Gefahr für Deutschland? Mücken können tro­pi­sches Chi­kun­gunya-Virus auch bei nied­rigen Tem­pe­ra­turen verbreiten

Neue im Hoch­si­cher­heits-Insek­tarium des Bernhard-Nocht-Instituts für Tro­pen­me­dizin (BNITM) und des DZIF durch­ge­führte Expe­ri­mente zeigen, dass sich in der Asia­ti­schen Tiger­mücke auch bei relativ milden Tem­pe­ra­turen von 18 Grad Celsius Chi­kun­gunya-Viren ver­mehren können. Somit ist eine Aus­breitung des Chi­kun­gunya-Virus auch in nicht-tro­pi­schen Regionen wie Deutschland denkbar, sollte die Tiger­mücke flä­chen­de­ckend hei­misch werden. 

Gewöhnlich benö­tigen tro­pische Krank­heits­er­reger, wie Zika‑, Dengue- oder auch West-Nil-Viren, sehr warme Tem­pe­ra­turen über mehrere Wochen, um sich in Stech­mücken ver­mehren zu können. „Diese Bedin­gungen von durch­schnittlich 25 bis 27 Grad finden wir hier in Deutschland in der Regel nicht vor. Somit werden Krank­heits­aus­brüche hier zu Lande doppelt kon­trol­liert: erstens über relativ niedrige Tem­pe­ra­turen und zweitens über das geringe Vor­kommen ent­spre­chender Über­träger wie der Asia­ti­schen Tiger­mücke Aedes alb­o­pictus“, erklärt Prof. Egbert Tannich, Leiter des Natio­nalen Refe­renz­zen­trums für Tro­pische Infek­ti­ons­er­reger am BNITM und Wis­sen­schaftler im DZIF.
Eine Aus­nahme bildet offenbar das Chi­kun­gunya-Virus: Behörden mel­deten bereits Aus­brüche in euro­päi­schen Ländern mit wesentlich nied­ri­geren Tem­pe­ra­turen als in den Tropen; so bei­spiels­weise in Italien (2007, 2017) und Frank­reich (2010, 2014, 2017). Daher führten BNITM-Wis­sen­schaft­le­rinnen Stech­mücken-Infek­ti­ons­expe­ri­mente bei unter­schied­lichen Tem­pe­ra­turen durch. In einem spe­zi­ellen Hoch­si­cher­heits­labor (BSL3-Insek­tarium) füt­terten sie Aedes alb­o­pictus-Stech­mücken aus Deutschland und Italien mit Chi­kun­gunya-Virus-hal­tigem Blut und setzten die Tiere anschließend für zwei Wochen in Kli­ma­kammern mit Durch­schnitts­tem­pe­ra­turen von 18, 21 oder 24 Grad.
„In Mücken aus der deut­schen Popu­lation konnte sich das Virus auch bei einer Tem­pe­ratur von 18 Grad sehr gut ver­mehren und nach zwei Wochen haben wir in über 50 Prozent der Tiere infek­tiöse Viren im Speichel nach­ge­wiesen“, fasst Tannich die Ver­suchs­er­geb­nisse zusammen. Im Gegensatz zu anderen tro­pi­schen Viren werde die Über­tragung des Chi­kun­gunya-Virus somit weniger durch die Außen­tem­pe­ratur, sondern vor allem durch das Vor­kommen der Über­trä­ger­mücke bestimmt.
„Aktuell ist die Gefahr einer Chi­kun­gunya-Virus Über­tragung auf den Men­schen in Deutschland als gering ein­zu­schätzen, da wir Tiger­mücken bislang nur lokal begrenzt und in geringer Zahl finden“, beruhigt Tannich. Zudem müsse die Stech­mücke erst einmal einen Men­schen stechen, der Chi­kun­gunya-Viren im Blut auf­weist, um selbst zum Über­träger werden zu können.
Tannich und Prof. Jonas Schmidt-Cha­nasit, Leiter der Arbeits­gruppe Arbo­vi­ro­logie am BNITM, emp­fehlen jedoch ein­dringlich, für alle euro­päi­schen Länder mit eta­blierten Aedes alb­o­pictus-Popu­la­tionen, ein ent­spre­chendes System für die Stech­mücken-Über­wa­chung und Bekämpfung ein­zu­richten. „Eine weitere Aus­breitung der Tiger­mücke können wir nur durch Reduktion oder Eli­mi­nation bestehender Mücken­po­pu­lation ver­hindern“, so Schmidt-Chanasit.


Quelle und weitere Infor­ma­tionen: BNITM-Pres­se­stelle