Die Mili­ta­ri­sierung von Xi Jin­pings China

von Gordon G. Chang

  • Die Volks­be­frei­ungs­armee rüstet rasch auf, und diese Ent­wicklung löst Alarm aus. Peking hat immer behauptet, dass sein Militär nur zu Ver­tei­di­gungs­zwecken dient, aber kein Land bedroht das Gebiet unter Chinas Kon­trolle. Der Aufbau sieht daher wie eine Vor­be­reitung auf Aggression aus.
  • Chi­ne­sische Führer — nicht nur Xi Jinping — glauben, dass ihre Herr­schafts­do­mänen viel größer sein sollten als sie es heute sind. Die Sorge ist, dass sie, nach eigener Rhe­torik, glän­zende neue Waffen ein­setzen werden, um Ter­ri­torium zu erobern und unter Aus­schluss anderer den inter­na­tio­nalen Wasser- und Luftraum zu besetzen.
  • Aus­serdem hatten die Medien in den 1930er-Jahren die Vor­stellung ver­öf­fent­licht, dass Japan von feind­lichen Mächten umgeben sei, die seinen Auf­stieg ver­hindern wollten. Eri Hotta in Japan 1941: Countdown to Infamy schreibt, dass die Japaner “sich selbst davon über­zeugt haben, dass sie eher Opfer von Umständen als von Angreifern sind”. Das ist genau das, was die Chi­nesen im Moment tun.
  • Leider ist dieses tra­gische Muster heute in Peking offen­sichtlich, wo Chi­nesen, die Sterne auf den Schultern tragen, so aus­sehen, als wollten sie einen der größten Fehler des letzten Jahr­hun­derts wiederholen.

“Sei bereit für den Kampf.” So fasste die South China Morning Post, die Hong­konger Zeitung, die zunehmend die Linie der Kom­mu­nis­ti­schen Partei wider­spiegelt, den ersten Auftrag von Xi Jinping in diesem Jahr an die Volks­be­frei­ungs­armee (PLA) zusammen. Xi, nach seinen eigenen Worten, die lan­desweit aus­ge­strahlt wurden, for­derte dieses: “Bereiten Sie sich auf einen umfas­senden mili­tä­ri­schen Kampf von einem neuen Aus­gangs­punkt aus vor.”
Chinas mutiger Führer hat in den letzten Monaten mit einer gewissen Häu­figkeit Nachbarn und die Ver­ei­nigten Staaten bedroht. “Xi spielt nicht nur mit Krieg”, schrieb Victor Mair von der Uni­ver­sität Penn­syl­vanien diesen Monat auf der Fanell Red Star Rising Liste. “Er traut sich zu, einen zu beginnen. Er ist in einer gefähr­lichen geis­tigen Verfassung.”
In der Tat gefährlich. Von Washington bis Neu-Delhi fragen sich die Poli­tiker, ob China den nächsten großen Kon­flikt der Geschichte beginnen wird. Peking will natürlich “kampflos gewinnen”, aber die Maß­nahmen, die Xi Jinping ergreift, könnten dennoch zu einem Kampf führen. Eine besonders beun­ru­hi­gende Ent­wicklung in dieser Hin­sicht ist der Anstieg des Ein­flusses des chi­ne­si­schen Militärs in den poli­ti­schen Kreisen Pekings.
Die PLA, wie das chi­ne­sische Militär genannt wird, rüstet rasch auf, und diese Ent­wicklung löst Alarm aus. Peking hat immer behauptet, dass sein Militär nur zu Ver­tei­di­gungs­zwecken dient, aber kein Land bedroht das Gebiet unter Chinas Kon­trolle. Der Aufbau sieht daher wie eine Vor­be­reitung auf eine Aggression aus. Ein Großteil der Aus­rüstung, die die Volks­be­frei­ungs­armee beschafft — Flug­zeug­träger, amphi­bische Trup­pen­träger und Tarn­kap­pen­bomber — dient der Pro­jektion von Macht und nicht der Ver­tei­digung der Heimat.
Chi­ne­sische Führer — nicht nur Xi Jinping — glauben, dass ihre Herr­schafts­do­mänen viel größer sein sollten als heute. Die Sorge ist, dass sie, nach eigener Rhe­torik, glän­zende neue Waffen ein­setzen werden, um Ter­ri­torium zu erobern und unter Aus­schluss anderer den inter­na­tio­nalen Wasser- und Luftraum zu besetzen.
