“Europa wird nicht Europa sein”

von Guy Mil­lière

  • In Gross­bri­tannien war der Sieg der Brexit-Partei mit 31,6 % der Stimmen eine bemer­kens­werte Leistung, die die anhal­tende Bereit­schaft von Mil­lionen von Briten zeigte, die Euro­päische Union zu ver­lassen. Die “popu­lis­ti­schen” Posi­tionen — die Ver­tei­digung der natio­nalen Sou­ve­rä­nität und der euro­päi­schen Zivi­li­sation, die Ablehnung der unkon­trol­lierten Ein­wan­derung und der Diktate der Brüs­seler Tech­no­kraten — haben an Boden gewonnen.
  • Die Par­teien, die seit Jahr­zehnten über Europa herr­schen, haben schwache Ergeb­nisse erzielt, sind aber bis auf wenige Aus­nahmen nicht zusam­men­ge­brochen — und werden die Euro­päische Union wei­terhin dominieren.
  • Die Grünen könnten an Ein­fluss gewinnen — mit den ent­spre­chenden Kon­se­quenzen. Für jeden, der die Pro­gramme der Grünen liest, ist es offen­sichtlich, dass sie im Wesent­lichen Linke mit einer grünen Maske sind. Sie unter­stützen die unein­ge­schränkte Ein­wan­derung und den Mul­ti­kul­tu­ra­lismus. Sie sind… dezi­diert feindlich ein­ge­stellt gegenüber jeder Ver­tei­digung der west­lichen Zivi­li­sation, gegenüber freiem Unter­neh­mertum und freien Märkten. Sie sind oft für ein Null­wachstum. Die meisten von ihnen unter­stützen eine apo­ka­lyp­tische Vision des Kli­ma­wandels und sagen, dass das Über­leben der Menschheit gleich um die nächste Ecke auf dem Spiel stehen wird, wenn Europa keine dras­ti­schen Maß­nahmen zur “Rettung des Pla­neten” ergreift. Sie sind alle für auto­ritäre Ent­schei­dungen, die von Brüssel aus ganz Europa auf­erlegt werden.
  • Ein Euro­päi­sches Par­lament unter dem Ein­fluss der Grünen wird mit ziem­licher Sicherheit den Weg zu mehr Macht für die nicht gewählten Mit­glieder der Euro­päi­schen Kom­mission und zum Aus­stieg aus der Kern­energie und den fos­silen Brenn­stoffen beschleu­nigen. Eine Politik, die einer noch stär­keren Zuwan­derung för­derlich ist, ist bereits in Vorbereitung.

Am Abend des 26. Mai kom­men­tierte der stell­ver­tre­tende ita­lie­nische Pre­mier­mi­nister und Innen­mi­nister Matteo Salvini das Ergebnis der Euro­pa­wahlen: “Ein neues Europa ist geboren”. Die von ihm geführte Partei, die Lega, hatte gerade mit 34,3% der Stimmen gewonnen. Auch andere in Europa als “popu­lis­tisch” defi­nierte Par­teien gewannen: In Ungarn erhielt das Bündnis Fidesz-KDNP (Unga­ri­sches Bür­ger­bündnis und Christlich Demo­kra­tische Volks­partei) 52,3% der Stimmen. In Polen gewann die Partei PiS (Recht und Gerech­tigkeit) 45,4% der Stimmen. Die ÖVP von Sebastian Kurz gewann 34,6% der Stimmen und die FPÖ, sein Ver­bün­deter, erhielt 17,2%, trotz eines Skandals, der zum Rück­tritt von Heinz-Christian Strache, Vor­sit­zender der FPÖ, von seinem Amt als Vize­kanzler Öster­reichs führte (die Kurz-Regierung fiel am 27. Mai). In Groß­bri­tannien war der Sieg der Brexit-Partei — mit 31,6% der Stimmen — eine bemer­kens­werte Leistung, die die anhal­tende Bereit­schaft von Mil­lionen von Briten signa­li­sierte, die Euro­päische Union zu ver­lassen. Dort gewannen die “popu­lis­ti­schen” Posi­tionen — die Ver­tei­digung der natio­nalen Sou­ve­rä­nität und der euro­päi­schen Zivi­li­sation, die Ablehnung der unkon­trol­lierten Zuwan­derung und der Diktate der Brüs­seler Tech­no­kraten — an Boden.
