Symbolfoto: Betende Muslime (Screenshot YouTube)

Islam­kon­ferenz: Der Lack ist ab!

Von Roger Letsch — www.unbesorgt.de - Seit zwölf Jahren gibt es die Islam­kon­ferenz nun schon. Es handelt sich dabei um eine Initiative des Innen­mi­nis­te­riums, um fol­gende The­men­schwer­punkte zu bear­beiten: Prä­ven­ti­ons­arbeit mit Jugend­lichen (Stichwort: Radi­ka­li­sierung, Anti­se­mi­tismus), Fort­bildung von reli­giösem Per­sonal (Stichwort: Was lehren die Imame und wer bezahlt sie?), Rol­len­bilder in mus­li­mi­schen Milieus (Stichwort: Rolle von Frauen und Mädchen, Eman­zi­pation, patri­ar­chale Struk­turen) und bessere Inte­gration (Stichwort: Arbeits­markt, wie­derum Eman­zi­pation). Der Staat glaubte, für all dies Ansprech­partner zu benö­tigen und beging damit den Kar­di­nal­fehler, über das eher will­kür­liche Grup­pen­merkmal „mus­li­misch“ mit Pro­grammen, Auf­merk­samkeit und natürlich Geld zu locken. Diesem Lockruf folgten vor allem die isla­mi­schen Ver­bände, auch wenn diese kei­neswegs für sich in Anspruch nehmen können, eine Mehrheit der Muslime in Deutschland zu ver­treten. Ich halte die ganze Kon­ferenz für obsolet, weil ich die Insti­tu­tio­na­li­sierung und Ver­flechtung der Islam­ver­bände mit der Politik für gefährlich halte. Zudem ist die Kon­ferenz in meinen Augen in sämt­lichen Schwer­punkt­themen keinen Schritt vor­an­ge­kommen. Aber nu isse halt da, wie die Kanz­lerin sagen würde. Der Innen­mi­nister hat keine Chance, also sollte er sie nutzen! Denn bei allem was jetzt kommt, muss immer klar sein: Es ist seine Ver­an­staltung! Er lädt ein, er bezahlt die Musik, er hat den ganzen Klimbim ins Leben gerufen.

Ein tür­ki­scher „Think Tank“ lädt durch

Bildung ist der Schlüssel, so sagt man. Es gab sogar mal eine Kanz­lerin, die unser Land in „Bil­dungs­re­publik Deutschland“ umbe­nannt hatte. In allen Sonn­tags­reden, die stets in Kon­gress­hallen und nicht unter brö­ckelndem Putz in Klas­sen­räumen gehalten werden, schwören Poli­tiker heilige Eide auf unsere Zukunft, die in der Bildung läge. Ausweis des Bil­dungs­er­folges sind am Ende natürlich aka­de­mische Meriten und wenn ein Verein, der sich selbst als Think Tank bezeichnet und das Wort „Aka­de­miker“ im Namen hat, das große Wort führt, werden die Men­schen auf­merksam. Die Rede ist vom DTA, dem Verein „Deutsch-Tür­ki­scher Aka­de­miker“. Die Web­seite ist sehr auf­schluss­reich und belegt anhand einiger geschickt geschrie­bener Texte die Agenda dieses Think-Tanks: Prä­sident Erdogan porentief rein­zu­wa­schen. Er sei kein Islamist und stehe auch den Mus­lim­brüdern nicht nahe. Er habe viel­leicht ein kleines Problem mit auto­ri­tären Ten­denzen, aber bitte schön… wer hat das nicht! Die Türkei ist nach Dar­stellung der DTA ein säku­larer Mus­ter­staat, gerade im Ver­gleich mit dem nicht säku­laren Deutschland. Hier zwei Bei­spiele für die geschickte Propaganda.
In der Satire „PEGIDA hatte Recht. Wir hatten Unrecht“ nimmt der Autor die islam­kri­ti­schen Befind­lich­keiten von Pegida aus­ein­ander, indem er ihnen die Top-5-Länder der Zuwan­derung im Jahr 2013 um die Ohren schlägt. Und in der Tat ist es lustig, wenn wir lesen, dass diese Länder fol­gende sind: Polen, Rumänien, Bul­garien, Italien und Spanien. Die Türkei ver­zeichnete 2013 netto sogar eine Abwan­derung aus Deutschland. Lustig, diese Pegi­disten, oder? Nun sind deren Demos eigentlich das, was ich als „not my cup of tea“ bezeichnen würde, aber ehrlich sollte man schon sein: Pegida wurde erst im Dezember 2014 (!!) gegründet, nachdem die Zuwan­derung genau in diesem Jahr erheblich zunahm – und zwar nicht die aus EU-Ländern, zwi­schen denen Per­so­nen­frei­zü­gigkeit ohnehin eine Selbst­ver­ständ­lichkeit ist. Fazit: Lustig geschrieben, aber damit die Pointe passt, musste man die Daten­basis vor die Gründung von Pegida zurück­da­tieren. Nicht gerade fair, würde ich sagen. Aber was das angeht, liegt die Mess­latte ange­sichts von Heute-Show und eXtra3 ja auch nicht gerade hoch im Moment. Satire darf eben alles, auch Blödsinn komisch finden.
Ein wei­terer DTA-Artikel betrifft das Hand­zeichen, dass der tür­kische Prä­sident gern ver­wendet und das als Rab­biagruß bezeichnet wird. Nach all­ge­meiner Auf­fassung handelt es sich um ein Erken­nungs­merkmal oder eine Sym­pa­thie­be­kundung für die isla­mis­ti­schen Mus­lim­brüder und bezieht sich mit den vier abge­spreizten Fingern auf die vier Säulen des Islam. Man kommt auch bei DTA nicht umhin, den Ursprung des Grußes auf die Gescheh­nisse am „Rabia-al-Adawija-Platz“ in Kairo zurück­zu­führen, wo am 14. August 2013 das Militär unter as-Sisi das Pro­test­lager der Mus­lim­brüder, also der Anhänger des gestürzten Mursi, mit bru­taler Gewalt räumte. Seitdem ver­wendet Erdogan diesen Soli­da­ri­tätsgruß. Es ist kein Geheimnis, wem in Ägypten seine Sym­pathie galt und warum. Der DTA erklärt nun, die Inter­pre­tation des Rabbia-Grußes als isla­mis­tisch ver­biete sich deshalb. Sie haben ver­passt, wie das begründet wird? Nein, haben Sie nicht! Es wird nicht begründet, sie sollen das einfach glauben.

