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Tem­po­limit mit wenig Effekt fürs Klima

Bemer­kens­werte Studie der BASt.

Es ist schon beängs­tigend, wie in den Medien und auch unter den Bürgern, die wohl selten Autobahn fahren (und davon habe ich im Bekann­ten­kreis einige), über Geschwin­dig­keits­be­gren­zungen auf Auto­bahnen dis­ku­tiert wird. Da ist von einer Auto-Lobby, von vielen Toten oder vom Kli­ma­schutz die Rede. ‚Los­ge­treten‘ wurde die Dis­kussion von der Deut­schen Umwelt­hilfe (DUH), die Umwelt­schutz zum Geschäfts­modell gemacht hat und von der selbst die ehe­malige BK Angela Merkel gesagt hat, dass man die Gemein­nüt­zigkeit dieser Orga­ni­sation kri­tisch prüfen wolle (Bun­des­tags­fra­ge­stunde am 12.12.2018). (von Klaus Ridder)

Abbildung: Staats­se­kretär Hartmut Höppner (BMVD) schreibt ein­leitend in der Studie: Die Frage nach der Ein­führung eines Tem­po­limits wird seit Jahren kon­trovers und ideo­lo­gisch dis­ku­tiert. Das BMVD möchte mit dieser Studie einen Beitrag zur Ver­sach­li­chung liefern.

Neue Studie der BASt

Als erster Bun­des­ver­kehrs­mi­nister hat Dr. Volker Wissing (par­teilos, früher FDP) eine Studie in Auftrag gegeben, die wis­sen­schaftlich erfasst, welches CO2-Ein­spa­rungs­po­tenzial ein gene­relles Tem­po­limit auf Auto­bahnen haben könnte. Im Sep­tember 2024 hat er hierzu die Bun­des­an­stalt für Straßen- und Ver­kehrs­wesen (BASt) beauf­tragt, die „Aus­wirkung einer gene­rellen zuläs­sigen Höchst­ge­schwin­digkeit von 130 km/h auf Auto­bahnen auf die CO2-Emis­sionen“ zu unter­suchen. Die Studie wurde im März 2025 vorgestellt.

1000 Dau­er­zähl­stellen

Metho­disch stützt sich die Studie ins­be­sondere auf die Aus­wertung von 1000 Dau­er­zähl­stellen auf deut­schen Auto­bahnen und damit auf einen ein­zig­ar­tigen Fundus realer Daten. Die Fahr­leis­tungs­an­teile auf Bun­des­au­to­bahnen in Abhän­gigkeit vom jeweils herr­schenden Tem­po­limit wurden mit diesen über 1000 Dau­er­zähl­stellen in hoher Daten­qua­lität ermittelt. Darüber hinaus sind die Dau­er­zähl­stellen sen­sor­tech­nisch in der Lage, detail­liert Geschwin­dig­keiten zu erfassen. Von 123 Dau­er­zähl­stellen wurden sys­te­ma­tisch Geschwin­dig­keiten aus­ge­wertet. Außerdem fußt die Unter­su­chung auf einer Reihe von Test­fahrten – vor allem auf der A7.

Geringe Ein­sparung bei 130 km/h

Sollte auf deut­schen Auto­bahnen ein gene­relles Tem­po­limit von 130 km/h ein­ge­führt werden, könnten auf diese Weise pro Jahr 1,3 bis 2 Mio. Tonnen CO2 ein­ge­spart werden – je nachdem, wie stark eine Geschwin­dig­keits­be­grenzung von Auto­fahrern tat­sächlich befolgt würde. Ent­scheidend für den Erfolg einer solchen Maß­nahme ist also nicht zuletzt, wie kon­se­quent ein Tem­po­limit kon­trol­liert wird und welche Sank­tionen bei Ver­stößen aus­ge­sprochen werden. Neben diesen beiden rea­lis­ti­schen Sze­narien wurde auch eine dritte Variante unter­sucht: Bis zu 4,2 Mio. Tonnen CO2 weniger pro Jahr wären möglich, falls Autos tech­nisch auf eine Höchst­ge­schwin­digkeit von 130 km/h begrenzt wären. Dieses hypo­the­tische Sze­nario wurde durch­ge­spielt, um einen Maxi­malwert zu ermitteln. Zum Ver­gleich: Die gesamten CO2-Emis­sionen auf deut­schen Auto­bahnen betrugen für Pkw und leichte Nutz­fahr­zeuge (als nicht für LKW!) im Jahr 2023 zusammen 38,7 Mio. Tonnen CO2.

Abbildung: Grafik der BASt über Mes­sungen auf einer Autobahn ohne Geschwin­dig­keits­be­grenzung. Die über­wie­gende Anzahl der Auto­bahn­be­nutzer fährt zwi­schen 110 und 140 km/h

Die Studie zeigt: Ein gene­relles Tem­po­limit könnte die CO2-Emis­sionen senken – aller­dings weniger aus­ge­prägt als von vielen Seiten behauptet. Ent­scheidend ist, dass Geschwin­dig­keits­be­schrän­kungen kon­se­quent kon­trol­liert und Ver­stöße wirksam geahndet werden. Bei der – letztlich poli­ti­schen – Ent­scheidung für oder gegen ein gene­relles Tem­po­limit auf deut­schen Auto­bahnen sind viele ver­schiedene Fak­toren zu bedenken. In der Studie wird hier von Kli­ma­schutz gesprochen, auch die Ver­kehrs­si­cherheit und der Ver­kehrs­fluss spielen eine bedeu­tende Rolle.