In vielen euro­päi­schen Ländern waren die Ergeb­nisse der “Popu­listen” jedoch unter­schiedlich. In Frank­reich belegte der Ras­sem­blement National von Marine Le Pen den ersten Platz, aber mit 23,3% der Stimmen: nur 0,9% mehr als die vor drei Jahren von Emmanuel Macron gegründete Republic en Marche. Die extreme Unpo­pu­la­rität des fran­zö­si­schen Prä­si­denten hat ihn offenbar nicht viel gekostet. In Schweden erhielten die Schweden-Demo­kraten nur 15,4%, zwei Prozent weniger als bei den schwe­di­schen Par­la­ments­wahlen 2018. Die Alter­native für Deutschland (AfD) erhielt 11%. In Belgien erhielt der Vlams Belang 11,2% der Stimmen. In Spanien hatte Vox mit 6,2% noch ent­täu­schendere Ergeb­nisse zu ver­zeichnen. In den Nie­der­landen erhielt das Forum für Demo­kratie 10,9% und Geert Wilders’ Partei für die Freiheit, die auf 3,5% gesunken ist, hat keinen Sitz mehr.
Die in den letzten Wochen oft erwähnte “popu­lis­tische Welle” hat Europa nicht über­wältigt. “Popu­lis­tische” Par­teien werden nur etwas mehr als zwanzig Prozent der Sitze im Euro­päi­schen Par­lament haben: genug, um gehört zu werden, aber nicht genug, um Ein­fluss auszuüben.
Die Par­teien, die seit Jahr­zehnten über Europa herr­schen, haben schwache Ergeb­nisse erzielt, sind aber bis auf wenige Aus­nahmen nicht zusam­men­ge­brochen — und werden die Euro­päische Union wei­terhin domi­nieren. Die ver­nich­tende Nie­derlage der bri­ti­schen Kon­ser­va­tiven Partei (8,9%, das nied­rigste Resultat in ihrer Geschichte) scheint das Ergebnis von Theresa Mays Unfä­higkeit, Brexit zu liefern, gewesen zu sein. In Frank­reich lässt sich der starke Fall der Repu­bli­kaner (8,5%) und der Sozia­lis­ti­schen Partei (6,2%) dadurch erklären, dass die meisten ihrer Führer (Repu­bli­kaner und Sozia­listen) vor zwei Jahren der Macron’schen La Repu­blique en Marche bei­getreten sind. In Deutschland erreichte das CDU-CSU-Bündnis nur 28,9% der Stimmen, aber es reichte aus, um trotzdem zu gewinnen. Die sozia­lis­tische SPD erhielt eine ehren­volle Punktzahl von 15,8%.
In meh­reren west­eu­ro­päi­schen Ländern setzten sich sozia­lis­tische Par­teien durch, was darauf hin­deutet, dass der Sozia­lismus anscheinend nicht an Boden ver­liert. Die Spa­nische Sozia­lis­tische Partei tri­um­phierte (32.8%), ebenso wie die Por­tu­gie­sische Sozia­lis­tische Partei (33.4%). In den Nie­der­landen belegte die Arbeits­partei (18,9%) den ersten Platz. In Italien erreichten die Sozia­listen 22%, in Dänemark 21,5% und in Schweden 23,6%.
Die Mitte-Rechts-Partei der Euro­päi­schen Volks­partei (EVP) und die Partei der Euro­päi­schen Sozia­listen (SPE) ver­loren jedoch an Boden. Ihr Bündnis wird nur 43% der Sitze haben. Zum ersten Mal seit 1979, als die ersten Wahlen zum Euro­päi­schen Par­lament statt­fanden, werden sie keine Mehrheit bilden können, obwohl sie dennoch dominant bleiben. Dennoch brauchen sie Ver­bündete und werden sie wahr­scheinlich in der ALDE (Allianz der Libe­ralen und Demo­kraten für Europa) finden, einer Gruppe von Mitte-Links-Par­teien, die sich für eine noch stärkere Aufgabe der Sou­ve­rä­nität sowie eine noch zen­tralere Euro­päische Union einsetzen.
