Die Deutschen sind nicht glücklich. Weder mit Ihrer Regierung, noch mit der Wirtschaftslage, nicht mit Ihren Einkommensverhältnissen und nicht mit den Wohnungspreisen. Sie werden langsam sauer wegen den immer neuen Zumutungen von steigenden Benzinpreisen, Strompreisen, Mieten, Lebensmittelpreisen und darüber, dass sie auch noch fürchten müssen, mit ihrem Dieselauto zu den großen Verlierern zu gehören.
Wer seinen Job verliert, wird sehr bald zum „Hartzer“ — heute schon ein Stigma. Die Agenda-Reformen, deren Frucht Hartz IV ist, sind ein Werk des SPD-Kanzlers Gerhard Schröder. Ein nicht unbeträchtlicher Anteil der Deutschen lebt in Altersarmut oder steht kurz davor. Und überhaupt dackelt die SPD brav bei der Merkelschen a‑sozialen Sturheil-Politik gegen die deutschen Bürger mit.
Die SPD Stammwählerschaft, die Arbeiter und kleinen Leute, spüren den Druck durch die Masseneinwanderung. Der klassische SPD-Wähler wohnt nicht im Villenviertel oder im schnieken Penthouse. Er wohnt in direkter Nachbarschaft zu denen, deren Bemühungen, sich zu integrieren eher überschaubar sind, die aber nicht selten mehr Geld vom Staat bekommen, als der einfache Schon-länger-hier-Lebende hat. Die nichts einbezahlt und beigetragen haben zum Staat, aber besser gestellt sind als er, der Malocher (m/w/d).
Die SPD nähert sich deswegen in Umfragen stetig der Grenze, ab wo eine Partei in die Bedeutungslosigkeit versinkt. Die AfD, das politische Schmuddelkind, steht in Umfragen gleichauf oder überholt die gute, alte Tante SPD. Deren Parteivorsitzende Andrea Nahles ist innerhalb und außerhalb der Partei unbeliebt und außer bei niveaulosen Verbalattacken — gern auf die AfD — erhält sie wenig Beachtung. Nur Altkanzler Schröder bescheinigt ihr schon mal völlige Inkompetenz und „Amateurfehler“. Selbst nicht unbedingt der Inbegriff fein ziselierter Anmerkungen, findet Herr Schröder die verbalen Ausfälle seiner Nachfolgerin nicht angebracht („und ab morgen kriegen sie in die Fresse“). Er hält sogar Herrn Sigmar Gabriel für kompetenter. Gibt es eine verheerendere Kritik?
Was im politischen Berlin schon lange bekannt ist: Frau Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel hat ein langes Register an politischen Partnern, deren leere, ausgesaugte Hüllen am Rande ihres Weges liegen. Jetzt erst begreift die SPD, dass sie das jüngste Opfer ist.
Ohne Zweifel, der politische Apnoe-Taucher SPD muss schleunigst wieder an die Oberfläche, die Luft geht aus. Und der Bundesbürger reibt sich verdutzt die Augen, dass — quasi über Nacht – das soziale, linke Herz der ehemaligen Volkspartei wieder zu schlagen beginnt. Mit Tadaaa! meldet sie sich zurück, die Partei der Sozialen Gerechtigkeit und verkündet ihre Forderungen.
Ein neues Sozialstaatskonzept ist geboren worden. Und es zielt genau auf das alte SPD-Klientel. Jetzt wird nicht mehr gekleckert, sondern geklotzt. Das Arbeitslosengeld I soll nicht nur ein Jahr, sondern drei Jahre bezahlt werden, die Kindergrundsicherung muss her, der Mindestlohn muss deutlich rauf und eine Grundrente ist geplant. Hartz IV muss weg und soll durch „Bürgergeld“ ersetzt werden, was sich von Hartz IV insbesondere dadurch unterscheidet, dass es nicht mehr die schikanösen Kämpfe der Jobcenter gegen die bittstellenden Hartzer geben soll. Ein Übergangsgeld von zwei Jahren ohne Bedürftigkeitsprüfung wird die Verlierer der Groko-Politik besänftigen, der Ringkampf der Arbeitslosen mit der Agentur für Arbeit soll nicht mehr eine erniedrigende und zermürbende Vollzeitbeschäftigung sein. Das Jobcenter bekommt einen Teil seines Sanktionen-Folter-Arsenals weggenommen.
Die SPD hat ihr Grundthema „Soziale Gerechtigkeit“ wiederentdeckt und kämpft nun für den „Kleinen Mann“ (m/w/d). Die Partei hat begriffen, dass sie wieder Profil gewinnen muss, ihr Kernthema wieder besetzen und sich nicht mehr nur als „Korrektiv“ der Unionspolitik sehen darf.
Kennen Sie den Tiefsee-Anglerfisch? Da ist das Männchen nur zwei Zentimeter groß und das Weibchen etwa 40 Zentimeter. Tut sich das Männchen mit der großen Partnerin zusammen, dockt es sich daran an, hört auf zu fressen und wächst mit dem großen Weibchen zusammen und ernährt sich über dessen Blutkreislauf. Nur seine Sexualorgane und seine Kiemen funktionieren noch.
Die SPD legt es offensichtlich darauf an, sich von der CDU zu lösen, bevor sie ein bedeutungsloses Anhängsel wird. Der Spiegel-Journalist Sebastian Fischer sieht mit diesem Sozialprogramm die politische Abnabelung, das Wiederentdecken des eigenen, politischen Lebens der Partei und eine deutliche Absetzbewegung der SPD. Und eine Strategie.
Dieser entschlossene Vorstoß der Sozialdemokraten wolle damit nämlich auch auf den Bruch des Koalitionsvertrages hinaus, „die SPD hat die Operation Exit gestartet“. Jetzt gilt es, einen Befreiungskampf gegen die Union auszutragen, bei dem Ruhm und Ehre errungen werden müssen. Der Bruch der Koalition muss kommen, um die SPD wieder als Kämpfer für Soziale Gerechtigkeit in der politischen Arena sichtbar und wählbar zu machen.
Die SPD erhofft sich davon keine Vorteile innerhalb der Großen Koalition, auch keine Regierungsumbildung, von der sie profitieren könnte. Sebastian Fischer sieht darin eher den Plan, „sich aus dem Spiel zu nehmen“ um sich vor dem Absturz zu retten. Neuwahlen sind nicht das Ziel, denn zur Zeit wäre das Ergebnis für die SPD ein Desaster.
Möglicherweise wird die Nachfolgerin der Kanzlerin Merkel Frau Annegret Kramp-Karrenbauer bei einem Koalitionsbruch sich an die Grünen und die FDP wenden. Eine Mischung, die eigentlich nur ein „Weiterwurschteln“ wäre – und der SPD als echter Opposition neben der AfD die Bühne für einen starken Auftritt und eine Erneuerung bieten würde, noch rechtzeitig vor der nächsten Wahl. Es wird wieder spannend in Berlin.
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