von Wolfgang Prabel
In meiner Jugendzeit gab es Bonzenkinder, die als Trotzkisten in die Betriebe gingen, um die Arbeiterklasse für ihre historische Mission auf Betriebstemperatur zu bringen. So um 1970 rum. In Weimar zum Beispiel Ruprecht Schröder, der ins Mähdrescherwerk ging und dort agitierte. Es gab Gerüchte, dass er sogar einen Bombenanschlag zustande gebracht hätte, aber da war von meinen Freunden niemand dabei, der das bezeugen konnte.
Nach einer Weile landete er im Westen, die Abschiebung war der übliche Weg, wenn die Eltern im Sicherheitsapparat ihre Brötchen verdienten. Nur seine Bücher vom Leuchtturmverlag, wo drin stand, wie man den Sozialismus fachgerecht aufbaut, kursierten noch eine Weile im Untergrund. Es war interessant drin zu schmökern und davon zu träumen, dass ja alles ganz anders gekommen wäre, wenn Blutkommissar Trotzki es zum Chef geschafft hätte. Die Arbeiterklasse musste ab nun alleine sehen wie sie zurechtkam.
Im Januar 1990 bekam sie im mittlerweile in Weimar-Werk umbenannten Mähdrescherwerk einen lupenreinen Generalstreik gegen die Stalinisten hin, die den Sozialismus diletantisch aufgebaut hatten. Der Anlass war eigentlich banal: Die „Kampfgruppen der Arbeiterklasse“ wurden aufgelöst und in der Kriegskasse waren noch Ostmark. Jedes Mitglied bekam 25 Mark ausgezahlt, was die übrigen Arbeiter in der Stadt und im Landkreis zur Weißglut reizte. Es wurde gestreikt — und nun gleich auch noch gegen die Umbenennung der Stasi in „Amt für Nationale Sicherheit“.
Der Altrevoluzzer Schröder traf sich jährlich mit seiner Mutti in Prag, um die Alimente in Deutschmark auszuzahlen. Das wars im Westen mit der Revolution. Seine Osttochter ist mittlerweile groß und macht Musik mit der Steinzeitflöte.
Ja, 40 Jahre sind also mal rum. Die Merkeljugend fühlt sich ja auch noch irgendwie links, aber mit der Arbeiterklasse hat sie nichts mehr im Sinn. Connewitz ist so ein Hotspot der AnhängerInnen der KanzlerIn. Aus dieser finsteren Gegend wurde von Tag24 von einem Überfall auf zwei Kanalarbeiter berichtet.
Im Leipziger Süden haben vier vermummte Personen den Mitarbeiter einer Kanalreinigungsfirma angegriffen und verletzt. Der 31-Jährige war mit seinem Kollegen am Mittwoch in der Bornaischen Straße im Ortsteil Connewitz beschäftigt. Gegen 11.10 Uhr kamen plötzlich vier vermummte Personen auf das Duo zu. Sie griffen den Mann körperlich an. „Eine ebenfalls vermummte Frau hielt seinen Kollegen durch Drohungen davon ab, dem 31-Jährigen zu helfen“, so Polizeisprecher Uwe Voigt. Die Täter verschwanden unerkannt in Richtung Meusdorfer Straße. Das Opfer wurde an Kopf und Körper verletzt und umgehend in eine Klinik eingeliefert.
Ja, das wars dann wohl mit der Weltrevolution. Früher Kopfkino, heute eine auf die Nuss. Und die Kanalfirma wird ab jetzt wohl Personenschutz fordern. Ich denke, die sächsischen Arbeiter wissen, was sie im Herbst wählen müssen.
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