Das EVP-PES-Bündnis wird wahr­scheinlich auch Ver­bündete bei den wahren Gewinnern der Wahlen finden: den grünen Par­teien. Die deut­schen Grünen (20,5% der Stimmen) belegten den zweiten Platz. In Frank­reich belegte der EELV (Europe Ecology, The Greens) mit 13,5% der Stimmen den dritten Platz. Auch in den Nie­der­landen (10,9%), Schweden (11,4%), Dänemark (13,2%), Öster­reich (14,1%) und Belgien (15,2%) zeigten die Grünen Stärke. Da die EVP/SPE-Bündnis darauf ange­wiesen ist, dass diese Par­teien die popu­lis­ti­schen Par­teien bekämpfen und iso­lieren, könnten die Grünen noch mehr Ein­fluss gewinnen — mit den ent­spre­chenden Konsequenzen.
Für jeden, der die Pro­gramme der Grünen gelesen hat, ist es offen­sichtlich, dass sie im Wesent­lichen Linke mit einer grünen Maske sind. Sie unter­stützen die unein­ge­schränkte Ein­wan­derung und den Mul­ti­kul­tu­ra­lismus. Sie sind scheinbar blind für die Gefahren, die sich aus der Isla­mi­sierung Europas ergeben, und feindlich gegenüber jeder Ver­tei­digung der west­lichen Zivi­li­sation, dem freien Unter­neh­mertum und den freien Märkten. Sie sind oft für ein Null­wachstum. Die meisten von ihnen unter­stützen eine apo­ka­lyp­tische Vision des Kli­ma­wandels und sagen, dass das Über­leben der Menschheit bald auf dem Spiel stehen wird, wenn Europa keine dras­ti­schen Maß­nahmen zur “Rettung des Pla­neten” ergreift. Sie sind alle für auto­ritäre Ent­schei­dungen, die von Brüssel aus ganz Europa auf­erlegt werden.
Ein Euro­päi­sches Par­lament unter dem Ein­fluss der Grünen wird mit ziem­licher Sicherheit den Weg zu mehr Macht für die nicht gewählten Mit­glieder der Euro­päi­schen Kom­mission und zum Aus­stieg aus der Kern­energie und den fos­silen Brenn­stoffen beschleu­nigen. Eine Politik, die eine noch stärkere Zuwan­derung fördert ist, ist bereits in Vorbereitung.
Der unga­rische Pre­mier­mi­nister Viktor Orbán betont wei­terhin die Gefahren der isla­mi­schen Mas­sen­ein­wan­derung nach Europa und hat Ungarn als “die letzte Bastion gegen die Isla­mi­sierung Europas” bezeichnet. Der Ita­liener Salvini hat gesagt, dass “Europa von der Isla­mi­sierung bedroht ist” und zu einem “isla­mi­schen Kalifat” werden könnte. Die meisten anderen “popu­lis­ti­schen” Führer gingen jedoch keine Risiken ein und ent­schieden sich, dieses Problem nicht anzu­gehen. Die fran­zö­sische Marine Le Pen sprach von einem “extre­mis­ti­schen Isla­mismus”, fügte aber sofort hinzu, dass sich die meisten euro­päi­schen Muslime inte­grieren. In Groß­bri­tannien sagte Brexit-Par­teichef Nigel Farage kein Wort zu diesem Thema. Tommy Robinson, der die isla­mische Gefahr zum Haupt­thema seiner Kam­pagne machte, wurde ständig schi­ka­niert und erhielt kaum 2% der Stimmen. In den Nie­der­landen ver­tei­digte der Vor­sit­zende des Forums für Demo­kratie, Thierry Baudet, die gleichen Posi­tionen wie Wilders, vermied es aber, über den Islam zu sprechen, und Wilders’ Partei wurde prin­zi­piell geschlagen.
