Die Türkei auf dem Kriegspfad

Die Türkei ist derzeit in eine Reihe inter­na­tio­naler mili­tä­ri­scher Kon­flikte ver­wi­ckelt – sowohl gegen ihre direkten Nachbarn wie Grie­chenland, Armenien, Irak, Syrien und Zypern als auch gegen andere Nationen wie Libyen und Jemen. Diese Aktionen der Türkei deuten darauf hin, dass die Außen­po­litik der Türkei nicht nur mehrere Nationen, sondern auch die Region zunehmend destabilisiert.

(von Uzay Bulut)

Darüber hinaus hat das Erdogan-Regime Syrien und den Irak mili­tä­risch ins Visier genommen, seine syri­schen Söldner nach Libyen geschickt, um liby­sches Öl zu beschlag­nahmen, und schi­ka­niert Grie­chenland andauernd wie üblich. Das tür­kische Regime pro­vo­ziert jetzt auch anhal­tende Gewalt zwi­schen Armenien und Aserbaidschan.

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Seit dem 12. Juli hat Aser­bai­dschan eine Reihe grenz­über­schrei­tender Angriffe gegen Arme­niens nörd­liche Tawusch-Region geführt, in Schar­mützeln, bei denen min­destens vier arme­nische und zwölf aser­bai­dscha­nische Sol­daten ums Leben kamen. Nachdem Aser­bai­dschan am 16. Juli mit Rake­ten­an­griffen auf das arme­nische Atom­kraftwerk Metsamor gedroht hatte, bot die Türkei Aser­bai­dschan mili­tä­rische Hilfe an.

“Unsere bewaff­neten unbe­mannten Luft­fahr­zeuge, Munition und Raketen mit unserer Erfahrung, Tech­no­logie und unseren Fähig­keiten stehen Aser­bai­dschan zur Ver­fügung”, sagte İsmail Demir, Leiter des Vor­stands der Ver­tei­di­gungs­in­dustrie, einer Mit­glieds­or­ga­ni­sation der tür­ki­schen Präsidentschaft.

Eines der Haupt­ziele der Türkei scheint auch Grie­chenland zu sein. Das tür­kische Militär hat es erneut auf die grie­chi­schen Hoheits­ge­wässer abge­sehen. Die grie­chische Zeitung Kat­hi­merini berichtete:

“Es gab Bedenken hin­sichtlich einer mög­lichen tür­ki­schen Inter­vention in öst­lichen Mit­telmeer, um ein Abkommen über die Abgrenzung einer Aus­schließ­lichen Wirt­schaftszone (AWZ) zwi­schen Grie­chenland und Ägypten zu ver­hindern, das derzeit zwi­schen Funk­tio­nären beider Länder dis­ku­tiert wird.

Auch die Namenswahl der Türkei für ihre Gas­er­kun­dungs­schiffe ist ver­rä­te­risch. Der Name des Haupt­schiffes, das die Türkei für seis­mische “Ver­mes­sungen” des grie­chi­schen Fest­land­so­ckels ver­wendet, ist Oruç Reis, ein Admiral des Osma­ni­schen Reiches (1474–1518), der häufig die Küsten Ita­liens und die noch von christ­lichen Mächten kon­trol­lierten Inseln im Mit­telmeer überfiel. Andere Erkun­dungs- und Bohr­schiffe, die die Türkei in den Hoheits­ge­wässern Grie­chen­lands ein­setzt oder ein­zu­setzen gedenkt, sind nach osma­ni­schen Sul­tanen benannt, die Zypern und Grie­chenland in blu­tigen Mili­tär­inva­sionen ins Visier nahmen. Dazu gehören das Bohr­schiff Fatih “der Eroberer” oder der osma­nische Sultan Mehmed II., der 1453 in Kon­stan­ti­nopel ein­mar­schierte; das Bohr­schiff Yavuz, “der Ent­schlossene”, oder Sultan Selim I., der während der Invasion Zyperns 1571 an der Spitze des Osma­ni­schen Reiches stand; und Kanuni, “der Gesetz­geber” oder Sultan Suleiman, der Teile Ost­eu­ropas sowie die grie­chische Insel Rhodos überfiel.

Das Vor­pre­schen der Türkei in das öst­liche Mit­telmeer erfolgte Anfang Juli, kurz nachdem das Land die Hagia Sophia, einst die größte grie­chische Kathe­drale der Welt, in eine Moschee ver­wandelt hatte. Der tür­kische Prä­sident Recep Tayyip Erdogan verband dann die Umwandlung der Hagia Sophia mit dem Ver­sprechen, “die Al-Aqsa-Moschee [in Jeru­salem] zu befreien”.

