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Was Merkel und Hitler gemeinsam haben

Die Jugend­be­wegung – eine Kul­tur­re­vo­lution die um 1880 begann und nie wirklich endete – konnte und kann Demo­kratie nicht leiden. Am schönsten läßt sich das immer an einem Büchlein des zumeist rot­braun schil­lernden Welt­bühne-Autors Kurt Hiller ver­an­schau­lichen. Hiller hatte das theo­re­tische Fun­dament der Herr­schaft der Ber­liner Intel­li­gentsia über den Rest der Welt 1921 fer­tig­ge­stellt: „Logo­kratie oder ein Weltbund des Geistes“. Woher Hiller kam, daraus machte er keinen Hehl:
(Von Wolfgang Prabel)
„Die Jugend­be­wegung, mit ihrer Ent­de­ckung von Füh­rertum und Gefolg­schaft, mit ihrem Eros zum Helden – nicht zum Kör­per­helden allein -, mit ihrem starken Sinn für den Rang und für edle Haltung, mit ihrer Ehr­furcht vor dem Schöp­fe­ri­schen in Natur und Men­schenwelt, mit ihrer Abscheu vor mecha­nisch-par­la­men­ta­ri­scher, nivel­lie­render Betrieb­samkeit, vor der Kom­pro­miss­wirt­schaft und allem Sich­drücken um das Wesent­liche, aller platten Ver­stän­digkeit, mit ihrer Liebe zum Unbe­dingten, mit ihrer Geradheit und Herbheit, ihrer Inner­lichkeit, die nicht ohne Schönheit ist, mit ihrer Opfer­be­reit­schaft, mit ihrem unver­kennbar heroi­schen Zug – diese Jugend­be­wegung quer durch die sozialen Klassen, wohl eine spe­zielle deutsche Erscheinung, ist typische Abkehr von der Demo­kratie, …ohne noch freilich noch eine klare Hinkehr zu anderem zu sein. Ihr steckt der neue Aris­to­kra­tismus als Rythmus im Blut, kaum schon als System im Bewusstsein. Bemer­kenswert immerhin, dass diese Jugend das wirt­schafts- und gesell­schafts­re­vo­lu­tionäre und über­haupt jedes revo­lu­tionäre Prinzip mit dem Prinzip des Adels nicht nur als ver­einbar, sondern geradezu als mit ihm ver­wandt fühlt, während ihr das revo­lu­tionäre und das demo­kra­tische Prinzip unsäglich weit aus­ein­ander zu liegen scheinen. Für alle Dinge kann Jugend sich begeistern, nur gerade für den Gedanken der Mehr­heits­herr­schaft nicht!.“
Adolf Hitler setzte diese eli­tis­ti­schen Sehn­süchte in prak­tische Politik um. Das Füh­rer­prinzip wurde 1933 obligat, nachdem es bereits 1918 in Rußland und 1922 in Italien ein­ge­führt wurde. Es hat sich nicht bewährt. 1945 hin­terließ Adolf ein zwei­ge­teiltes Land, das in Summa kleiner war als das Gebiet, welches er über­nommen hatte und ärmer. Dieser Miß­erfolg hatte auch noch Mil­lionen Tote und Krüppel gekostet. Auch inter­na­tional hat sich der Eli­ta­rismus nicht bewährt: Die Sowjet­union brach 1992 unter ihrem Eigen­ge­wicht zusammen, und Italien bereits 1943.
Auch das Wei­ter­wursteln der Anti­de­mo­kraten in der Zone hat keine Punkte gebracht. Nicht genug, daß der Osten erst 1990 in den Genuß von etwas Freiheit kam, zum Bei­spiel Rei­se­freiheit, im Westen wurde sie seit 1967 von Mao­isten massiv in Frage gestellt. Und nun sind wir wieder soweit: Die Demo­kratie wurde von Merkel schritt­weise beerdigt.
17 Jahre lang war ich Bür­ger­meister eines kleinen Dorfes. Einmal in der Woche mußte ich in der Sprech­stunde sitzen. Manchmal kam jemand, mit dem ich mich unter­halten konnte oder man konnte gemeinsam Pro­bleme lösen. Oft hatte niemand Zeit für mich und ich hatte Muße im Gemein­de­archiv zu stöbern. Von 1848 bis 1865 waren die Pro­to­koll­bücher erhalten, danach waren sie bis 1940 sehr lückenhaft und ab der End­phase des Reiches wieder voll­ständig. Inter­essant die Zeit von 1940 bis 1945. Fast bei jeder Sitzung der späten NS-Zeit wurde fest­ge­stellt, daß ein Gemein­derat gestorben oder gefangen genommen worden war, so daß die Zahl stetig schrumpfte.
In den Pro­to­koll­bü­chern wurde die Aus­sprache über die Themen der Tages­ordnung fest­ge­halten – meist Wege­aus­bes­serung, Heben der Gräben oder Steu­er­höhung – und danach kommt der Satz: „Der Bür­ger­meister ent­schließt sich“.
Es wurde also im Gemein­derat nicht abge­stimmt, sondern nur beraten und danach konnte der Chef ent­scheiden was er wollte. Oder was seiner Meinung nach die Par­tei­leitung von ihm erwartete. Als ein­samer Entschluß.
Irgendwie kommt mir das bekannt vor. Frau Dr. Merkel arbeitet immer noch nach diesem Prinzip. Der Aus­stieg aus der Kern­kraft kam doch ganz plötzlich. Der war doch nicht vom Bun­destag beschlossen worden? Im Unter­schied zur Praxis im natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Dorf war er noch nicht einmal beraten worden. Auch die Ban­ken­rettung ging so hol­ter­di­polter über Nacht. Mit dem Finanz­mi­nister Stein­brück muß sie sich abge­stimmt haben, denn er war bei der Ver­kündung des Füh­rer­ent­schlusses ja dabei. Und der Ent­schluß zur Grenz­öffnung soll ja auch so einsam gefallen sein. Selbst Minister wurden überrascht.
Ich war bisher immer zu nach­sichtig und habe von der „schlech­testen Kanz­lerin seit Hitler“ geschrieben. Unter dem Gesichts­punkt der „Entschluß“-Freudigkeit und der Ein­samkeit ihrer Ent­schei­dungen steht sie mit dem Führer jedoch auf einer Stufe.
Wenn man „Merkel SS-Uniform“ eingibt, kommen bei der Bild­suche von Google rei­hen­weise pein­liche Kon­terfeis, oft aus Grie­chenland, der Türkei, Italien, Polen und von der deut­schen Sati­re­wirt­schaft. Aber auch die Main­stream­presse hat diese Abbil­dungen als Zitate genüßlich aus­ge­breitet. Abwegig ist der Ver­gleich also nicht.
Sollte ein Bun­des­tags­ab­ge­ord­neter den Kern­kraft­aus­stieg, die Ban­ken­rettung oder die Grenz­öffnung auf der Tages­ordnung einer Sitzung gefunden haben: Bitte melden. Dann muß dieser Eintrag neu geschrieben werden.
 
Dieser Beitrag erschien zuerst auf dem Blog von Wolgang Prabel