Die schwer­wie­genden demo­gra­phi­schen Pro­bleme Europas wurden während der Kam­pagne kaum erwähnt. Die Vor­stellung, dass ein Bevöl­ke­rungs­aus­tauschstatt­finden könnte, wurde so behandelt, als wäre es nur eine “rechte” Fan­tasie. Fakten sind jedoch schwer zu igno­rieren. Die Frucht­bar­keits­raten liegen in fast allen euro­päi­schen Ländern deutlich unter dem Ersatz­niveau von 2,1 Kindern pro Frau. Für Italien liegt die Zahl bei 1,45. In Deutschland sind es 1,48, in Spanien 1,5, in Ungarn 1,4 und in Polen 1,38. Das einzige Land in Kon­ti­nen­tal­europa, in dem eine höhere Zahl exis­tiert, ist Frank­reich (1,97) — aber Frank­reich hat auch die größte mus­li­mische Bevöl­kerung in Europa, und alle ver­füg­baren Daten zeigen, dass die Gebur­ten­raten in mus­li­mi­schen Familien viel höher sind. Die Bevöl­kerung der meisten euro­päi­schen Länder nimmt ab. Italien ver­liert jährlich 250.000 Ein­wohner, was fast der Bevöl­kerung von Venedig ent­spricht. Deutschland hat beschlossen, Mil­lionen von Ein­wan­derern auf­zu­nehmen, um den Bevöl­ke­rungs­rückgang zu stoppen; heute sind 12% der deut­schen Bürger im Ausland geboren. Der massive Zustrom von Hun­dert­tau­senden mus­li­mi­schen Ein­wan­derern im Jahr 2015 war eine gesell­schaft­liche Kata­strophe. Eine Inte­gration ist nicht erfolgt. Die meisten Neu­an­kömm­linge sind immer noch arbeitslos und ver­lassen sich auf Sozi­al­hilfe, um zu über­leben. Darüber hinaus nahmen die Fälle von sexu­ellen Über­griffen zu.
Auch anti­se­mi­tische Angriffe haben zuge­nommen. Die Situation ist inzwi­schen so toxisch geworden, dass Felix Klein, der Beauf­tragte für jüdi­sches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Anti­se­mi­tismus, die Juden kürzlich auf­ge­fordert hat, keine Kopf­be­de­ckungen in der Öffent­lichkeit zu tragen. Bun­des­kanz­lerin Merkel sagte: “Es gibt heute keine einzige Syn­agoge, keine einzige Kin­der­ta­ges­stätte, keine einzige Schule für jüdische Kinder, die nicht von deut­schen Poli­zisten bewacht werden muss”. Obwohl die bis­he­rigen Ermitt­lungen zeigen, dass die meisten anti­se­mi­ti­schen Angriffe von mus­li­mi­schen Ein­wan­derern aus­gehen, sprach sie lieber von den “Gespenstern der Vergangenheit”.
In Frank­reich ist die Situation nicht viel anders. Sammy Ghozlan, Direktor des Natio­nalen Büros für Wach­samkeit gegen Anti­se­mi­tismus (BNVCA), sagt, dass alle anti­se­mi­ti­schen Angriffe im Land eines gemeinsam haben: “Der Täter ist Moslem”. Die fran­zö­sische Regierung behauptet, den Anti­se­mi­tismus zu bekämpfen, weist aber nur auf “rechts- und links­ge­rich­teten Anti­se­mi­tismus” hin. Sie spricht nie vom mus­li­mi­schen Anti­se­mi­tismus.
Zu den Ergeb­nissen der Euro­pa­wahlen Stellung nehmend — und zur Kenntnis nehmend, dass “popu­lis­tische” Bewe­gungen im Euro­päi­schen Par­lament kein Gewicht haben werden; dass die Grünen an Boden gewinnen; dass die Isla­mi­sierung nicht auf­hören wird und dass der Anti­se­mi­tismus wahr­scheinlich weiter zunehmen wird — sagte der Jour­nalist Éric Zemmour im Fern­sehen, dass Europa wahr­scheinlich auf dem Weg zu einem unum­kehr­baren Nie­dergang ist. Der Autor Renaud Camus ver­merkte auch in seinem Tagebuch, dass das euro­päische Volk offenbar die Eutha­nasie wählt.
Im ersten Absatz von The Strange Death of Europe (“Der seltsame Tod Europas”) sagte Douglas Murray: “Am Ende des Lebens der meisten Men­schen, die derzeit leben, wird Europa nicht Europa sein”.
Trotz des Enthu­si­asmus mancher Kom­men­ta­toren über die Ergeb­nisse der “popu­lis­ti­schen” Bewe­gungen scheinen die Zeichen zu zeigen, dass die Euro­pa­wahlen den Abwärts­sturm Europas nicht gestoppt haben. Wenn sich nichts ändert, könnte Europa in einigen Jahr­zehnten wirklich nicht mehr Europa sein.


Quelle: Gatestone