Am 21. Juli traten die Span­nungen erneut auf, nachdem die Türkei ange­kündigt hatte, dass sie in Teilen des grie­chi­schen Fest­land­so­ckels in einem Mee­res­gebiet zwi­schen Zypern und Kreta in der Ägäis und im öst­lichen Mit­telmeer seis­mische Unter­su­chungen durch­führen wolle.

“Der Plan der Türkei wird in Athen als eine gefähr­liche Eska­lation im öst­lichen Mit­telmeer ange­sehen, was Pre­mier­mi­nister Kyriakos Mit­so­takis dazu ver­an­lasste, davor zu warnen, dass Sank­tionen der Euro­päi­schen Union folgen könnten, falls Ankara wei­terhin die grie­chische Sou­ve­rä­nität in Frage stellt”, berichtete Kat­hi­merini am 21. Juli.

Hier ist eine kurze Liste wei­terer Länder, in denen die Türkei eben­falls mili­tä­risch invol­viert ist:

In Libyen ist die Türkei zunehmend in den Bür­ger­krieg des Landes ver­wi­ckelt. Asso­ciated Press berichtete am 18. Juli:

“Die Türkei schickte in den ersten drei Monaten des Jahres zwi­schen 3.500 und 3.800 bezahlte syrische Kämpfer nach Libyen, schloss der Gene­ral­inspekteur des US-Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­riums in einem neuen Bericht, in dem erstmals tür­kische Ein­sätze, die zur Änderung des Kriegs­ver­laufs in Libyen bei­trugen, im Detail auf­ge­führt wurden.

“Der Bericht kommt zu einem Zeit­punkt, da der Kon­flikt im ölreichen Libyen zu einem regio­nalen Stell­ver­tre­ter­krieg eska­liert ist, der von aus­län­di­schen Mächten ange­heizt wird, die Waffen und Söldner ins Land schicken.

Libyen befindet sich seit 2011 in Aufruhr, als eine bewaffnete Revolte während des “ara­bi­schen Früh­lings” zur Ver­treibung und Ermordung des Dik­tators Muammar Gaddafi führte. Die poli­tische Macht im Land, dessen Bevöl­kerung derzeit rund 6,5 Mil­lionen Men­schen zählt, ist zwi­schen zwei riva­li­sie­renden Regie­rungen auf­ge­teilt. Die von der UNO unter­stützte Regierung der Natio­nalen Über­ein­kunft (GNA, Government of National Accord) wurde von Pre­mier­mi­nister Fayez al Sarraj geführt. Ihre Rivalin, die Libysche Natio­nal­armee (LNA), wird vom liby­schen Mili­tär­of­fizier Khalifa Haftar angeführt.

Mit Unter­stützung der Türkei teilte die GNA am 18. Juli mit, dass sie Sirte, ein Tor zu Libyens wich­tigsten Ölter­minals sowie einem Luft­waf­fen­stütz­punkt der LNA in Jufra, zurück­er­obern werde.

Ägypten, das die LNA unter­stützt, kün­digte jedoch an, dass es im Falle eines Ver­suchs der GNA und der tür­ki­schen Streit­kräfte, Sirte ein­zu­nehmen, Truppen nach Libyen schicken würde. Am 20. Juli stimmte das ägyp­tische Par­lament einem mög­lichen Trup­pen­auf­marsch außerhalb seiner Grenzen zu, “um die nationale Sicherheit Ägyptens gegen kri­mi­nelle bewaffnete Milizen und aus­län­dische ter­ro­ris­tische Ele­mente zu verteidigen”.

Der Jemen ist ein wei­teres Land, das die Türkei anscheinend ins Visier genommen hat. In einem kürzlich gedrehten Video sind von der Türkei unter­stützte syrische Söldner zu sehen, die im Auftrag der GNA in Libyen kämpfen und von lokalen isla­mis­ti­schen Gruppen unter­stützt werden, die sagen: “Wir fangen gerade erst an. Das Ziel wird Gaza sein”. Sie erklären auch, dass sie es mit dem ägyp­ti­schen Prä­si­denten Sisi auf­nehmen und in den Jemen gehen wollen.

“Die wach­sende Präsenz der Türkei im Jemen”, berichtete die Zeit­schrift The Arab Weekly am 9. Mai, “ins­be­sondere in der unru­higen süd­lichen Region, schürt in der gesamten Region Besorgnis über die Sicherheit im Golf von Aden und im Bab al-Mandeb.