Die Chi­nesen — Führer und andere — haben sicherlich den schlimmsten Fall von Irre­den­tismus, wenn sie ver­suchen, Gebiete “wie­der­zu­be­schaffen”, die sie tat­sächlich nie beherrscht haben, doch sie stellen sich nicht unbe­dingt die mili­tä­rische Eroberung als Mittel zum Erwerb rie­siger “ver­lo­rener Gebiete” vor. Sie glauben, dass sie ein­schüchtern und nötigen und es sich dann ohne Gewalt nehmen können.
Die schnelle Auf­rüstung hat auch andere Ziele. Über China redend, sagte Arthur Waldron von der Uni­ver­sität Penn­syl­vanien gegenüber dem Gatestone Institute:
“Ich denke, sein Ziel ist es, seine Groß­ar­tigkeit in den Augen der Welt zu erhöhen, sodass ihr Aufbau daher als ein Versuch zu ver­stehen ist, stark genug zu werden, um das inter­na­tionale System ohne Kon­se­quenzen miss­achten zu können.”
Trotz der Rhe­torik kennen die Chi­nesen die “Unwäg­bar­keiten”, tat­sächlich in den Krieg zu ziehen. Seit Jahr­hun­derten sind sie nicht sehr gut darin und ertragen eine Nie­derlage nach der anderen und eine Invasion nach der anderen.
Ihre mili­tä­rische Bilanz während der Amtszeit der Volks­re­publik ist ähnlich wenig beein­dru­ckend. Ja, die Chi­nesen haben die Kon­trolle über die Paracel-Inseln und die Spratlys im Süd­chi­ne­si­schen Meer in einer Reihe von Gefechten mit ver­schie­denen viet­na­me­si­schen Regie­rungen über­nommen, aber diese Zwi­schen­fälle waren im Ver­gleich zu den Rück­schlägen geringfügig.
Mao Zedong erlitt viel­leicht 600.000 Tote — dar­unter auch seinen Sohn Mao Anying — um Anfang der 1950er-Jahre in Korea ein Unent­schieden zu erzielen. Sein Nach­folger, Deng Xiaoping, startete 1979 einen Überfall, “um Vietnam eine Lehre zu erteilen” und erlitt statt­dessen eine demü­ti­gende Nie­derlage durch die Hände seines kleinen kom­mu­nis­ti­schen Nachbarn.
Trotz seiner schwachen Bilanz gibt China Anlass zu großer Sorge. Xi war bereits den Gene­rälen und Admi­ralen ver­pflichtet, die den Kern seiner poli­ti­schen Unter­stützung in den Kreisen der Kom­mu­nis­ti­schen Partei bilden, und sie sind noch mäch­tiger geworden, da das chi­ne­sische Volk wider­spens­tiger geworden ist.
Wie Willy Lam von der chi­ne­si­schen Uni­ver­sität Hong Kong diesen Monat zu Gatestone sagte, “ist die oberste Führung paranoid wegen mas­siver sozialer Unruhen” und hat dem Militär und der Polizei “zusätz­liche Macht gegeben, die innere Sicherheit zu ver­schärfen… Xi ver­steht sehr gut, dass es die Armee und die Polizei sind, die die Partei am Leben erhalten.”
Xi hat ver­sucht, das Militär sowohl mit “Anti-Kor­rup­ti­ons­be­mü­hungen” — in Wirk­lichkeit eine Reihe von poli­ti­schen Säu­be­rungen — und, wie Teufel Dreyer von der Uni­ver­sität Miami zu Gatestone sagte, “einer umfas­senden mili­tä­rische Orga­ni­sation” unter Kon­trolle zu bringen.
Doch diese Bemü­hungen waren nicht kom­plett erfolg­reich. Deshalb ver­sucht Xi, mit den Worten von Waldron, als der “mar­tia­lische Kaiser” zu gelten. Er kennt die Macht der PLA als “Königs­macher”, der in der Lage ist, zivile Führer zu unter­stützen und zu ent­lassen. “Der der­zeitige chi­ne­sische Fokus auf das Militär hat zwei­fellos innen­po­li­tische Wurzeln und steht nicht im Zusam­menhang mit Ver­än­de­rungen im Sicher­heits­umfeld”, sagte Waldron. Xi muss, um sich zu revan­chieren, den Flag­gen­of­fi­zieren beipflichten.
