Michaela Jordan aus dem rheinischen Wülfrath ist Polizistin. Sie wollte sich einen Mops anschaffen und eine Freundin entdeckte auf Ebay ein Angebot, das erstmal verdächtig günstig zu sein schien: Eine „süße Mopsdame“ mit klingendem Von-und-zu-Stammbaum, nur ein Jahr alt, geimpft, mit allen erforderlichen Papieren, gechipt und nicht kastriert. Der Tierarzt, so war im Begleittext zu lesen, attestiere dem Tier, „kerngesund“ zu sein. Darunter stand „privater Anbieter“ und als Kontakt gab es zwei Telefonnummern, die der Stadt Ahlen gehören.
Michaela Jordan war zwar skeptisch, denn für einen reinrassigen Mops werden Preise zwischen 1500 und 2000 Euro bezahlt. Auf Anruf erfuhr sie dann von dem Mitarbeiter der Stadt Ahlen, der auch dieprivate Anzeige bei Ebay geschaltet hatte, die Einzelheiten. Dass der Hund völlig rechtmäßig bei seinen alten Besitzern wegen nicht gezahlter Hundesteuer gepfändet worden war und überhaupt sei damit alles in Ordnung. Der, der zuerst zusagt, bekommt die Möpsin.
Daraufhin ging Frau Jordan das Geschäft ein, der Kaufvertrag wurde hin- und unterschrieben zurückgefaxt und schon am nächsten Tag fuhr die Wülfrather Polizistin freudig nach Hamm, wo eine Kollegin des privaten Anbieters den Hund solange in Pflege hatte.
Die Freude über die niedliche Hundedame währte nicht lange. Schon eine Woche später fiel dem neuen Frauchen auf, dass da was mit einem Auge gar nicht in Ordnung war. Der konsultierte Tierarzt hielt eine Operation am Auge für unumgänglich. Es blieb nicht bei der einen Operation. Viermal ist Mopsdame Edda vom Kappenberger See nun schon wegen des geschädigten Auges operiert worden, eine davon war eine Notoperation in der Tierklinik Duisburg – und das an Weihnachten. Die Kosten haben sich auf 1800 Euro aufsummiert und Michaela Jordan hat einen dicken Hals. Von wegen „kerngesund“. Nun fordert sie diese Summe von der Stadt Ahlen. Die stellte sich ersteinmal steif.
Nun hat Frau Jordan sich einen Anwalt genommen und fordert sowohl die medizinischen Kosten, als auch den Kaufpreis von der Stadt zurück, was schon satte 2550 Euro sind. Sie sei von der Stadtverwaltung arglistig getäuscht worden, macht Frau Jordan geltend. Die Stadt Ahlen schaltete ebenfalls einen Anwalt ein, sicherte aber auch zu, man werde den Fall intern genau prüfen, so der Pressesprecher der Stadt Ahlen, Frank Merschhaus.
Von den bekannten Fakten her sieht es so aus, dass eine arglistige Täuschung eben auch nur bei Arglist gegeben ist. Sollte dem Tierarzt das Augenproblem bei Begutachtung der adeligen Mopsdame nicht aufgefallen sein und er nach fachkundiger Inaugenscheinnahme ein solches Attest ausgestellt hat, ist das Angebot auf Ebay guten Glaubens gemacht worden und so auch in Ordnung. Immerhin hat auch die Käuferin erst nach einer Woche bemerkt, dass Edda Von-und-zu ein Problem mit einem Auge hat. Bei einem Privatkauf einer Sache (und als solche gilt die Möpsin), wo „gekauft, wie gesehen“ gilt, ist eine Mängelhaftung in der Regel ausgeschlossen und Rückabwicklung auch. Es könnte aber fraglich sein, ob eine von der Stadt rechtens gepfändete Sache überhaupt von einem städtischen Mitarbeiter als Privatanbieter über eine private Versteigerungsplattform angeboten und verkauft werden darf. Das dürfte relativ knifflig werden.
Mit dem Fall „Edda vom Kappenberger See“ hat die Stadt Ahlen eine ziemlich große Dose Würmer aufgemacht. Nicht nur, dass jetzt eine Kostenerstattung von 2550 Euro drohen könnte, plus alle Anwalts- und Gerichtskosten. Nein, es gibt auch noch einen ziemlichen Shitstorm gegen die Stadt. Tierschützer regen sich auf, dass Möpsin Edda überhaupt als „Sache“ gepfändet werden konnte, mitfühlenden Menschen tut das Tierchen und die Familie leid. Richtig rund ging es aber, nachdem auch noch herauskam, dass dem Vater der betroffenen Familie mit drei kleinen Kindern, der nach einem Arbeitsunfall im Rollstuhl sitzt, sogar dieser Rollstuhl unterm Hintern weggepfändet werden sollte. Das ging nur deshalb nicht, weil der Rollstuhl nicht dem Mann, sondern der Berufsgenossenschaft gehört. Da in der Wohnung der Familie keine werthaltigen Dinge gefunden werden konnten, um die Forderungen der Stadt zu befriedigen, wurde dann kurzerhand Mopsdame Edda der Kuckuck auf den Popo geklebt. Es sei das erste Mal, dass man überhaupt ein Tier gepfändet habe … und ja, das Verhalten des Mitarbeiters sei „unüblich“, räumte Stadtsprecher Frank Merschhaus etwas hilflos gegenüber der Presse ein. Er hat zur Zeit ziemlich viel zu tun. Selbst überregionale Zeitungen stürzen sich auf den skurrilen Fall. Wie die ganze verfahrene Sache letztendlich am Ende ausgeht – man wird sehen.
In der Wohnung der gepfändeten Familie ohne Wertsachen steht der einsame Fressnapf von Mopsfräulein Edda mit einem gerahmten Bild von ihr daneben. Aber sehr wahrscheinlich wird sie nie wieder zurück nach Hause kommen.