Kaum eine Geheimgesellschaft hat neben den Freimaurern die Gemüter und die Fantasie der Menschen so an- und erregt, wie der Geheimbund der Illuminaten, der »Erleuchteten«. Und kaum eine Verbindung hat den Freimaurern mehr geschadet als diese.
Am 1. Mai 1776 gründete der Philosophie- und Kirchenrechtsprofessor Adam Weishaupt (1748–1830) den »Bund der Illuminaten«, einst »Perfektibilisten« genannt, im bayrischen Ingolstadt. Im Zuge der damaligen geistigen und kulturellen Strömungen der Aufklärung sollten die Mitglieder versuchen Einfluss zu gewinnen und Ämter zu erlangen – befreit von der erdrückenden Jesuiten-Erziehung im Geiste eines selbstständiges Denkens, nach dem Motto: Vernunft als Religion. So sah Weishaupt seine Idee von einer »Geheimen Weisheitsschule«, dem Kosmopolitismus, umgesetzt. Hauptsächlich wandte er sich gegen die elitären Jesuiten, dem größten und einflussreichsten Männerbund der katholischen Kirche, gegen die Monarchie und trat für eine weltbürgerliche Gesinnung ein, eine sittliche Erziehung und Veredelung des Menschen, eine Herrschaft der Vernunft. Wissenschaften und Künste, das Streben nach Vollkommenheit, Menschenliebe, Tugend- und Rechtschaffenheit sollten verbreitet werden. Weishaupt wollte mit »feinsten und sichersten Mitteln« der »Tugend und Weisheit in der Welt über Dummheit und Bosheit den Sieg« verschaffen.
Dennoch wollte er mit seiner Abkehr von der Religion, die durch die Vernunft abgelöst werden, die den Menschen aus der geistigen Dunkelheit führen sollte, nichts anderes als eine Selbstbefreiung des Menschen. Der »religiöse« Mensch sollte durch den »erleuchteten« Menschen ersetzt werden, der seine Probleme durch den Gebrauch des Geistes löste. Das Wissen der Menschheit sollte in einer in einer »illuminatischen Wissenschaftsorganisation« zusammengeführt werden, die Physik, Mathematik, Medizin, Politik, schöne Künste und Geheimwissenschaften umfassen sollte.
In diesem Sinne versuchten Weishaupts Illuminaten die bestehenden Verhältnisse und Organisationen wie Politik, Adel und Presse zu unterwandern, ganz bewusst für ihre Ideen auszunutzen, gar in ihrem Sinne zu verändern. Denn das letzte Geheimnis des Geheimbundes war das »Novus Ordo Saeclorum«, die »Neue Weltordnung«, in der Monarchien durch Demokratien ersetzt, die Legitimation der Fürstenherrschaft also nicht nur kritisch hinterfragt, sondern abgeschafft werden sollte; in Verbindung mit der Vernunft als wesentliches Merkmal der Philosophie. Eine »einzige Weltregierung«, kontrolliert von den Illuminaten, sollte die nationalen Regierungen ersetzen. Ein gefährliches Gedankengut in der damaligen Zeit, das Raum für allerlei Spekulationen und (spätere) Verschwörungstheorien schuf.
Bis heute gelten die Illuminaten in weiten Kreisen als eine angebliche zionistisch-freimaurerische Elite und als Drahtzieher einer geheimen Weltverschwörung in Verbindung mit dem internationalen Bankenwesen, dem Kommunismus und dem Satanismus. So sollen beispielsweise laut Aric Z. Leavitt in The Illuminati so genannte »Luziferianer« gar die Übernahme Amerikas und die darauffolgende Auslöschung von Milliarden von Menschen durch die Illuminaten planen, um eine globale Diktatur zu installieren.
Weishaupt alias »Spartacus« selbst – der Ordensname war mit Bedacht gewählt, denn der antirömische thrakische Sklave Spartacus führte einst den Aufstand gegen die Römer an – war ein Zögling der Jesuiten und organisierte seine Illuminaten auch nach deren Vorbild als Geheimbund: Die Mitglieder, darunter auch Geistliche, erhielten Pseudonyme, es herrschte eine strenge Schweigepflicht über Ordensdinge und es wurde unbedingter Gehorsam gegenüber den Ordensoberen gefordert.
Darüber hinaus existierte eine strenge Kontrolle, sprich Bespitzelung der Mitglieder untereinander durch so genannte »Quibus-licet-Berichte«, ein Spionage- und Überwachungssystem, das er von den Jesuiten übernommen hatte. Der Geheimbund war ganz und gar undemokratisch strukturiert, an dessen Spitze der »Ordensgeneral« Weisshaupt selbst stand, der niemanden neben sich duldete und der versuchte seine Mitglieder gar gefügig zu machen, sie regelrecht »abzurichten« und dazu ein »System der Gehirnwäsche« erfunden hatte. Und auch »Juden und Weibsbilder« hatten in seinem Orden nichts verloren.
Im Internationalen Freimaurer Lexikon heißt es dazu: »Man suchte … Anlehnung an die Freimaurerei, verschaffte sich durch Marquis von Constanzo von der Berliner Großloge Royal York ein Patent für eine Münchner Loge ›Theodor zum guten Rat‹, die man dann unabhängig erklärte und in den I. (Iluminaten-)Orden überführte.«
Vergessen wir auch nicht, dass Weishaupt selbst 1780 in Bozen eine Freimaurerloge gründete, aber enttäuscht war, nachdem er alle Grade kennengelernt hatte. Geschätzt wird, dass etwa zwanzig bis fünfundzwanzig Prozent, manche sprechen sogar von über dreißig Prozent, von Freimaurern zu den Illuminaten übertraten.
Eine enorme Zahl! In diesem Zusammenhang wurde auch von einer »Illuminatenfreimaurerei« gesprochen.
Fortsetzung folgt…
Ein Beitrag von Guido Grandt — www.guido-grandt.de