Bidens “Neue Weltordnung”

US-Prä­sident Joe Biden schloss kürzlich seine Rede vor dem Business Round­table mit einem ver­wir­renden Hinweis auf eine “neue Welt­ordnung”. Er erklärte laut dem Tran­skript seiner Rede des Weißen Hauses:

(von Peter Hoekstra)

“Es tritt alle drei oder vier Gene­ra­tionen auf. … [Eine] Zeit, in der sich die Dinge ver­schieben. Wir werden – es wird eine neue Welt­ordnung da draußen geben, und wir müssen sie anführen. Und wir müssen den Rest der freien Welt dabei vereinen.”

Wovon redete der Prä­sident da? Es kam am Ende seiner Rede; er führte nicht aus, was er meinte. Ver­mutlich bezog er sich auf die anhal­tenden Ver­än­de­rungen in den glo­balen Macht­struk­turen nach dem Zweiten Welt­krieg, aber hat Biden einen Plan für Ame­rikas Rolle in dieser neuen Welt­ordnung, da sich Europa mög­li­cher­weise in einen grö­ßeren Krieg ver­wi­ckelt sieht?

Das ame­ri­ka­nische Volk muss die Hin­weise selber zusam­men­suchen und ver­suchen, her­aus­zu­finden, was Biden gemeint haben könnte. Das Beste, was wir tun können, ist, uns der Politik zuzu­wenden, die er während seiner ersten 15 Monate im Amt ver­folgt hat, um zu sehen, ob irgend­welche Ele­mente seines Plans für Amerika diese “neue Welt­ordnung” erkennen lassen.

Der zen­trale, trei­bende poli­tische Vorstoß für Biden und die Demo­kraten war der “Green New Deal”. Werden die USA ange­sichts der rie­sigen Ener­gie­re­serven und des tech­no­lo­gi­schen Know-hows der Ver­ei­nigten Staaten bei der “Öko­lo­gi­sierung” des Pla­neten und der Bereit­stellung einer sicheren und sta­bilen Ener­gie­ver­sorgung für den Westen und seine Ver­bün­deten und Partner führend sein? Die kurze Antwort scheint nein zu sein. China domi­niert bei der Pro­duktion von Seltene-Erden-Roh­stoffen, Son­nen­kol­lek­toren und Wind­mühlen; Sechs der Top-10-Her­steller haben ihren Sitz im kom­mu­nis­ti­schen China. Amerika führt ein­deutig nicht die “grüne” neue Welt­ordnung an, und Biden scheint keinen sinn­vollen Plan zu haben, wie er uns dorthin bringen kann, außer radi­kalen Stö­rungen unseres Lebens­stils und einer ver­stärkten Abhän­gigkeit von China.

Andere Ener­gie­ent­schei­dungen Bidens sind ebenso ver­wirrend. Als er sein Amt antrat, killte Biden die Key­stone-XL-Pipeline in Amerika, gab aber grünes Licht für die rus­sische Nord-Stream-2-Pipeline, die Europas Abhän­gigkeit von Russland für Gas fes­tigen würde. Er wider­setzte sich auch den Bemü­hungen des Kon­gresses, die Pipeline im Vorfeld der rus­si­schen Invasion in der Ukraine zu sank­tio­nieren. Als US-Bot­schafter in den Nie­der­landen war ich ein laut­starker Befür­worter der Politik der Regierung Trump, Nord-Stream‑2 abzu­lehnen. In gleicher Richtung hat Biden an seinem ersten Tag im Amt das Pariser Kli­ma­ab­kommen unmiss­ver­ständlich akzep­tiert und Amerika in dieses zutiefst feh­ler­be­haftete Abkommen zurückversetzt.

Anstatt Ame­rikas Ener­gie­un­ab­hän­gigkeit und Öl- und Gas­pro­duktion zu unter­stützen, hat Biden die ame­ri­ka­ni­schen Ver­braucher damit zurück­ge­lassen, sich an ihren Taschen fest­zu­klammern, während die Ben­zin­preise in den USA auf 4 bis 7 US-Dollar pro Gallone gestiegen sind. Die Ener­gie­krise ist so schlimm, dass die Biden-Regierung davon spricht, Öl aus dem Iran und Vene­zuela zuzu­kaufen. Wenn es um Öl und Gas geht, scheint Bidens neue Welt­ordnung seine Politik der Ver­rin­gerung der ame­ri­ka­ni­schen Ener­gie­un­ab­hän­gigkeit und der zuneh­menden Abhän­gigkeit der USA von bös­wil­ligen staat­lichen Akteuren fort­zu­setzen – und damit iro­ni­scher­weise ihre Bemü­hungen zu finan­zieren, Amerika in der glo­balen Ordnung zu unterminieren.