“Diese Besorgnis wird noch ver­stärkt durch Berichte, die darauf hin­weisen, dass die Agenda der Türkei im Jemen von Katar über einige jeme­ni­tische Poli­tiker und Stam­mes­an­ge­hörige, die mit der Mus­lim­bru­der­schaft ver­bunden sind, finan­ziert und unter­stützt wird.”

In Syrien besetzen die von der Türkei unter­stützten Dschi­ha­disten wei­terhin die nörd­lichen Teile des Landes. Am 21. Juli kün­digte Erdogan an, dass die mili­tä­rische Präsenz der Türkei in Syrien fort­ge­setzt wird. “Heut­zutage halten sie eine Wahl ab, eine so genannte Wahl”, sagte Erdogan über eine Par­la­mentswahl am 19. Juli in den von der Regierung kon­trol­lierten Regionen Syriens, nach fast einem Jahr­zehnt Bür­ger­krieg. “Solange das syrische Volk nicht frei, friedlich und sicher ist, werden wir in diesem Land bleiben”.

Darüber hinaus schuf der Einfall der Türkei in die syrische Stadt Afrin eine besonders düstere Situation für die lokale jes­si­dische Bevölkerung:

“Infolge des tür­ki­schen Ein­mar­sches in Afrin”, berichtete die Orga­ni­sation Yazda am 29. Mai, “sind Tau­sende von Jes­siden aus 22 Dörfern, in denen sie vor dem Kon­flikt wohnten, in andere Teile Syriens geflohen oder in den Libanon, nach Europa oder in die Region Kur­distan im Irak eingewandert… ”

“Auf­grund ihrer reli­giösen Iden­tität leiden die Jes­siden in Afrika unter gezielter Schi­ka­nierung und Ver­folgung durch von der Türkei unter­stützte mili­tante Gruppen. Zu den Ver­brechen, die gegen Jes­siden begangen werden, gehören die erzwungene Bekehrung zum Islam, Ver­ge­wal­tigung von Frauen und Mädchen, Ernied­rigung und Folter, will­kür­liche Inhaf­tierung und Zwangs­ver­treibung. Die Kom­mission der Ver­ei­nigten Staaten für inter­na­tionale Reli­gi­ons­freiheit (USCIRF) bestä­tigte in ihrem Jah­res­be­richt 2020, dass Jes­siden und Christen in Afrika Ver­folgung und Mar­gi­na­li­sierung aus­ge­setzt sind.

“Darüber hinaus wurden fast 80 Prozent der reli­giösen Stätten der Jes­siden in Syrien geplündert, geschändet oder zer­stört, und jes­si­dische Friedhöfe wurden geschändet und mit Bull­dozern zermalmt.

Im Irak führt die Türkei seit Jahren mili­tä­rische Ope­ra­tionen durch. Die letzte Ope­ration wurde Mitte Juni begonnen. Das tür­kische Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium gab am 17. Juni bekannt, dass das Land nach einer Reihe von Luft­an­griffen “eine Mili­tär­ope­ration gegen die PKK” (Kur­dische Arbei­ter­partei) im Nordirak begonnen habe. Die Türkei hat ihre Angriffe “Ope­ration Adler­klaue” und “Ope­ration Tiger­klaue” genannt.

Die jes­si­dische, assy­risch-christ­liche und kur­dische Zivil­be­völ­kerung wurde durch die Bom­ben­an­schläge ter­ro­ri­siert. Medi­en­be­richten zufolge wurden bei den Luft­an­griffen min­destens fünf Zivi­listen getötet. Human Rights Watch hat eben­falls einen Bericht ver­öf­fent­licht, in dem fest­ge­stellt wird, dass ein tür­ki­scher Luft­an­griff im Irak “die Ver­luste unter der Zivil­be­völ­kerung außer Acht lässt”.

Ange­sichts der mili­tä­ri­schen Aggression der Türkei u.a. in Syrien, Irak, Libyen und Armenien sowie der fort­ge­setzten Besetzung Nord­zy­perns wäre eine weitere Aggression, ins­be­sondere gegen Grie­chenland, nicht unrea­lis­tisch. Der Wunsch der Türkei, in Grie­chenland ein­zu­mar­schieren, ist nicht gerade ein Geheimnis. Min­destens seit 2018 fordern sowohl die tür­kische Regierung als auch die Oppo­si­ti­ons­par­teien offen die Eroberung der grie­chi­schen Inseln in der Ägäis, von denen sie fälsch­li­cher­weise behaupten, sie gehörten zur Türkei.

Würde der Westen Grie­chenland im Falle eines solchen Angriffs im Stich lassen?

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Uzay Bulut, eine tür­kische Jour­na­listin, ist eine Distin­gu­ished Senior Fellow am Gatestone Institute.


Quelle: gatestoneinstitute.org