Plagiat: Ham­burgs Ex-Innen­se­nator Neumann (SPD) ver­liert Doktortitel

Der ehe­malige Ham­burger Innen­se­nator Michael Neumann (SPD) hat seinen Dok­tor­titel ver­loren. Die Helmut-Schmidt-Uni­ver­si­tä­t/­Uni­ver­sität der Bun­deswehr Hamburg (HSU/UniBw), an der Neumann 2017 zum Doktor der Poli­tik­wis­sen­schaften pro­mo­viert worden war, hat ihm den Titel aberkannt. Das hat das NDR Poli­tik­ma­gazin “Pan­orama 3” aus internen Kreisen erfahren.
Eine offi­zielle Bestä­tigung für die Aberkennung war von der HSU/UniBw nicht zu erhalten. Die Hoch­schule bleibe bei ihrer Position, “keine Stel­lung­nahme abzu­geben”, teilte ein Sprecher auf Anfrage des NDR mit.
Im Juli 2018 hatte “Pan­orama 3” ent­hüllt, dass der SPD-Poli­tiker seine Dok­tor­arbeit in Teilen abge­schrieben und Quellen seines Textes falsch ange­geben haben könnte. In dem öffentlich zugäng­lichen PDF-Dokument der Pro­mo­ti­ons­arbeit lässt sich etwa nach­voll­ziehen, dass Neumann einige Pas­sagen aus dem Internet, etwa dem Online-Lexikon “Wiki­pedia”, kopiert hat, ohne die Quellen zu kennzeichnen.
Der Jurist Prof. Gerhard Dan­nemann von der Ber­liner Hum­boldt-Uni­ver­sität, Mit­gründer der Plattform “Vro­niPlag”, hatte damals auf Anfrage von “Pan­orama 3” die Arbeit geprüft und Dut­zende Pla­giate fest­ge­stellt. “Vro­niPlag” ist auf das Auf­spüren von Pla­giaten in angeblich wis­sen­schaft­lichen Arbeiten spe­zia­li­siert. Bei dem Ver­fasser scheine es sich um jemanden zu handeln, “der sich gern bei fremden Texten bedient”, sagte Dannemann.
Ähn­liche Erkennt­nisse hat nun offenbar ein Prü­fungs­aus­schuss der Bun­deswehr-Uni­ver­sität gewonnen. Wie der NDR erfuhr, gehen die Befunde der haus­ei­genen Prüfer sogar deutlich über die ursprüng­lichen Ver­dachts­mo­mente hinaus. Demnach soll Neumann umfänglich aus zwei anderen Dok­tor­ar­beiten abge­schrieben haben, ohne seine Quellen anzugeben.
Nach den NDR Recherchen hatte der damalige Prä­sident der HSU/UniBw nach Auf­kommen der ersten Ver­dachts­mo­mente der eigentlich zustän­digen sozi­al­wis­sen­schaft­lichen Fakultät den Fall ent­zogen und das Gremium zur Über­prüfung wis­sen­schaft­lichen Fehl­ver­haltens unter der Leitung der Jura­pro­fes­sorin Mar­garete Schuler-Harms mit der Prüfung betraut. Dieses Gremium kam auch nach Monaten zu keiner Ent­scheidung. Schließlich scheint sich dann doch wieder die zuständige Fakultät für Wirt­schafts- und Sozi­al­wis­sen­schaften mit Neu­manns Arbeit befasst zu haben. Und dort kam man offenbar zu dem Ergebnis, dass der Dok­tor­titel abzu­er­kennen ist.
Michael Neumann, Jahrgang 1970, amtierte von 2011 bis 2016 als Ham­burger Senator für Inneres und Sport. Damit war er unter anderem oberster Dienstherr von Polizei und Ver­fas­sungs­schutz. Nach seinem über­ra­schenden Rück­tritt strebte Neumann, der auch den mili­tä­ri­schen Rang eines Oberst­leut­nants bekleidet, eine Kar­riere an der HSU/UniBw an. Er legte eine 274-seitige Dok­tor­arbeit mit dem Titel “Län­der­neu­glie­derung im deut­schen Föde­ra­lismus am Bei­spiel des Nord­staates” vor. Darin wägt er das Für und Wider einer Zusam­men­legung der nord­deut­schen Bun­des­länder ab.
Obwohl Neumann als Pla­giator auf­ge­flogen ist, beschäftigt ihn die Bun­deswehr-Uni­ver­sität wei­terhin als wis­sen­schaft­lichen Mit­ar­beiter im Range eines Bun­des­be­amten. Wie aus der Antwort des Bun­des­ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­riums auf eine Anfrage der Bun­des­tags­ab­ge­ord­neten Christine Buchholz (Die Linke) her­vorgeht, wurde er im Januar 2019 — noch während seine Dok­tor­arbeit geprüft wurde — mit der Bear­beitung eines For­schungs­pro­jektes beauf­tragt. Nach “Pan­orama 3”-Informationen hält er sich deshalb mitt­ler­weile im Auftrag der Bun­deswehr-Uni in den Ver­ei­nigten Staaten von Amerika auf. Zur Erle­digung dieses Pro­jekts sei ein Dok­tor­titel nicht zwingend erfor­derlich, teilte das Minis­terium mit. Ein Diplom in Poli­tik­wis­sen­schaft reiche dafür aus. Michael Neumann reagierte auf Anfragen nicht.