Kri­tiker-Gate

Aber ver­lassen wir die Web­seite des DTA und kehren zurück zur Islam­kon­ferenz des Innen­mi­nisters, die in diesem Jahr einiges zu bieten hatte. Zum Bei­spiel die Tat­sache, dass der Minister auch erklärte Kri­tiker und Reformer des Islam, wie Seyran Ateş, Ahmad Mansour und Hamed Abdel Samad, ein­ge­laden hatte. Nichts logi­scher als das, sagen Sie? Sehe ich auch so. Nicht jedoch die DTA, die ihren ganzen Hass auf diese drei Kri­tiker kaum in Worte fassen konnte (siehe Gift­schrank weiter unten). Islam­kri­tiker bei einer Islam­kon­ferenz? Seit wann sei denn sowas erlaubt! Wir, die teil­neh­menden Muslime erwarten Respekt – und der drücke sich gefäl­ligst darin aus, dass nur Leute anwesend sind, die den Islam für eine groß­artige, per­fekte Sache halten und nichts daran aus­zu­setzen haben.
Die Islam­kon­ferenz soll nach dem Willen der DTA eine einzige Hul­digung des Islam sein, bei der die Anwe­senden Nicht-Muslime den erlauchten Ver­tretern des insti­tu­tio­na­li­sierten Islam Gast­ge­schenke, Erge­ben­heits­adressen und Bar­schecks über­reichen. Kritik ist unnötig, Kri­tiker auch. Lieber frotzelt man über die Sicher­heits­maß­nahmen, unter denen Ateş, Mansour und Abdel-Samad leben müssen – und zwar deshalb, weil sie vor radi­ka­li­sierten Isla­misten geschützt werden müssen. Lesen Sie dazu auch den Bericht von Hamed Abdel-Samad zu seinen Beob­ach­tungen auf der Kon­ferenz. Meines Wissens ist niemand bei der DTA Abdel-Samad bei­gesprungen, als eine Fatwa seinen Tod for­derte. Niemand von den ach so fried­lichen Insti­tu­tionen, die sich bei der Islam­kon­ferenz die Finger ver­golden lassen, sprang Seyran Ateş bei, als sie in Berlin ihre liberale Moschee gründete. Im Gegenteil. Man spottet, man sti­chelt, man hetzt. Kri­tiker uner­wünscht. Wer am Leben hängt, darf den Islam eben nicht kritisieren.

