Bildcollage: Niki Vogt

Die Dau­erlüge vom Job­wunder: Liegt die Arbeits­lo­sen­quote bei 3% oder bei 8%?

Der Nie­dergang der deut­schen Wirt­schaft ist beim Bürger ange­kommen. Er spürt ihn an der Woh­nungsnot, den Armuts­va­ri­anten (Rentner‑, Familien- und Kin­der­armut) und bald an der Mas­sen­ar­beits­lo­sigkeit. Gerade wurde bekannt, dass in Ost­deutschland knapp jeder dritter Voll­zeit­jobber monatlich weniger als 2.000 € ver­dient, so viel wie den deut­schen Staat im Durch­schnitt ein Migrant kostet.
Ob damit eine Familie unter­halten werden kann? Berlin mogelt kräftig auch bei der Arbeits­lo­sen­sta­tistik und füttert die Bürger mit dem Märchen von „Job­wunder auf dem robusten Arbeits­markt“. Gerade hier wird seit Jahren massiv „getrickst“. Die Tricks sind banal, legal und EU-salon­fähig, wie die untere Auswahl zeigt.
Trick Nr. 1: Arbeits­lo­sen­quote um 30% zu niedrig, weil will­kürlich „her­aus­ge­rechnet“ wird
Ein Blick auf die monatlich ver­öf­fent­lichten Zahlen der Linken lohnt, um hier das Ausmaß der „Trick­serei“ zu begreifen. Hier ein Bei­spiel für die letzte Erhebung für Dezember 2018:
Offi­zielle Arbeits­lo­sigkeit in 12/2018: 2.209.546
Älter als 58, beziehen Arbeits­lo­sengeld II: 169.957
Ein-Euro-Jobs (Arbeits­ge­le­gen­heiten): 71.825
För­derung von Arbeits­ver­hält­nissen: 7.392
Fremd­för­derung: 220.605
Bun­des­pro­gramm Soziale Teilhabe am Arbeits­markt: 12.153
Beruf­liche Wei­ter­bildung: 168.778
Akti­vierung und beruf­liche Ein­glie­derung: (z. B. Ver­mittlung durch Dritte) 204.230
Beschäf­ti­gungs­zu­schuss (für schwer ver­mit­telbare Arbeitslose): 1.977
Kranke Arbeitslose (§146 SGB III): 74.525
Nicht gezählte Arbeitslose gesamt: 931.442
= tat­säch­liche Arbeits­lo­sigkeit im Dezember 2018: 3.140.988 oder fast 30% mehr