Ist das heutige Europa, ein von der Angst vor einem Krieg mit Russland zer­fres­sener Kon­tinent, Teil von Bidens Vision einer neuen Welt­ordnung? Seine Unter­stützung für Nord-Stream‑2 schien Russland nur zu ermu­tigen, und seine Unter­mi­nierung der US-Pro­duktion führte dazu, dass Amerika eine halbe Million Barrel Öl pro Tag von Russland kaufte. Mit 110 Dollar pro Barrel finan­zieren die ame­ri­ka­ni­schen Steu­er­zahler Russ­lands Kriegs­ma­schi­nerie also mit mehr als 20 Mil­li­arden Dollar pro Jahr. Da die Geschenke der Regierung an Russland – die Nord-Stream‑2-Pipeline und die Ver­län­gerung des neuen START-Ver­trags um weitere fünf Jahre – für die USA, die Men­schen in der Ukraine oder Europa nicht funk­tio­niert haben, ändert oder über­denkt Biden seinen Plan für eine neue Welt­ordnung? In einem Interview, das an dem Tag aus­ge­strahlt wurde, an dem Russland in die Ukraine ein­mar­schierte, zeigte der “Kli­mazar” der Biden-Regierung, John Kerry, dass die Regierung immer noch von ihren “Green New Deal”-Fantasien ver­zehrt wird, und lamen­tierte:

“Aber ebenso wichtig ist, dass wir den Fokus der Men­schen ver­lieren werden … Ich hoffe, Prä­sident Putin wird uns helfen, in Bezug auf das, was wir für das Klima tun müssen, auf Kurs zu bleiben.”

Wir müssen uns fragen, ob eine Reihe von Ent­schei­dungen, die von der Regierung vor dem Ein­marsch Russ­lands in die Ukraine getroffen wurden, das Kalkül des rus­si­schen Prä­si­denten Wla­dimir Putin für den Krieg ver­ändert hätten. Was wäre, wenn Biden Nord-Stream‑2 nicht genehmigt und statt­dessen die Politik der Regierung Trump bei­be­halten hätte? Was wäre, wenn Biden den Auf­rufen des ukrai­ni­schen Prä­si­denten Wolo­dymyr Selenskyj und von Kon­gress­ab­ge­ord­neten gefolgt wäre, vor Putins Invasion Sank­tionen zu ver­hängen? Was wäre, wenn Biden beschlossen hätte, Europa anzu­führen, statt ihm hin­ter­her­zu­laufen? Offenbar führt Amerika in Bidens neuer Welt­ordnung nicht, es folgt oder reagiert nur auf andere.

Wonach sieht die Bilanz Bidens im Nahen Osten aus, wie wird die neue Welt­ordnung dort aus­sehen? Nun, der Prä­sident drängt darauf, ein von Russland ver­mit­teltes und von China unter­stütztes Abkommen zu unter­zeichnen, um angeblich die Sank­tionen gegen den Iran auf­zu­heben, das ira­nische Korps der Isla­mi­schen Revo­lu­ti­ons­garde von der Liste ter­ro­ris­ti­scher Orga­ni­sa­tionen zu streichen und Russland zu erlauben, Irans “über­schüs­siges” ange­rei­chertes Uran zu kaufen – viel­leicht um es gegen die nächste “Ukraine” einzusetzen?

