»BIS AUFS BLUT!« – Die geo­stra­te­gi­schen Ziele der Briten & Ame­ri­kaner in Europa gegen Russland

Die »Beherr­schung der Welt« und die »Neue Welt­ordnung« – von der sogar George Bush Senior am 11. Sep­tember 1990 sprach – diese Schlag­worte sind heute aktu­eller als jemals zuvor. So rückt auch wieder eine längst ver­gessene Hypo­these in das Bewusstsein der Geo­stra­tegen und der Geo­po­li­tiker: die soge­nannte »Heartland-Theorie.« Zwar wurde diese bereits vor 118 Jahren ver­fasst und dennoch ist sie her­vor­ragend dafür geeignet, die gegen­wär­tigen welt­po­li­ti­schen Ereig­nisse zu erklären.

Sir Halford John Mck­inder (1861–1947) war nicht nur ein bri­ti­scher Geo­graph, sondern auch ein aus­ge­zeich­neter Wirt­schafts- und Politikwissenschaftler.

Er ent­wi­ckelte die »Heartland-Theorie«, die bereits 1904 in seinem Aufsatz The Geo­gra­phical Pivot of History als Teil der Geo­po­litik ver­öf­fent­licht wurde. Im Prinzip ging es darum, dass die Beherr­schung des »Kern­landes Eura­siens« der Schlüssel zur »Welt­herr­schaft« sei.

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Eurasien ist der geo­gra­phisch-geo­lo­gische Begriff für Europa und Asien als ein zusam­men­ge­fasster Kon­tinent. Diese Bezeichnung geht bereits his­to­risch und kul­turell bedingt auf die Welt­sicht der grie­chi­schen Antike zurück.

Mck­inder war der Über­zeugung, dass die füh­rende See­macht Groß­bri­tannien Eurasien nicht beherr­schen könne und ins­be­sondere mit Russland als expan­sio­nis­ti­scher Macht rechnen müsse. Ferner vertrat er die Ansicht, dass wer das »Heartland«, also das »Herzland« und damit Eurasien beherrsche, der würde die letztlich die ganze Welt beherrschen.

Willy Wimmer, lang­jäh­riger Staats­se­kretär im Bun­des­ver­tei­di­gungs­mi­nis­terium, ordnete die »Heartland-Theorie« neu ein.

Auch er sieht Eurasien als Dreh­punkt­region der Welt­po­litik, bestanden dort doch bereits in der Ver­gan­genheit die Bedin­gungen für eine Mobi­lität mili­tä­ri­scher und öko­no­mi­scher Macht. Von da aus über­fielen früher die Mon­golen die umlie­genden Länder. Heute übt Russland aus der­selben zen­tri­fu­galen Region Druck auf Skan­di­navien, Polen, die Türkei, den Iran, Indien und China aus. Dabei besitzt Russland die­selbe zen­trale stra­te­gische Position wie Deutschland im Herzen Europas. Beide Länder können in alle Him­mels­rich­tungen, mit Aus­nahme des Nordens, angreifen und selbst ange­griffen werden.

Mck­inder for­mu­lierte das einst so: »Außerhalb dieses Dreh­punkt­raumes liegen in einem großen inneren Halbmond Deutschland, Öster­reich, die Türkei, Indien und China und in einer wei­teren äußeren Sichel Groß­bri­tannien, Süd­afrika, Aus­tralien, die Ver­ei­nigten Staaten, Kanada und Japan.« Und weiter: »Die Ver­ei­nigten Staaten sind erst vor kurzer Zeit zu einer Macht im Osten geworden, was sich nicht unmit­telbar, sondern erst über Russland auf das Gleich­ge­wicht in Europa aus­wirkt (…) Aus dieser Per­spektive betrachtet liegt die eigent­liche Trenn­linie zwi­schen Ost und West im Atlan­ti­schen Ozean.«

Tat­sächlich ist das auch heute noch so. Die Neu­ordnung des Gleich­ge­wichts zugunsten des Dreh­punkt­staats würde ein Bündnis zwi­schen Deutschland und Russland bedeuten, was aktuell natürlich auf­grund der Ein­bindung in das NATO-Mili­tär­bündnis sowie des Ukraine-Krieges uto­pisch ist.

