Rommel (rechts) in Pas-de-Calais mit seinem Stabschef Hans Speidel (links), der ihn für den Widerstand gewinnen sollte, April 1944 Bildquelle: Bundesarchiv_Bild_101I-719-0240-22,

Tapfere Linke schänden General Rommels Grab — sie wissen nicht einmal, wer er war

Johannes Erwin Eugen Rommel, ein Aus­nah­me­ge­neral, ein Mythos. Seine Erfolge, sein Können, seine Tap­ferkeit und Fairness und seine Oppo­sition gegen Hitler sind legendär und wurden und werden auch heute noch überall, außer in Deutschland natürlich, bewundert. Auch die Briten, die nicht gerade Freunde der Deut­schen sind, schon gar nicht der aus der natio­nal­so­zia­lis­ti­schen Zeit, schreiben und reden von ihm mit großem Respekt. Es gibt Filme und Doku­men­ta­tionen über ihn, vier aus den USA, sieben aus Deutschland.
Erwin Rommel, der „Wüs­ten­fuchs“, ist nicht nur einfach ein Nazi-General, er ist ein Phä­nomen. Sein Mythos speist sich auch aus der Viel­di­men­sio­na­lität seiner Per­sön­lichkeit. Weder ist er ein durch und durch strah­lender Guter, ein Ritter ohne Fehl und Tadel, der von nichts Bösem wusste und dem nichts anzu­lasten wäre, noch ist er ein NS-Ver­brecher, der Unschuldige abschlachtet, brutal und macht­gierig keine Skrupel kennt. Er ist auf jeden Fall ein her­vor­ra­gender Soldat mit allen Vor­zügen eines ehren­haften Kriegers, eines Generals, der für seine Männer durchs Feuer geht, mit Pour-le-Mérite und Rit­ter­kreuz. Glü­hende Partei-Ideo­logen der Natio­nal­so­zia­listen iden­ti­fi­zierten sich mit ihm genauso, wie kühl tak­tie­rende, „unpo­li­tische“ Militärs, aber auch die Gegner Hitlers.
Gene­ral­feld­mar­schall Erwin Rommel ist kein Nazi. Seine Rolle ist eine tra­gische, und die Art, wie er aus dem Leben ging, ver­deut­licht seine Tra­gödie. Er wurde am 15. November 1891 in Hei­denheim an der Brenz geboren und starb am 14. Oktober 1944 nahe Ulm im Dienst­wagen der beiden Generäle Wilhelm Burgdorf, Hitlers Chef­ad­jutant und General Ernst Maisel, der Chef für Ehren­an­ge­le­gen­heiten im Heerespersonalamt.
Die beiden Herren hatten am Vortag bei Gene­ral­feld­mar­schall Rommel zu Hause ange­rufen und ihr Kommen ange­kündigt. Am nächsten Tag erscheinen sie bei ihm zu Hause und kon­fron­tieren ihn mit „belas­tendem Material“: Ein paar Wochen vorher hatte Pan­zer­ge­neral Heinrich Eberbach gegenüber deutsche Offi­zieren geäußert, Rommel habe ihm in einem Vier-Augen-Gespräch klar gesagt, dass auch seiner Meinung nach Hitler und seine Entourage getötet werden müsse. Obwohl mehrere Generäle so dachten, die ja zwei­felsfrei erkennen konnten, dass der Zwei­fron­ten­krieg im Osten gegen Russland und im Westen gegen Ame­ri­kaner und Briten nicht zu gewinnen war, zog das Miss­trauen in die Hee­res­führung ein. Das und andere Kon­takte, die Erwin Rommel nach­weislich in die Kreise der Wider­ständler innerhalb der Wehr­macht hat, bringen ihn mit dem Attentat von Stauf­fen­bergs am 20. Juli 1944 in Verbindung.
Erwin Rommel wehrt sich nicht gegen die Vor­würfe. Er wird vor die Wahl gestellt: Selbstmord oder ein Ver­fahren vor dem Volks­ge­richtshof. Rommel wählt den Weg der Ehre. Er ver­ab­schiedet sich von seiner Frau und seinem Sohn: „In einer Vier­tel­stunde bin ich tot“. Sein kleiner Sohn Manfred, später Stutt­garts Bür­ger­meister, geht noch mit bis vor die Haustür. Er sieht seinen Vater weg­fahren. Wenig später zer­beißt Erwin Rommel die Zyn­ka­li­kapsel im Auto.