Die ver­wir­rende Ver­zweiflung des Prä­si­denten, wieder in das schlechte Atom­ab­kommen der Obama-Ära mit dem Iran ein­zu­treten, treibt US-Ver­bündete wie Israel, Saudi-Arabien und die Ver­ei­nigten Ara­bi­schen Emirate dazu, ihre Beziehung zu den USA in Frage zu stellen, und bewegt sie offen­sichtlich dazu, eine Stärkung ihrer Bezie­hungen mit Russland und China zumindest in Betracht zu ziehen. Israel hat ver­sucht, die USA und Russland wegen der Ukraine zusam­men­zu­bringen. Die Führer von Saudi-Arabien und den Ver­ei­nigten Ara­bi­schen Emi­raten haben es abge­lehnt, Anrufe von Biden anzu­nehmen, nahmen aber Anrufe von Putin ent­gegen. Es darf auch nicht über­sehen werden, dass kurz vor Russ­lands Invasion in der Ukraine Russland, China und der Iran gemeinsame Mili­tär­übungen durch­ge­führt haben.

Was ist letztlich Bidens Vision für diese neue Welt­ordnung mit China? Die Bot­schaft könnte gemischter nicht sein. Die Kom­mu­nis­tische Partei Chinas (KPCh) setzt ihren Völ­kermord an den Uiguren in Xin­jiang fort, unter­drückt die Frei­heiten in Hongkong, mili­ta­ri­siert min­destens drei der künst­lichen Inseln, die sie im Süd­chi­ne­si­schen Meer gebaut hat, per­fek­tio­niert Hyper­schall­ra­keten und “Satel­li­ten­zer­störer”, bedroht Taiwan, und unter­zeichnet neue Freund­schafts­ab­kommen mit Russland. Unter­dessen teilte die Regierung Biden Geheim­dienst­in­for­ma­tionen über Russland mit China. Anscheinend hatte die Regierung eine qui­xo­tische Hoffnung, dass China sich den USA anschließen würde, um Russland von einem Angriff abzu­halten. Gleich­zeitig stellte sich heraus, dass China seine Geheim­dienst­in­for­ma­tionen aus den USA mit mit Russland teilte. Man kann sich nur fragen, wer auf die ver­rückte Idee kam, dass sich die KPCh mit den USA zusam­men­schließen würde, um Ordnung und Sta­bi­lität in Europa aufrechtzuerhalten.

Tat­sächlich sieht Bidens Vision einer neuen, von Amerika ange­führten Welt­ordnung immer mehr wie eine neue Welt der Unordnung aus. Anstatt eine klare Vision der ame­ri­ka­ni­schen Führung zu arti­ku­lieren, wurden unsere Aktionen auf der Welt­bühne von Russland, dem Iran, China und sogar Europa diri­giert. Die Situation hat Ame­rikas Bin­dungen zu seinen tra­di­tio­nellen Ver­bün­deten unter­mi­niert; sie scheinen Schwie­rig­keiten zu haben, die globale Vision des Prä­si­denten zu ver­stehen und zu sehen, wie sich die neue Welt­ordnung zu einer ent­wi­ckelt, die Amerika anführt, aber nur von hinten, als Reaktion auf die Launen anderer.

Obwohl also nicht klar ist, was Biden meinte, als er darauf verwies, dass Amerika eine neue Welt­ordnung anführe, deutet seine Bilanz der letzten 15 Monate darauf hin, dass sie aus einer geschwächten US-Wirt­schaft besteht, die gelähmt ist durch Inflation, Krieg in Europa, Auf­lösung von Alli­anzen im Nahen Osten und wach­sender Unsi­cherheit in Asien.

Wenn dies eine unbe­ab­sich­tigte Folge von Bidens neuer Welt­ordnung ist, ist es an der Zeit, dass er zum Reiß­brett zurück­kehrt. Die Welt hat genug gelitten. Für ihn ist die Zeit gekommen, den glo­balen Alp­traum, den seine Politik geschaffen hat, neu zu kalibrieren.

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Peter Hoekstra war während der Regierung Trump US-Bot­schafter in den Nie­der­landen. Er diente 18 Jahre lang im US-Reprä­sen­tan­tenhaus als Ver­treter des zweiten Bezirks von Michigan und war Vor­sit­zender und hoch­ran­giges Mit­glied des Geheim­dienst­aus­schusses des Reprä­sen­tan­ten­hauses. Derzeit ist er Vor­sit­zender des Beirats des Center for Security Policy und Distin­gu­ished Senior Fellow am Gatestone Institute.


Quelle: gatestoneinstitute.org