Blut­wurstgate

Eine der Speisen, die auf der Kon­ferenz gereicht wurden, lies bei der DTA die nächste Sicherung durch­brennen: Blut­wurst. Nun kann auch ich darin keine Deli­ka­tesse ent­decken und würde lieber Kohl­dampf schieben, als mich je zum Verzehr über­winden zu können – aber meine Flönz-Absenz hat keine reli­giösen, sondern empi­rische Gründe. Aller­dings scheint die DTA anzu­nehmen, dass aus­schließlich Muslime auf der Kon­ferenz zu bekös­tigen waren und stellt die Sache dar, als hätte es aus­schließlich Blut­wurst gegeben. Beides war nicht der Fall und ich frage mich, wie man nur so unsou­verän sein kann, diese Peti­tesse derart hoch­zu­spielen. Doch das Schau­spiel ist bezeichnend für die tat­säch­liche Agenda vieler mus­li­mi­scher Vereine und Ver­bände. Besonders jener, die sich auf der Islam­kon­ferenz am lau­testen gebärden.
Man möchte das ganze Land und alle Aspekte des Lebens zu einem „Safe-Space“ für mus­li­mische Befind­lich­keiten machen. Eine „Rück­sicht“ hier, eine „Toleranz“ dort, eine „Regel­än­derung“ da. Das Essen muss halal sein, wenn Muslime in der Nähe sind, alle Deut­schen fasten den Ramadan mit oder nehmen „Rück­sicht“, indem sie nicht in der Öffent­lichkeit essen oder rauchen. Und das Lamm zum Opferfest möchte man dort schlachten dürfen, wo am nächsten Tag wieder Demons­tra­tionen für Tier­rechte statt­finden können. Wer daran etwas aus­zu­setzen hat, ist ein isla­mo­phober Rassist! Auf diese Weise erleichtert, ja, erzwingt man geradezu die Ent­stehung einer voll­stän­digen und all­um­fas­senden Parallelgesellschaft.
Die Agenda des Innen­mi­nis­te­riums ist gescheitert und die Hoffnung, die man dort in die Islam­kon­ferenz setzte, löst sich mehr und mehr im Dissenz auf. Statt die Inte­gration zu fördern, sorgt man für die Ewig­keits­ga­rantie einer immer extremer wer­denden Opfer­haltung von mus­li­mi­schen Schnee­flöckchen, die ihren Migra­ti­ons­hin­ter­grund mehr und mehr zum Vor­der­grund machen, je länger sie die Migration als solche hinter sich gelassen haben müssten. Man ist Muslim und Aka­de­miker, Muslima und Frau, Muslim und Fuß­baller, Muslim und Deut­scher, wobei Muslim immer vorn steht und die primäre Grup­pen­zu­ge­hö­rigkeit defi­niert. Man bezeichnet sich zwar gern als deutsch und ver­weist auf Geburtsort und Pass, stellt dieser Iden­tität jedoch zu jeder Zeit das Mus­li­mischsein als sinn­be­stimmend voran. Leider spielt die Politik dieses Spiel mit und spendet reichlich Auf­merk­samkeit und Geld. Fürs „Frau sein“ gibt es keine För­derung – Muslima und Frau sein hilft weiter. Die unge­fil­terte deutsche Rea­lität, so lernen wir aus der Causa „Blut­wurst“, ist für Muslime unzu­mutbar. Rei­sende und sich ekelnde soll man bekanntlich nicht auf­halten, denn das ist es, was wir anzu­bieten haben: Gel­sen­kirchen, Kölsch, Leberkäs und Flönz. Wir werden uns nicht ändern. Schon gar nicht, wenn man uns so „freundlich” darum bittet, wie der DTA.