Elek­tro­fahr­zeuge – weitere Ent­wicklung abwarten

Eine wesent­liche Rolle, so die Studie, spielt die weitere Ent­wicklung der Elek­tro­fahr­zeuge. Je mehr E‑Autos es gibt, desto geringer würde über die Jahre hinweg das CO2-Ein­spa­rungs­po­tenzial durch ein gene­relles Tem­po­limit. Weiter führt die Studie aus, dass mit einem stei­genden Anteil an Elek­tro­fahr­zeugen grund­sätzlich in der Summe auch ein ver­än­dertes Fahr­ver­halten (Durch­schnitts­ge­schwin­dig­keiten, Fahr­dy­namik) zu erwarten ist, nicht nur bei den Elek­tro­fahr­zeugen, sondern in Folge des Misch­ver­kehrs auch bei Kraft­fahr­zeugen mit Verbrennungsmotoren.

Anmerkung dazu. Elek­tro­fahr­zeuge fahren lang­samer auf Auto­bahnen, weil sie dann weiter kommen mit einer ‚Bat­te­rie­füllung‘. Kri­tisch anzu­merken ist auch, dass an den Lade­säulen wohl über­wiegend fos­siler Strom ‚getankt‘ wird und insofern wohl kaum eine CO2-Ein­sparung erfolgt. Auch ist bei Elek­tro­fahr­zeugen die Her­stellung der Bat­terien sehr ener­gie­in­tensiv und auch hierfür wird selten Strom aus ‚alter­na­tiven‘ Energien verbraucht.

Kri­tische Zusam­men­fassung der Ergebnisse

Erfreulich aus meiner Sicht ist, dass mit einem Tem­po­limit keine wesent­lichen CO2-Ein­spa­rungen erreicht werden können. Hier ein beson­derer Dank an die BASt für die her­vor­ra­gende Forschung.

Bei allen Dis­kus­si­ons­bei­trägen sollten wir berück­sich­tigen, dass wir immer noch ein Indus­trieland sind und über­wiegend vom Export unserer Pre­mi­um­fahr­zeuge von BMW, Porsche, Mer­cedes und AUDI leben. Ein wich­tiges Ver­kaufs­ar­gument ist, dass wir in Deutschland keine Geschwin­dig­keits­be­grenzung haben und unsere Autos somit schnell sind. Die­je­nigen, die unsere großen und teuren Autos kaufen, legen Wert auf Leistung und Schnelligkeit.

Es gibt aber noch viele andere Argumente:

- deutsche Auto­bahnen sind sicher und bezogen auf die gefah­renen Kilo­meter haben wir dort die wenigsten Verkehrstoten,

- die Zahl der Ver­kehrs­toten ist von ursprünglich mal weit über 20.000/a auf etwa 3.000/a zurückgegangen,

- selten kann man die Autos mit hoher Leistung aus­fahren, weil es auf etwa 1/3 aller Auto­bahnen lokale Geschwin­dig­keits­be­gren­zungen gibt und auch viele Staus höhere Geschwin­dig­keiten nicht zulassen,

- die Ein­sparung von ’schäd­lichen‘ Abgasen ist minimal im Ver­gleich zu solchen, die durch Staus ver­ur­sacht werden,

- die BASt-Mes­sungen haben ergeben, dass die meisten Auto­bahn­fahrer zwi­schen 110 und 140 km/h fahren, auch wenn es kein Tem­po­limit gibt,

- nicht ein­be­zogen wurden in die Studie LKW.

Kri­tisch ist auch zu hin­ter­fragen, ob wir mit einem Anteil von nur 2% am welt­weiten CO2-Ausstoß das Klima beein­flussen können (China hat einen Anteil von 35%) ?

Abbildung: In den Nie­der­landen gab es zeitlich beschränkte Geschwin­dig­keits­be­schrän­kungen. Ab Mitte April 2025 darf wieder 130 km/h auf den meisten Auto­bahnen gefahren werden.

Resümee

Sind wir es nicht selbst, die dafür mit­ver­ant­wortlich sind, dass unsere Auto­bahnen immer voller werden, ver­ur­sacht durch unser Kauf­ver­halten im online-Handel, durch Anspruch auf fri­sches Gemüse über das ganze Jahr oder durch lange Urlaubsreisen?

Übrigens, ich fahre im Jahr fast 20.000 km, über­wiegend auf Auto­bahnen. Ich kann gut damit leben, dass einige Autos schneller fahren als ich!

Klaus Ridder, Siegburg

Quellen: BASt-Studie sowie Pres­se­mit­teilung des BMDV

Zuerst erschienen bei eike-klima-energie.eu.