Ohnehin würden die Ame­ri­kaner ein solches » Bündnis« bis aufs Blut bekämpfen. Schon im Februar 2015 erklärte George Friedman, Gründer und Direktor von Stratfor, der weltweit füh­renden pri­vaten US-Denk­fabrik auf dem Gebiet Geo­po­litik dazu: »Das primäre Interesse der USA, wofür wir seit einem Jahr­hundert die Kriege führen – Erster und Zweiter Welt­krieg und Kalter Krieg – waren die Bezie­hungen zwi­schen Deutschland und Russland. Weil vereint sind sie die einzige Macht, die uns bedrohen kann, und unser Interesse war es immer, sicher zu stellen, dass das nicht eintritt.«

Mit diesem Gedan­kengut sind die Ame­ri­kaner auch heute wieder im Ukraine-Krieg im alten Spiel, um genau das zu ver­hindern. Exakt nach den Worten George Friedmans: »Die USA können nicht ständig überall in Eurasien mili­tä­risch inter­ve­nieren. Man muss selektiv inter­ve­nieren und mög­lichst selten.« Selektiv inter­ve­nieren, Zwie­tracht säen ins­be­sondere zwi­schen Deutschland und Russland. Das ist wahrlich in der aktu­ellen Situation gelungen.

So hatte Halford Mck­inder wei­terhin recht mit der Annahme, dass das »tat­säch­liche Gleich­ge­wicht der poli­ti­schen Kräfte zu jedem gege­benen Zeit­punkt selbst­ver­ständlich das Produkt der geo­gra­phi­schen Gege­ben­heiten öko­no­mi­scher wie stra­te­gi­scher Art auf der einen Seite und Zahl, Potenz, Aus­rüstung und Orga­ni­sation der kon­kur­rie­renden Völker auf der anderen« sei.

Willy Wimmer ergänzt dazu, dass die »geo­gra­phi­schen Gege­ben­heiten dieser Glei­chung nicht nur besser messbar, sondern auch bestän­diger als die mensch­lichen« seien. So lasse sich diese Formel glei­cher­maßen auf die his­to­rische Ver­gan­genheit wie auf die gegen­wärtige Politik anwenden.

Deshalb resü­miert Wimmer fol­ge­richtig: »Der West­marsch der Imperien scheint mir eine kurze Wendung mar­gi­naler Macht um den süd­west­lichen und west­lichen Rand des Dreh­punkt­raums zu sein. Die Fragen des Nahen, Mitt­leren und Fernen Ostens stehen in enger Beziehung zum insta­bilen Gleich­ge­wicht von inneren und äußeren Mächten in den Teilen des mar­gi­nalen Halb­monds, wo lokale Macht gegen­wärtig mehr oder weniger zu ver­nach­läs­sigen ist.«

Letztlich schuf Sir Halford John Mck­inder mit seiner »Heartland-Theorie« schon vor annä­hernd ein­hun­dert­zwanzig Jahren eine Formel, die auch heute noch für die geo­stra­te­gische Welt­po­litik gültig ist.

Eine Glei­chung, die den wirt­schaft­lichen und mili­tä­ri­schen Kon­kur­renz­kampf zwi­schen Russland, den USA und Europa, allen voran Groß­bri­tannien und Deutschland, in den Mit­tel­punkt stellt.

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Quellen: https://www.br.de/mediathek/podcast/das-kalenderblatt/george-bush-senior-haelt-rede-ueber-neue-weltordnung/49219///https://www.westendverlag.de/kommentare/die-heartland-theorie-oder-der-schluessel-zur-weltherrschaft///https://www.youtube.com/watch?v=gcj8xN2UDKc


Guido Grandt — Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog des Autors www.guidograndt.de