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Söder warnt vor Koope­ration mit AfD in Sachsen — Poli­tologe plä­diert für Minderheitsregierung

Der baye­rische Minis­ter­prä­sident und CSU-Chef Markus Söder hat seine Par­tei­freunde in Sachsen vor jeg­licher Form der Koope­ration mit der AfD gewarnt. “Es geht hier nicht um eine lokale, sondern um eine grund­le­gende Ent­scheidung für die Union und unsere Demo­kratie”, sagte Söder der “Welt am Sonntag”. Die AfD nehme seit einiger Zeit einen radi­kalen Weg.Wie es Extre­misten immer täten, posi­tio­niere Björn Höcke durch sub­versive Maß­nahmen überall in der AfD seine radi­kalen Leute. “Ich bin der festen Über­zeugung: Die AfD ist auf dem Weg zu einer neuen NPD”, so der CSU-Chef weiter. Den Thü­ringer AfD-Vor­sit­zenden Björn Höcke hält er für “radi­kaler als manchen ehe­ma­ligen NPD-Vor­sit­zenden. Die Leute, die sich um ihn grup­pieren ver­weigern im Baye­ri­schen Landtag sogar das Toten­ge­denken für Regie­rungs­prä­sident Lübke. Das zeigt das wahre Gesicht dieser AfD”, sagte Söder. Wer diese Partei wähle, müsse wissen: “AfD bedeutet am Ende eine anderes Land und ein anders poli­ti­sches System. Da sollte sich jeder fragen, ob er sich mit diesen Leuten ein­lassen will”, so der baye­rische Minis­ter­prä­sident weiter. Er fordert eine neue Qua­lität der För­derung der neuen Bun­des­länder: “Wir brauchen einen Mar­shall-Plan für struk­tur­schwache Regionen. Wir brauchen Son­der­wirt­schafts­re­gionen. Auf der ganzen Welt ist das üblich, aber wir trauen uns das nicht. In den neuen Bun­des­ländern könnten wir Regionen aus­weisen, in denen es steu­erlich besonders lukrativ ist, zu inves­tieren. Zum Bei­spiel im Grenzraum Bayern/Sachsen wünsche ich mir steu­er­liches Son­der­wirt­schafts­gebiet, in der dies­seits und jen­seits der Grenze ein moderner und inter­na­tio­naler Wirt­schafts­be­reich mit nied­rigen Unter­neh­mens­steu­er­sätzen”, sagte Söder der “Welt am Sonntag”.
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Poli­tologe Patzelt plä­diert für Min­der­heits­re­gierung in Sachsen
In der säch­si­schen CDU gibt es Über­le­gungen, nach der Land­tagswahl am 1. Sep­tember eine Min­der­heits­re­gierung zu bilden. “Eine Koalition mit AfD oder Linken kommt für die CDU nicht in Frage. Aber auch ein Bündnis mit den Grünen wäre schwierig”, sagte der Dresdner Poli­tik­wis­sen­schaftler Werner Patzelt der “Welt am Sonntag”.
Er würde deshalb “der CDU die Bildung einer Min­der­heits­re­gierung nach skan­di­na­vi­schem Vorbild eher emp­fehlen als eine Kenia-Koalition mit SPD und Grünen”. Diese Regierung werde sich dann, “je nach Thema, ihre Mehr­heiten im Par­lament suchen. Es geht mir aus­drücklich nicht um die Nach­ahmung des Mag­de­burger Modells mit einer Tole­rie­rungs­ver­ein­barung”, so der Poli­tik­wis­sen­schaftler weiter. Min­der­heits­re­gie­rungen seien in Deutschland bisher unge­wöhnlich, “aber wir leben auch in unge­wöhn­lichen Zeiten”, sagte Patzelt. Das Par­tei­en­system habe sich auf­ge­fä­chert, “Koali­tionen werden übergroß und allzu span­nungs­ge­laden. Ins­be­sondere eine Koalition der säch­si­schen CDU mit den Grünen würde die Sach­sen­union zer­reißen und viele Wähler dau­erhaft der Union ent­fremden”, so der Poli­tologe weiter. Durch die scharfe Pola­ri­sierung zwi­schen Grünen und AfD mit der CDU in der Mitte habe man “hier eine andere Lage als in Baden-Würt­temberg oder Hessen. Auch liegen hier Grüne und CDU besonders weit aus­ein­ander”, begründete Patzelt seinen Vor­schlag. Mit seiner Lage­be­ur­teilung stehe er “in der CDU Sachsen nicht alleine da. Eine Min­der­heits­re­gierung würde dagegen das Par­lament stärken und die AfD unter Zug­zwang setzen. Sie würde sich mög­li­cher­weise spalten — in Fun­da­men­tal­op­po­si­tio­nelle und in solche, die einen kon­struk­tiven Weg gehen wollen”, so der Poli­tik­wis­sen­schaftler weiter. Bei den Grünen betrachtet man die Idee einer CDU-geführten Min­der­heits­re­gierung dagegen mit Sorge: “Der Versuch einer CDU-Min­der­heits­re­gierung nach der Land­tagswahl würde nichts anderes bedeuten, als damit die AfD poli­tisch ins Boot zu holen. Der Weg wäre ele­ganter, das Ergebnis das­selbe: Die AfD würde in vielen poli­ti­schen Fragen wahr­scheinlich zum Mehr­heits­be­schaffer”, sagte Valentin Lippmann, Par­la­men­ta­ri­scher Geschäfts­führer der Grünen im säch­si­schen Landtag, der “Welt am Sonntag”. Auch in der SPD stößt das Modell auf Ablehnung. “Die eigent­liche Gefahr für Sachsen liegt nicht in der Bildung einer Koalition aus CDU und AfD. Diesen Schritt wird die Union ver­mutlich scheuen”, sagte Henning Homann, der Gene­ral­se­kretär der säch­si­schen SPD. Es sei aber nicht aus­zu­schließen, dass sich nach der Land­tagswahl “jene Kräfte in der CDU durch­setzen, die eine Min­der­heits­re­gierung wollen, die dann fak­tisch von der AfD tole­riert werden würde. Dann hätte die AfD direkten Ein­fluss auf die Regie­rungs­po­litik in Sachsen”, so der SPD-Poli­tiker weiter. Das Ergebnis wäre ein poli­ti­scher Rück­schritt in vielen Bereichen, “etwa der Ener­gie­wende, der Bekämpfung des Rechts­extre­mismus, der Gleich­stellung. Für die Min­der­heiten im Land wäre das fatal, die Pola­ri­sierung im Land würde sich weiter zuspitzen”, sagte Homann der “Welt am Sonntag”.
Foto: Jour­na­listen bei der AfD, über dts Nachrichtenagentur