Naomi Seibt, trotz ihrer jungen Jahre Gastautorin vielgelobter Essays auf Philosophia Perennis, ist Preisträgerin mit ihrem Gedicht „Manchmal schweige ich“.
Wir haben Naomi Seibt zu dem Hintergrund des Gedichts befragt. Hier ihre Antwort:
„Im März 2019 wurde ich aufmerksam auf den Gedichtwettbewerb zum Thema „Mutige Mädchen“ im politischen Kontext. Der Titel allein weckt vermutlich erst einmal Assoziationen zum postmodernen Feminismus, wie er gerade weltweit praktiziert wird. Aber es fordert keinen Mut, einer Mainstream-Ideologie anzugehören. Es fordert keinen Mut, sich gegen Scheinungerechtigkeiten wie „toxische Maskulinität“ aufzulehnen. Es wäre auch nicht mutig von mir, Frauenquoten zu verlangen oder gar das Recht, ein Baby abzutreiben, für dessen Zeugung niemand weniger kann, als das unschuldige Lebewesen selbst.
Feminismus entzieht Frauen ihre Selbstverantwortung und Integrität. Ich will kein Teil dessen sein, und ich will nicht die wahren Missstände im System verschweigen, nur, um von meinen Geschlechtsgenossinnen beklatscht zu werden. Mit diesem Gedicht möchte ich auch euch dazu ermutigen, euer Schweigen zu brechen, wenn ihr das Gefühl habt, dass ihr nicht mehr länger guten Gewissens mit dem Strom schwimmen könnt. Nur durch Aufklärung werden wir am Ende genug Menschen die Augen öffnen und aus dem verseuchten Fluss ausbrechen können.“
https://youtu.be/t5clp7Lpwx4
Manchmal schweige ich
Manchmal schweige ich.
Manchmal macht mir die Angst vor Ablehnung
einen Strich
durch die Rechnung
und ich verleugne mich.
Manchmal will ich auch Augenbinden tragen,
blind leeren Staatsversprechen hinterherjagen:
„Wir lassen doch nur Fachkräfte und Schutzsuchende rein.“
So ignorant wie die Menschenmassen will ich auch sein,
anstatt den Schritt aus dem System zu wagen.
Es ist unbequem, die Wahrheit zu sagen.
„Wahrheit“ ist doch sowieso nur subjektiv.
Lieber folgen wir dem Narrativ.
Warum den Kopf herhalten?
Es heißt, dass wir bloß die Gesellschaft spalten.
Stattdessen fügt man sich dem Kollektiv.
Gehorsamkeit ist attraktiv.
Immer öfter schweige ich.
Immer öfter macht mir die Angst vor Ablehnung
einen Strich
durch die Rechnung
und ich verleugne mich.
Die Linken sehen für uns nach dem Rechten.
Antifaschismus wollen sie verfechten.
Zum Schutze der Verfassung
unterzieht man diejenigen der Prüfung,
die uns mit lästigen Fakten
alternative Denkansätze brächten.
Sich dem zu widersetzen wäre Leichtsinn.
Das Schwert des großen Staates schützt uns vor dem Machtgewinn
der angeblichen Rechtsfaschisten.
Zentralisierte Staatsgewalt kann niemand überlisten.
Souveränitätsverlust nehme ich wehrlos hin.
Tausche Freiheit gegen Scheinordnung und Wahnsinn.
Meistens schweige ich.
Meistens macht mir die Angst vor Ablehnung
einen Strich
durch die Rechnung
und ich verleugne mich.
Gleichheit macht uns alle reicher.
Hauptsache nur, ich bin noch gleicher!
Es heißt „Die Welt liegt IHR zu Füßen!“
Das Patriarchat soll für mich büßen.
Mein Körper ist kein Kinderspeicher.
Als Quotenpüppchen ist es leichter.
Erzieh mich, Großregierung!
Anpassung schützt vor Degradierung.
Im Strom treiben wir mit den toten Fischen.
Im Schwarm kann uns kein Kritiker entwischen.
Was soll ich denken? Formt mir meine Meinung!
Der Opportunist in mir tritt artig in Erscheinung.
Stopp.
Will ich das wirklich?
Seit wann bin ich scheinheilig?
War ich nicht einst mutig?
Der Demonstrant wird Instrument seiner Regierung.
Der Totalitarismus tarnt sich als Globalisierung.
Diversität verschwimmt zur Grauschattierung.
Manchmal schweige ich.
Manchmal macht mir die Angst vor Ablehnung
einen Strich
durch die Rechnung
und ich verleugne mich.
Aber wenn ich nicht aus der Schweigespirale aussteige,
dann tut es keiner.
Aus reiner Feigheit
ziehen wir uns zurück in Unmündigkeit.
Es reicht, wenn Einer
seinen Mut und Zuversicht befreit
und spricht.