Die Reichs­re­gierung hält ihrer­seits Wort. Die Öffent­lichkeit erfährt nichts von den Anschul­di­gungen und den Ver­bin­dungen zum Wider­stand. Er sei „seinen Ver­let­zungen erlegen“ wird ver­lautbart. Dass Rommel bei einem Tief­flie­ger­an­griff ver­letzt worden war, war schon vorher bekannt gewesen. Rommel erhält ein Staats­be­gräbnis mit allen Ehren und soll als im Kampf tödlich ver­wun­deter Trup­pen­führer und Held, vom Volk betrauert, in das ehrende Gedächtnis der deut­schen Geschichte eingehen.
Natürlich war das auch im Sinne des „Führers“, auch wenn er dabei die Faust in der Tasche geballt haben mag. Gene­ral­feld­mar­schall Erwin Rommel war ein Volksheld und galt als unta­de­liger Ritter. Die Lage an den Fronten war aus­sichtslos, im Volk gärte es und ein Volksheld vor dem Volks­ge­richtshof und einem schäu­menden und gei­fernden Richter Roland Freisler hätte großen Schaden anrichten können.
Erwin Rommel kannte die aus­weglose Lage der Wehr­macht an allen Fronten. Die Alli­ierten waren weit über­legen. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann die alli­ierten Truppen Deutschland über­rennen würden. Nach­weislich haderte Erwin Rommel mit seiner sol­da­ti­schen Treue zum Ober­be­fehls­haber. Er sieht keinen Sinn mehr darin, den Blutzoll auf allen Seiten in immer weitere Höhen zu treiben. Er ver­suchte, Adolf Hitler zu einem Sepa­rat­frieden mit den West­al­li­ierten zu drängen. Hitler lehnte ab. Heute wissen wir, dass Chur­chill sich in jedem Fall dagegen gesperrt hätte. Er wollte das ver­hasste deutsche Reich end­gültig auslöschen.
Erwin Rommel war bei der berühmt-berüch­tigten Lage­be­spre­chung nach der Landung der Alli­ierten in der Nor­mandie am 6. Juni 1944 dabei. Er wider­spricht dem Führer. Er nennt die Dinge beim Namen und weigert sich, weiter mit­zu­spielen und so zu tun, als sei ein Endsieg noch möglich. Er ver­lässt frus­triert und ver­zweifelt die Bespre­chung. Adolf Hitler und sein engster Kreis beäugen ihn schon damals mit Misstrauen.
Schon Erwins Eigen­mäch­tigkeit bei dem Küs­tenort El Alamein hatte ihm nicht gerade das unbe­dingte Ver­trauen des Führers ein­ge­bracht. In einem zähen Ringen hatten die deutsch-ita­lie­ni­schen Truppen die Briten unter dem Kom­mando des Ober­be­fehls­habers Bernard Mont­gomery vor sich her getrieben. Rommels Truppen schienen unauf­haltsam, was ihm seinen Namen „Der Wüs­ten­fuchs“ ein­ge­bracht hatte. Doch ab dem 23. Oktober setzten die Briten zum Gegen­schlag an. Eine ver­lust­reiche Schlacht für beide Seiten blieb vorerst buch­stäblich im Sande stecken. Die deutsche Pan­zer­di­vision hatte noch etwas mehr als 30 ihrer vormals 120 Panzer. Die Deut­schen hatten aber Teile des bri­ti­schen Offen­siv­planes erbeutet und wussten, was ihnen bevor­stand. Und Mont­gomery ver­fügte über eine bra­chiale Über­macht. Nur bei den Flug­zeugen ver­fügten die Briten über eine nur geringe Überzahl.
Die Kämpfe waren hart, die Briten konnten ganze Wellen von Panzern gegen die Deut­schen werfen. Rommels beste Truppe, die 90. Leichte Division schoss von 94 Panzern der Briten 70 ab. Doch die Briten schienen mit unbe­grenzten Reserven aus­ge­stattet zu sein. Immer neue Kolonnen von “Crusader”-Panzern, vor allem aber US-Modelle der Typen M3 “Grant” und M4 “Sherman” rückten auf die deut­schen Stel­lungen vor.
Der nächste Tag, der 3. November 1942 offen­barte, dass das Afri­ka­corps zusammen mit den Ita­lienern nur noch über Rest­be­stände ver­fügte und die Männer waren am Ende ihrer Kraft. Rommel traf eine Ent­scheidung: Rückzug.