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Trick Nr. 2: Arbeits­lo­sen­quote um 10% zu niedrig, weil weniger Arbeits­stunden pro Stelle
Mit der „Trick­serei“ geht es noch weiter. Es leuchtet ein, dass ein halbtags Beschäf­tigter, der ganztags arbeiten möchte, aber nicht darf, de facto zu 50% arbeitslos ist. Ana­loges gilt für den ganzen Arbeits­markt. In deut­schem „Job­wun­derland“ ent­stehen immer viele neue Arbeits­plätze, leider meistens nur als Teilzeitstellen.
Würde die volle Stun­denzahl berechnet, müssten weitere 10% zu den oberen 30% addiert werden. Dabei sind die tem­po­rären Effekte (Kurz- und Sai­son­arbeit, Schlecht­wet­ter­aus­fälle) oder die sog. Auf­stocker (Staat sub­ven­tio­niert Arbeits­plätze) in dieser Rechnung gar nicht mitberechnet.
Exkurs: Ein anderes Thema ist die schwin­dende Qua­lität der Arbeits­ver­hält­nisse, der Nied­rig­lohn­sektor, der Min­destlohn, die pre­kären Arbeits­ver­hält­nisse, die Zeit­ver­träge, die Erfassung der offenen Stellen, die pri­vaten Job-Ver­mittler. In diesem Beitrag werden aus­schließlich die wich­tigsten „Schum­me­leien“ bei den Erfas­sungs­me­thoden der Arbeits­lo­senhöhe behandelt, bei denen es genügend zu bemängeln gibt.
Trick Nr. 3: Nicht nur die deutsche ARGE, sondern die ganze EU trickst
Trotz der vielen Har­mo­ni­sie­rungs­ver­suche, die bis zum Toi­letten-Papier reichen, berechnet jedes EU-Land ihre Arbeits­lo­sen­quote nach eigener Methode. Der Grund hierfür ist denkbar banal: Auch mit metho­disch „ver­bes­serten“ Beschäf­ti­gungs­zahlen lässt sich Politik machen. Zudem werden in den Ein­zel­ländern die Regeln oft so geändert, dass faire Länder- und Zeit­ver­gleiche unmöglich werden. In diesem Chaos kommen schon aben­teu­er­liche Zahlen (siehe: unten) heraus. Nicht erst seit heute ist bekannt: Wer die Zah­len­hoheit hat, der darf mit diesen prahlen.
Das sta­tis­tische Amt der Union, die Eurostat, ermittelt die Län­der­quoten auf einer Stich­pro­ben­basis und über­nimmt blind die Zahlen der Mit­glied­staaten. Deutschland tricks legal, was auch zuge­geben wird, liegt aber bei den „EU-Zahlen-Ver­drehern“ angeblich nur im Mit­telfeld. Ärgerlich ist es dennoch, dass die Metho­den­än­de­rungen nicht ange­zeigt werden und Otto-Normal-Ver­braucher nicht erfährt, wie die Ver­än­de­rungen zu früher (z.B. zu 1960) ausfielen.
Was stünde im Wege, wenn von den 96.000 Beschäf­tigten der Bun­des­agentur für Arbeit (Nürn­berger Zen­trale der ARGE-Job­center) – das sind fast so viel wie beim Che­mie­konzern BASF – ein Exper­tenteam, solche Ver­gleichs­quoten ermitteln würde? Das wird offen­sichtlich nicht gewünscht. So kann die legale Trick­serei im Merkel-Land weiter gehen. Wer auf ihre Web­seite schaut, muss zurecht fragen, was solche „ver­mitt­lungs­fremden Dienst­stellen“, wie das IAB (Institut für Arbeits­markt- Berufs­for­schung), Euro­pa­ver­tretung, Haupt­stadt­ver­tretung, Service-Haus der BA, Hoch­schule der BA (HdBA) oder der Füh­rungs­aka­demie der BA (FBA) eigentlich machen.
Wie ver­trägt sich das „Job­wunder“ mit geplanten Mas­sen­ent­las­sungen der DAX-Konzerne?
Die Groß­un­ter­nehmen im DAX-Index (Deutsche Bank, Bayer, Volks­wagen, Fre­senius, Daimler, Con­ti­nental) und die füh­renden Mit­tel­ständler im MDAX wollen bald krisen- und kli­ma­be­dingt Dut­zende Tau­sende von Arbeit­nehmern ent­lassen. Solche Mel­dungen passen eben­falls schlecht in Berlins Version vom „robusten Arbeits­markt“ und der vor­über­ge­henden „kon­junk­tu­rellen Abkühlung“ (Alt­meier).
So wie wir Berlin kennen, wird es ver­suchen, die Sys­tem­medien zu „bitten“, das Thema nicht unbe­dingt an die große Glocke zu hängen. Ob es in einer Talk-Show auf­taucht, bleibt fraglich und wenn ja, sind ohnehin Trump, Salvini und Brexit die Schul­digen. Deutschland 2019.
Fazit:
Das vor­lie­gende Zah­len­ma­terial reicht dennoch völlig aus, um dem miss­traui­schen Leser zu zeigen, dass er mit seinem „Moge­lei­ver­dacht“ bei der ARGE Recht behielt. Hier noch einmal der Beweis mit Zahlen, die kom­plett zunächst für Februar 2019 vorliegen:
  • Offi­zielle deutsche Arbeits­lo­se­quote nach der EU-Sta­tistik 3,1% von Eurostat.
  • Offi­zielle deutsche Arbeits­lo­sen­quote nach hie­siger Sta­tistik 5,3%. Warum die Divergenz zu oben so extrem aus­fällt, kann daran liegen, dass Berlin inter­na­tional so super günstig aus­fallen möchte.
  • Um 40% nach oben kor­ri­gierte deutsche Arbeits­lo­sen­quote nach hie­siger Sta­tistik 7,4%, wenn die Tricks 1 und Tricks 2 berück­sichtigt werden.

Zwi­schen der unteren und oberen Zahl liegen Welten! Bei fast 8% kann vom „Job­wunder“ keine Rede sein.


Dr. Viktor Heese– Finanz­analyst und Fach­buch­autor;  www.prawda24.de, www.finanzer.eu