“Merkel ist nicht mein Idol”: Junge-Union-Chef klagt über “Gleich­schaltung” in der CDU

Berlin — Der neu gewählte Vor­sit­zende der Jungen Union (JU), Tilman Kuban, geht außer­ge­wöhnlich hart mit der Mut­ter­partei ins Gericht. “In den letzten Jahren haben sich viele in der CDU nicht mehr wohl­ge­fühlt, weil wir bei unserer Aus­richtung eine Gleich­schaltung erlebt haben”, sagte Kuban der “Welt” (Sams­tag­ausgabe). “Wir brauchen wieder drei Flügel und Per­sön­lich­keiten, die ihre Meinung sagen.“Kuban glaubt, dass die Par­tei­basis vor allem in der Flücht­lings­krise eine andere Politik wollte: “2015 hat eine schwei­gende Mehrheit in der CDU den Kurs der Führung nicht mit­ge­tragen. Eine Mit­glie­der­be­fragung hätte ein anderes Ergebnis als ein Par­teitag gehabt.” Die Kanz­lerin hätte damals “viel früher ein Stopp­signal setzen müssen”, meint Kuban, denn ihre Politik sei auch juris­tisch frag­würdig gewesen: “Die Rechtslage zur Grenz­öffnung ist ja letztlich nie aus­ge­leuchtet worden.” Der 31-Jährige bewertet aber auch weitere Struk­tur­ent­schei­dungen der Ära Merkel nach­träglich kri­tisch: “Ich frage mich schon, ob die Abschaffung der Wehr­pflicht, wie sie gelaufen ist, wirklich klug war. Die Aus­rüstung unserer Sol­daten ist zurzeit nicht so, dass sie im Einsatz sicher wären.” Auch die Umsetzung der Ener­gie­wende stellt Kuban in der Rück­schau infrage. “Der kurz­fristige Atom­aus­stieg war ein Fehler, weil er nicht in eine euro­päische Lösung ein­ge­bettet wurde.” Sichere deutsche Meiler seien abge­schaltet worden, weniger sichere aus­län­dische Meiler hin­gegen weiter am Netz geblieben: “Nach Fuku­shima wurde eine emo­tionale Ent­scheidung getroffen, obwohl sich die Sicher­heitslage in Deutschland nicht ver­ändert hatte.” Kuban glaubt, dass die totale Ablehnung der Atom­energie auch hier­zu­lande nicht das letzte Wort sein könne: “Im Rahmen des Koh­le­aus­stiegs werden wir auch in Deutschland noch einmal über Kern­kraft reden müssen.” Kuban hatte sich vor einer Woche auf dem “Deutsch­landtag” der Jungen Union mit deut­licher Mehrheit gegen einen Kan­di­daten durch­ge­setzt, der das Wohl­wollen der Par­tei­führung hatte. Er kan­di­diert auch auf einem sicheren Lis­ten­platz für die Euro­pawahl im Mai. Am Montag wird Kuban als JU-Vor­sit­zender zum ersten Mal an einer Sitzung des CDU-Bun­des­vor­stands teil­nehmen und dort auch Merkel treffen, die er schon 2006 in einem Wahl­kampf ken­nen­lernte: “Ich habe Respekt vor der Leistung Angela Merkels, aber sie war kein Idol von mir.”
 

(dts Nach­rich­ten­agentur) — Foto: Tilman Kuban, über dts Nachrichtenagentur