Lügde: NRW-Innen­mi­nister schickt Kon­trol­leure nach Bielefeld

Im Miss­brauchsfall Lügde soll das NRW-Innen­mi­nis­terium das Poli­zei­prä­sidium Bie­lefeld unter Dienst- und Fach­auf­sicht gestellt haben. Nach WEST­FALEN-BLATT-Infor­ma­tionen ist seit Don­nerstag Dr. Daniela Les­meister, die rang­höchste Poli­zistin des Landes, mit einem Team in Bie­lefeld. Am Dienstag werden weitere Füh­rungs­kräfte aus Düs­seldorf erwartet, dar­unter Lan­des­kri­mi­nal­di­rektor Dieter Schürmann.

GRATIS

Die Ankunft der Kon­trol­leure sei im Prä­sidium »wie eine Bombe« ein­ge­schlagen, sagte ein Beamter der Zeitung. Hin­ter­grund sei offenbar die Sorge von NRW-Innen­mi­nister Herbert Reul (CDU) vor mög­lichen Poli­zei­pannen, die ihm die Oppo­sition zur Last legen könnte.
Es heißt, das Minis­terium werfe der Ermitt­lungs­kom­mission vor, auf dem Cam­ping­platz in Lügde einen Schuppen über­sehen zu haben. Aller­dings steht der Schuppen, der vom Haupt­be­schul­digten und seiner Schwester benutzt wurde, abseits des Tatorts und war den Ermittlern nach deren Angaben nicht bekannt. Die Staats­an­walt­schaft Detmold hatte den Schuppen bereits als »irrelevant« bezeichnet.
Bei der Polizei Bie­lefeld sieht man die Kon­trol­leure mit großem Befremden. Die Frauen und Männer der EK »Eichwald« arbei­teten seit Wochen mit enormem per­sön­lichen Einsatz, um den Fall innerhalb der Sechs-Monats-Frist gerichtsfest abzu­schließen. Seit Wochen müssten sich Poli­zisten von morgens bis abends fünf Tage in der Woche die mons­trö­sesten Miss­brauchs­fotos mit Ver­ge­wal­ti­gungen kleiner Kinder ansehen, was extrem belastend sei. Zudem würden enorme Anstren­gungen in die Betreuung der jungen Opfer gesteckt.
Poli­zei­prä­si­dentin Dr. Katharina Giere soll am Don­nerstag gegenüber Poli­zisten sinn­gemäß erklärt haben, sie hätten ihr volles Ver­trauen. NRW-Innen­mi­nister Herbert Reul sieht das mög­li­cher­weise anders: Wohl aus der Angst heraus, auf dem Cam­ping­platz könne noch die ein oder andere CD auf­tauchen, ordnete sein Minis­terium Anfang der Woche an, eine Ein­satz­hun­dert­schaft solle das Abriss­ma­terial in Lügde durch­suchen. Dieses Vor­haben soll die Staats­an­walt­schaft Detmold als »Herrin des Ver­fahrens« gestoppt haben. Ober­staats­anwalt Ralf Vetter hatte erklärt, der Tatort sei seit Ende März frei­ge­geben, und es gebe genug Beweise, um die Beschul­digten vor Gericht zu stellen — allen voran die Zeu­gen­aus­sagen der Kinder.
Trotzdem ordnete das Minis­terium jetzt an, dass Poli­zisten den Abbruch der Hütte des zweiten Beschul­digten über­wachen und auch über Ostern auf dem Cam­ping­platz Wache schieben — obwohl es dafür aus Ermitt­ler­sicht keine Grundlage gibt. Offi­ziell wird die Maß­nahme damit begründet, man wolle ver­hindern, dass beim Abbruch Dinge aus dem Besitz des Beschul­digten in falsche Hände gerieten. Das ist aller­dings keine staat­liche Aufgabe.
Minis­te­ri­ums­sprecher Wolfgang Beus bestä­tigte die Ent­sendung von Beamten, wollte aber nicht davon sprechen, dass man das Prä­sidium unter Auf­sicht gestellt habe. »Es soll geklärt werden, inwieweit die Ermittler Unter­stützung benötigen.«