Güler-Gate

Könnte man die Sache mit der Blut­wurst noch als etwas abtun, dass jemandem nur deshalb den Tag ver­sauen kann, weil er sich daran gewöhnt hat, beim kleinsten Weh­wehchen nach der Nanny zu greinen, ist der dritte Satz des Empö­rungs­kon­zertes einfach eine Frechheit, die exakt die Grenze zwi­schen Kultur und Zivi­li­sation auf­zeigt. Denn in welcher ver­ächt­lichen, sexis­ti­schen und in jeder Silbe unan­ge­mes­senen Weise sich der DTA über Serap Güler äußerte, hätte dem Ver­fasser von meiner Seite noch vor hundert Jahren eine Ein­ladung auf die vom Frühtau feuchte Wiese mit­hilfe eines kalbs­le­dernen Hand­schuhs ein­ge­bracht. Jeder nur ein Sekundant.
Was musste pas­sieren, um zu bewirken, dass bei den „steu­er­zah­lenden Musel­manen“ derart die Sicherung des Anstandes durch­brannte? Frau Güler, ihres Amtes Staats­se­kre­tärin für Inte­gration in NRW und Mit­glied der CDU, nahm eben­falls in offi­zi­eller Mission an der Kon­ferenz teil. Statt jedoch im Hijab auf­zu­treten, wie das die DTA viel­leicht als sittlich anständig und einer Muslima geziemend ansieht, trug Güler ein kurzes Kleid. Dies trug ihr Auf­merk­samkeit auf unterstem Pen­nä­ler­niveau ein und die Aka­de­miker von der DTA ergingen sich in Mut­ma­ßungen über „post­mens­truale Wech­sel­jahrs­yn­drome“ und stellten Ver­mu­tungen über die Farbe und Beschaf­fenheit von Gülers Unter­wäsche an.
Spä­testens bei diesen Ent­glei­sungen ist der Beweis erbracht, dass Bildung eben doch nicht alles ist und die deutsch-tür­ki­schen Aka­de­miker – oder doch zumindest einige davon – nicht in der Lage sind, die tra­di­tio­nelle und vom Islam min­destens ver­stärkte Gering­schätzung von Frauen aus den harten Schädeln zu kriegen. Ein extra großes Problem hat man offen­sichtlich mit tür­kisch-stäm­migen Frauen, die sich ganz selbst­ver­ständlich wie bio­deutsche Frauen kleiden. Aber um genau das abzu­stellen, gibt es doch seit zwölf Jahren die Islam­kon­ferenz! Wenn es aber sogar noch in den Köpfen von tür­kisch-deut­schen Aka­de­mikern derart finster aus­sieht, was genau wurde da eigentlich all die Jahre über gemacht, außer sich in immer neuen Formen und auf immer mehr Kon­fe­renzen vom Staat pampern zu lassen?
An Seyran Ateş, Ahmad Mansour und Hamed Abdel Samad: Bitte machen Sie weiter! Solange Sie auf Kon­fe­renzen wie dieser nur mit Per­so­nen­schutz auf­treten können, ist noch nichts erreicht.
An Serap Güler: Ich bin nicht immer mit Ihnen einer Meinung, das tut in diesem Fall jedoch nichts zur Sache. Es ist ihr gutes Recht, sich so zu kleiden, wie Sie es für ange­messen halten. Aber Sie wären in der Politik nicht so weit gekommen, wenn Sie sich von Ihrer Her­kunft und der Denk­weise der dort vor­herr­schenden Struk­turen nicht weit genug eman­zi­piert hätten. Dafür haben Sie sich meinen ehr­lichen Respekt ver­dient. Respekt für Leistung, wie in unserer Gesell­schaft üblich. Nicht die Art Respekt, die von der DTA ver­misst wird, wenn sie Blut­wurst schnuppert.
An die DTA: Wenn Ihnen der Gast­geber, dessen Gäste und das Catering nicht passen, richten Sie Ihre Kon­fe­renzen gefäl­ligst selbst aus! Auf eigene Kosten bitte. Ihre fle­gel­haften Äuße­rungen über Kri­tiker des Islam und Frau Güler waren das Aller­letzte und sind zivi­li­sierter Men­schen, die sich noch dazu Aka­de­miker nennen, unwürdig. Um ihre Worte zu ver­wenden: Wir erwarten Aufklärung!


Da der Beitrag der DTA auf Facebook mitt­ler­weile gelöscht oder auf privat gestellt wurde, ist er derzeit nicht mehr abrufbar. Ich kann nur hoffen, dass dort jetzt so richtig die Hütte brennt – ver­dient hätte man es. Aller­dings bin ich der Meinung, dass man dieses Kon­volut aus Belei­di­gungen, schlechtem Deutsch und puber­tären Unver­schämt­heiten atom­bom­ben­sicher auf­be­wahren sollte, um eines Tages zu belegen, was tür­kisch-deutsche Aka­de­miker im Jahr 2018 schrieben, während sie die Meinung ver­traten, die Deut­schen täten nicht genug für den Islam und die Inte­gration. Damit meine Leser also wissen, warum ich mich hier so aufrege, gebe ich den DTA-Text unbe­ar­beitet und ohne weitere Kom­mentare hier wieder.