Doch um 13:30 traf eine Order aus dem Füh­rer­haupt­quartier ein, die Sieg oder Tod for­derte. Jeder Kämpfer, jede Waffe sollte in die Schlacht geworfen werden. Das bedeutete den Tod aller Männer. Gene­ral­feld­mar­schall Rommel notierte, dass er wie vor den Kopf geschlagen war. Sein Glaube an das mili­tä­rische Genie Hitler war erschüttert. Am fol­genden Tag, dem 4. November, rang der „Wüs­ten­fuchs“ und Soldat bis in die Knochen sich zu der Ent­scheidung durch. Er ordnete den Rückzug an. Gene­ral­feld­mar­schall Albert Kes­selring kam zu ihm in den Befehls­stand und stellte sich auf Seiten Rommels. Hitler musste ein­lenken und den Rück­zugsplan Rommels akzeptieren.
Die Frage, wie weit Erwin Rommel im Wider­stand war, ist bis heute letzt­endlich unge­klärt. Sicher ist, dass er in enger Ver­bindung mit Gene­ral­leutnant Hans Speidel stand. Dieser war im April 1944 als Stabschef zur Hee­res­gruppe B gekommen, die Rommel leitete. Er sollte, so hatte die Wider­stands­gruppe in der Wehr­macht gegen Hitler gehofft, Gene­ral­feld­mar­schall Rommel für die Sache gewinnen. Anfang Juli, kurz vor dem Attentat von Stauf­fenberg, kam auch Caesar von Hof­acker zu Rommel. Er sollte klären, ob Rommel sich dem Wider­stand anschließen wolle. Rommels Name wurde außerdem in den pri­vaten Unter­lagen des ehe­ma­ligen Leip­ziger Ober­bür­ger­meisters und Wider­ständlers Carl Friedrich Goer­deler als Kontakt gefunden. Caesar von Hof­acker leitete den Umsturz­versuch gegen Hitler in Paris. Dieser misslang, von Hof­acker wurde ver­haftet und gefoltert. Wahr­scheinlich war der Name Erwin Rommels bei seinen erfol­terten Geständ­nissen auch gefallen. Immer wieder tauchte Rommels Name auf bei den grau­samen Ver­hören, die die Gestapo mit den gefassten Ver­schwörern gegen Hitler durchführt.
Erwin Rommel lag am 20. Juli 1944 mit einer Kriegs­ver­letzung durch einen feind­lichen Tief­flieger im Koma. Er konnte an dem Attentat nicht teil­nehmen. Ob er es je getan hätte, weiß niemand. Wahr­scheinlich wäre dies gegen seine sol­da­tische Treue und gegen seinen Eid gegangen. Viel­leicht hätte er keine andere Mög­lichkeit mehr gesehen, als Hitler und seinen engsten Kreis zu töten, um Deutschland zu retten. Wir wissen es nicht.
Er war der popu­lärste deutsche General des Zweiten Welt­krieges. Er war ein bril­lanter mili­tä­ri­scher Führer und wird weltweit dafür Respek­tiert und geehrt. Er zeigte Können, per­sön­lichen Mut und Ehre. Wie weit er in seinem Wider­stand gegen Hitler und seine Gefolg­schaft gegangen ist, ist umstritten. Dass er gegen Hitler offen oppo­niert hat, nicht.
 

 
Aber lassen wir doch einen der größten Gegner und Kri­tiker alles Deut­schen zu Wort kommen: Der bri­tische Pre­mier­mi­nister in der Zeit des Zweiten Welt­krieges und der Nach­kriegszeit, Sir Winston Chur­chill, der unver­söhn­liche Feind des deut­schen Reiches und all dessen, was Deutschland aus­macht sagte über Gene­ral­feld­mar­schall Erwin Rommel:
„Auch er ver­dient unsere Hoch­achtung, weil er, obwohl ein loyaler, deut­scher Soldat, Hitler und all seine Taten zu hassen lernte und sich an der Ver­schwörung im Jahre 1944 betei­ligte, um Deutschland durch die Besei­tigung des wahn­sin­nigen Tyrannen zu retten. Er hat dafür mit dem Leben bezahlt.“
Erwin Rommel war kein „Nazi“.
Wie unin­for­miert, unge­bildet, dumm, ver­hetzt, feige, ehrlos und ver­dorben kann man sein, um einem solchen Mann von Format, einem Toten, der sich nicht wehren kann, und über den man offenbar über­haupt nichts weiß, seinen Grab­stein zu besudeln?
Nicht einmal die Totenruhe respek­tieren sie.
So etwas Nied­riges hätten sogar seine Feinde niemals getan.