt. Indes, in Deutschland, wie immer, wenn es um Jungen oder junge Männer geht, herrscht gäh­nende Leere in der wis­sen­schaft­lichen Erfor­schung von Prävalenz.

Mit einer Ausnahme.

Die Han­dels­kran­ken­kasse (hkk) hat im Sommer des letzten Jahres eine Aus­wertung unter den eigenen Ver­si­cherten ver­öf­fent­licht, aus der nicht nur her­vorgeht, dass Jungen/junge Männer unter denen, die mit Autismus dia­gnos­ti­ziert werden, min­destens doppelt so häufig zu finden sind (1,1% der männ­lichen Ver­si­cherten im Alter von 0 bis 24 Jahren und 0.5% der weib­lichen Ver­si­cherten im Alter von 0 bis 24 Jahren) wie Mädchen/junge Frauen, es zeigt sich auch ein erheb­licher Anstieg der Prä­valenz: Wurden 2013 0,4% der hkk Ver­si­cherten 0 bis 24jährigen gegen Autismus behandelt, so waren es 2022 bereits 0,8%.

Quelle: hkk

Damit ist jedoch erst der Anfang der Geschichte erzählt, denn für rund 54% der mit Autismus Dia­gnos­ti­zierten, bleibt es nicht bei der einen Dia­gnose, sie wird vielmehr von wei­teren “psy­chi­schen Stö­rungen”, im Wesent­lichen ADHS (33,1%) und Angst­ö­rungen (24,6%) ergänzt. Zwangs­läufig werden diese “Pati­enten” zum gefun­denen Fressen für die Phar­mafia, was sich darin nie­der­schlägt, dass der Einsatz von Psy­cho­pharmaka weit ver­breitet ist: 14,2% erhalten Ritalin oder ähn­lichen Junk, 6,7% werden mit Anti­psy­chotika gefüttert und 6,5% mit Anti­de­pressiva ruhig gestellt.

Ange­sichts der Tat­sache, dass es sich hier vor­nehmlich um junge Men­schen handelt, vor­nehmlich um Jungen und junge Männer, eine Behand­lungs­me­thode, die man nur mit Kopf­schütteln gou­tieren kann.

Und nun, am Ende dieses Bei­trags, der eine Reihe wei­terer Bei­träge ein­leitet, unsere Frage an die Leser:

Was glauben Sie: Wie ist die Ver­dop­pelung von Autismus-Dia­gnosen innerhalb von nur 10 Jahren zu erklären, und wie ist zu erklären, dass doppelt so viele Jungen wie Mädchen betroffen sind?

Zuerst erschienen bei ScienceFiles.org.