Foto: Greta Thunberg, über dts Nachrichtenagentur

Cem Özdemir gegen Per­so­nenkult um Greta Thunberg

Berlin — Der Grünen-Poli­tiker Cem Özdemir fühlt sich von den jüngst auf­ge­flammten Klima-Pro­testen an seine eigene Ver­ant­wortung erinnert, ist aber gegen einen Per­so­nenkult. “Greta Thunberg enga­giert sich groß­artig, aber wir sollten sie nicht zu einer Ikone hoch­sti­li­sieren. Denn es sind wir Poli­tiker, die nun endlich handeln müssen, damit die Jugend weniger zu demons­trieren braucht”, sagte Özdemir der “Heil­bronner Stimme” (Samstag).
“Und wer sich über die Ver­letzung der Schul­pflicht ärgert, der sollte sich den Bil­dungs­auftrag von Schulen vor Augen führen, nämlich mündige Bürger zu erziehen — und wenn die Fri­day4­Future-Demos kein Beweis für Mün­digkeit sind, was denn dann?” Özdemir sieht die Politik in der Pflicht: “Die heu­tigen Ent­schei­dungs­träger haben es in der Hand, die Folgen der Kli­ma­krise halbwegs ein­zu­grenzen, sie tun es aber nicht.” Zur Frage seiner Tochter, ob er selbst genug fürs Klima tue, sagte Özdemir der Zeitung: “Ich ver­suche, das was ich sage, auch selbst zu prak­ti­zieren. Inner­deutsch nehme ich so oft wie möglich den Zug. In meinem Stutt­garter Wahl­kreis fahre ich wenn möglich mit den Öffent­lichen und wenn es mal weiter weg geht mit dem Stadt­mobil, und in Berlin mit dem eigenen Pedelec zur Arbeit. Ich ernähre mich vege­ta­risch, habe eine Solar­thermie-Anlage auf dem Dach.” Es könne aber nicht sein, dass die gesamte Ver­ant­wortung für Kli­ma­schutz beim Ein­zelnen abge­laden wird. “Ent­scheidend ist, dass wir den Rahmen so setzen, dass umwelt­freund­liches Ver­halten nicht länger bestraft wird.” Bei einer Bahn­fahrt nach Paris zahle er bei­spiels­weise Mehr­wert­steuer, mit dem Flugzeug nicht. “Kann mir einer den tie­feren Sinn davon erklären? Das ist doch absurd.” Özdemir, heute Vor­sit­zender des Ver­kehrs­aus­schusses des Bun­des­tages, warnte aber auch vor zu großen Erwar­tungen: “Sicherlich lassen sich nicht alle For­de­rungen der Straße immer und sofort in die Praxis umsetzen. Das wird uns Grünen ver­mutlich nicht anders gehen, wenn wir hof­fentlich bald wieder im Bund regieren.”


Quelle: dts