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James Bond im Ruhestand

Der Wechsel ist längt voll­zogen und nur dank Corona und ver­scho­bener Film­pre­miere von „Keine Zeit zu sterben“ weiß das Publikum noch nichts davon: James Bond ist im Ruhe­stand und der, Quatsch: DIE neue 007 ist Lashana Lynch, eine bri­tische Schau­spie­lerin mit dunkler Haut­farbe. Der dop­pelte Haupt­gewinn, denn sie hat zwei Makel all ihrer Vor­gänger als 007 nicht: sie ist nicht weiß und sie ist kein Mann. Hal­leluja! Die Welt ist nun ein kleines bisschen besser geworden!

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Frauen als Geheim­agenten oder Super­helden? Klar, warum denn nicht? Haut­farbe? Ist mir ehrlich gesagt auch Wurscht. Gibts ja auch alles längst und reichlich. Dar­steller sollten aber in die Anzüge passen, die sie erben – oder noch besser: eigene Kla­motten tragen. Fil­me­macher ver­wenden für Erb-Hel­dinnen jedoch die­selben Scha­blonen, wie für die abge­lehnten Helden aus­ge­lau­fener weil männ­licher Rollen-Modell­jahre und landen damit zu ihrer eigenen großen Über­ra­schung Flops wie „Ghost­busters“ aus 2016. Wir lernen – und die Lektion gefällt nicht allen: um ernst genommen zu werden, müssen sich Frauen in Filmen so schlecht, asozial, rück­sichtslos oder brutal benehmen wie früher die Männer – Ange­wohn­heiten, die man dem han­dels­üb­lichen evo­lu­tionär zurück­ge­blie­benen Dreibein heute nicht mal mehr dann durch­gehen lassen würde, wenn er gerade die gesamte Schüler- und Leh­rer­schaft der Grund­schule Hin­ter­tup­fingen aus der bren­nenden Schule gerettet hätte.

Und so wird sich Jane Bond 007 wohl auf die­selbe Art durchs Leben spio­nieren, rasen, prügeln und schießen, wie ihre männ­lichen Vor­gänger denn das muss sie ja! Man ändert in Serien mit erwart­barem (und von den Fans erwar­tetem) Plot wie „James Bond“ nichts am Kli­schee, sondern tauscht die Dar­steller aus und hofft, das Publikum würde das genauso treu-klaglos mit­machen, wie den Wechsel von Pierce Brosnan zu Daniel Craig. 

Kennt jemand das Paradox der Frage nach der „echten” Argo, jenem legen­dären Schiff, auf dem Jason und die Argo­nauten ihre Reise zum gol­denen Vlies nach Kolchis antraten? Die Sage berichtet, dass auf der Fahrt immer wieder Teile des Schiffes ersetzt werden mussten und ein gewitzter Mann diese Teile auf­kaufte, um daraus ein iden­ti­sches Schiff zu bauen. Nachdem alle Teile der Argo einmal aus­ge­tauscht waren, gab es also zwei Argos. Es stellt sich nun die Frage, welches von beiden das echte Schiff, die echte Ago sei. So wie ich das ver­stehe, ist es klar das­jenige, auf dem die Argo­nauten unterwegs sind – und auf Ian Fle­mings Agro „James Bond” ist gerade Jason von Bord gejagt worden.

Kon­se­quenter wäre es, man ließe das Fran­chise einfach sterben und machte mit Lashana Lynch was ganz neues, anderes, eigenes, viel­leicht bes­seres. Denn Typen wie James Bond werden ja in unserer hel­den­losen Zeit ohnehin nicht mehr gebracht und ver­achtet, weil sie wie lange Halme aus einer ein­heitlich kurz­ge­mähten Wiese ragen. Und wo es keine Helden mehr gibt, fallen die Anti­helden, die Ver­sager, die Mut­losen, die Drü­cke­berger, die Sys­tem­linge, Mit­läufer und Feig­linge nicht mehr so sehr auf. Bonds Wagemut heißt heute Leichtsinn, seine Stärken gelten als Macho­gehabe, seine Schwächen als Sexismus und Unter­drü­ckung kennt er nur, wenn er in ein paar Szenen vom Erz­feind gefoltert wird. Weiße Pri­vi­legien allesamt! Weg damit und her mit einer Schau­spie­lerin, die der Rolle „schwarze Erfah­rungs­werte” bei­fügen kann, wie 007 Lynch betont. 

Das hätte auch ein schwarzer Mann gekonnt, wenn das für die Rolle nicht in etwa so relevant wäre, wie die Augen­farbe für einen Tele­tubbi-Dar­steller. Doch ein schwarzer Mann brächte für die Rolle des James Bond leider eine Umdrehung zu wenig mit auf der nach oben offenen Opfer-Empowerment-Skala: er wäre zwar schwarz, aber immer noch ein Mann. 

So wie es scheint, werden ein­ge­fleischte Bondfans von künf­tigen Fort­set­zungen der Reihe wohl eher geschüttelt als gerührt sein. Ich freue mich dann schon mal auf weitere woke Sequels, in denen toxi­scher weißer Männ­lichkeit mit Drehbuch und Beset­zungs­liste der Kampf angesagt wird. Wie wäre es mit „Johanna Wick IV“?


Quelle: unbesorgt.de