Bloß weil der Prozess intern gesteuert wird, ist er nicht weniger gefährlich. Xi hat über­mäßig große Mili­tär­budgets gesponsert und es den lei­tenden Offi­zieren ermög­licht, über­di­men­sionale Rollen bei der For­mu­lierung pro­vo­kanter Außen­po­litik zu über­nehmen. Die Dekla­ration der Ost­chi­ne­si­schen Meeres-Luft­waffen-Iden­ti­fi­ka­ti­onszone vom November 2013, ein kühner Versuch, den Himmel vor ihren Ufern zu kon­trol­lieren, ist ein klares Bei­spiel für den mili­tä­ri­schen Ein­fluss. Die Über­nahme von Scar­bo­rough Shoal Anfang 2012 und die Aneignung und Mili­ta­ri­sierung von Ele­menten in der Spratly-Insel­kette im Süd­chi­ne­si­schen Meer sind weitere desta­bi­li­sie­rende Ereignisse.
Der mili­tä­rische Ein­fluss in der chi­ne­si­schen Haupt­stadt bedeutet, dass Feind­se­ligkeit nie aus der Mode kommt. Zweimal drohten im Dezember hoch­rangige PLA-Offi­ziere öffentlich mit unpro­vo­zierten Angriffen auf die U.S. Navy. “Die Ver­ei­nigten Staaten haben am meisten Angst vor dem Tod”, sagte Kon­ter­ad­miral Luo Yuan beim zweiten dieser Ausbrüche.
“Wir haben jetzt Dong Feng-21D, Dong Feng-26 Raketen. Das sind Flug­zeug­träger-Killer. Wir greifen an und ver­senken einen ihrer Flug­zeug­träger. Lasst sie 5.000 Tote erleiden. Angriff und Ver­senkung zweier Träger, Ver­luste 10.000. Mal sehen, ob die USA Angst haben oder nicht?”
Jeder, nicht nur die USA, sollte Angst haben, auch wegen der Par­al­lelen zwi­schen dem heu­tigen chi­ne­si­schen Militär und dem japa­ni­schen in den 1930er-Jahren.
In den 1930er-Jahren ergriffen Japans Militärs, wie Dreyer zu Gatestone sagte, “dras­tische Maß­nahmen, um die Regierung auf eine Kriegstour zu zwingen und sogar japa­nische Poli­tiker zu ermorden, die sich solchen Schritten widersetzten”.
Damals wurde das japa­nische Militär, wie heute das chi­ne­sische, durch Erfolg und Ultra­na­tio­na­lismus gestärkt. Damals wie heute kon­trol­lierten Zivi­listen die größte Armee Asiens nur lose. Damals wie heute ist das größte Militär Asiens voller Durch­set­zungs­willen und Kriegslust.
Darüber hinaus ver­öf­fent­lichten die Medien in den 1930er-Jahren die Idee, dass Japan von feind­lichen Mächten umgeben sei, die seinen Auf­stieg ver­hindern wollten. Eri Hotta in Japan 1941: Countdown to Infamy schreibt, dass die Japaner “sich selbst davon über­zeugt haben, dass sie eher Opfer von Umständen als von Angreifern sind”. Das ist genau das, was die Chi­nesen im Moment tun.
“Wenn wir fragen: ‘Wollten sie Krieg?’ so ist die Antwort ja; und wenn wir fragen: ‘Wollten sie Krieg ver­meiden?’ so ist die Antwort immer noch ja”, bemerkte Maruyama Masao, ein füh­render Poli­tik­wis­sen­schaftler der Nach­kriegszeit, wie Hotta berichtete. “Obwohl sie Krieg wollten, ver­suchten sie, ihn zu ver­meiden; obwohl sie ihn ver­meiden wollten, wählten sie bewusst den Weg, der zu ihm führte.”
Leider zeigt sich dieses tra­gische Muster heute in einem Peking, wo Chi­nesen, die Sterne auf den Schultern tragen, so aus­sehen, als wollten sie einen der schlimmsten Fehler des letzten Jahr­hun­derts wiederholen.


Quelle: Gordon G. Chang ist der Autor von The Coming Col­lapse of China und ein ange­se­hener Senior Fellow des Gatestone Institute.