Die BILD veröffentlicht einen hoch emotionalen Artikel über einen Mord an einem reichen Mann. Der mutmaßliche Mörder: Ein Flüchtling, dem der reiche Deutsche eine Bleibe gewährt hatte und mit dem er sich angefreundet hat. Der Artikel beginnt mit „Er öffnete sein Herz für einen syrischen Flüchtling, ließ ihn bei sich wohnen. Für dieses Vertrauen bezahlte der Millionär Michael R. (57) aus Horb am Neckar mit dem Leben. (…) Besonders perfide: Um seinen Komplizen Iyad B. (31) anzustacheln, soll Mohammed O. behauptet haben, das Opfer sei Jude …“
Die Tat geschah im November 2018. Angeblich, so die Bild, habe der Millionär Michael Riecher dem syrischen Flüchtling anvertraut, dass er einen Tresor voller Gold und Bargeld habe und da der Syrer Schulden hat, habe er wohl den Plan gehabt, sich des Tresorinhaltes zu bemächtigen, seine Schulden zu bezahlen und vielleicht auch seinen Traum zu verwirklichen, sich ein tolles Haus in Syrien zu kaufen und einen Ferrari zuzulegen. Die Beute habe aber, so BILD, „läppische 3000 Euro“ betragen.
Ein knapper Bericht. Und merkwürdige Umstände. Millionäre lassen eigentlich selten Fremde ins Haus und pflegen auch nicht ihre Tresore vorzuführen und anzupreisen, wie viel Geld und Gold darin liegt. Sie neigen eigentlich eher zu Alarmanlagen und erhöhten anderen Sicherheitsvorkehrungen.
Etwas mehr erfahren wir aus dem Schwarzwälder Boten.
Der Millionär heißt Michael Riecher, und Mohammed O. war sein Mieter, nicht sein Mitbewohner. Das Elternhaus von Michael Riecher, in dem Mohammed O. wohnte, sei in renovierungsbedürftigem Zustand gewesen und es habe eine Vereinbarung gegeben, dass Mohammed O. für sehr wenig Geld darin leben durfte, es wieder in Ordnung bringt und im Gegenzug auch Michael Riecher in seinem Anwesen helfen solle.
Das Haus in der Ritterschaftsstraße in Horb-Nordstetten, in das Moahmmed O. eingezogen war, soll ziemlich heruntergekommen sein. Man vermutet in der Nachbarschaft, es könnte deswegen Streit gegeben haben. Mohammed O. wohnte seit August in dem Haus. Nicht lange nach Einzug feierte er Hochzeit darin, und zwar mit südländischer Lebensfreude, nämlich laut. Man beschwerte sich in der Nachbarschaft bei der Polizei über den Lärm.
Wer war dieser Mohammed O.? Anders, als in der BILD, wo der Leser gleich den Eindruck vermittelt bekommt, bei dem Mörder handle es sich um den Stereotyp eines nicht integrierbaren, schwierigen, schon von vorneherein gewaltbereiten, mittelalterlich-islamistischen Migranten, zeichnet das Regionalmedium ein wesentlich differenzierteres Bild.
Mohammed O. kam in der Flüchtlingswelle 2015 nach Deutschland. Er stammt aus der umkämpften und konfliktbeladenen Grenzregion zwischen Syrien, Israel und den Golanhöhen. Er soll studierter Mathematiker sein. Den Militärdienst habe er in Syrien verweigert aus moralischen Gründen: Er habe niemanden töten wollen und sei deswegen im Gefängnis gesessen. Entlassen aus der Haft, sei er über die Türkei nach Deutschland gekommen. Hier war er schnell ein „Vorzeigeintegrierter“, wie der Schwarzwälder Bote schreibt:
„M. O. galt damals für den Horber Arbeitskreis Asyl als Vorzeigebeispiel für gelungene Integration. Er hatte in Eilgeschwindigkeit deutsch gelernt, sich sehr schnell an die deutschen Gepflogenheiten gewöhnt. Schnell fasste er auch auf dem Arbeitsmarkt Fuß. (…) In dieser Zeit habe auch darauf bestanden, dass man ihn mit einem selbst gewählten deutschen Vornamen anspricht. (…) An vielen Orten hatte M. selbst ehrenamtlich angepackt – weil ihm der Horber Arbeitskreis Asyl zuvor geholfen hatte. In der Kleiderkammer beispielsweise. Die Bekannte des Täters erzählt, dass bei dem, was er ihr erzählt hatte, keine Anzeichen für eine Traumatisierung durch den syrischen Krieg gibt. Sie sagt: “Mir hat er erzählt, dass er sich jahrelang in der Türkei aufgehalten hat. Noch bevor der Bürgerkrieg in Syrien angefangen hat.” Sie beschreibt ihn: “Er konnte auch ein Hallodri sein, ein richtiger Lebemann mit südländischem Einschlag.”“
Im Umfeld des Arbeitskreises Asyl lernte er auch sein späteres Opfer kennen. Michael Riecher hatte sich immer sehr für die Flüchtlinge engagiert, mietete Kleinbusse, um Flüchtlinge zu Veranstaltungen zu bringen und freundete sich mit Mohammed O. an.
Dann aber wechselt die Musik im Bericht von Dur auf Moll. Die hoffnungsvolle Geschichte des jungen, tüchtigen Syrers zeigt eine düstere Wendung. So berichtet der Schwarzwälder Bote:
„In den vergangenen Monaten habe es eine rapide Veränderung im Verhalten von M. O. gegeben, ungefähr seit er nach Nordstetten gezogen sei. Freunde berichten: ‘Er hat den Kontakt mit uns so gut wie abgebrochen, hat verlangt, dass man ihn wieder mit seinem richtigen Namen anspricht und nicht mehr mit dem deutschen Namen.‘ Der sonst immer so freundliche M. O. soll sich in Nordstetten von seiner Nachbarschaft eher abgeschottet haben. ‚Gegrüßt hat er nicht. Er ist immer nur schnell ins Haus oder schnell weggefahren, mit der Sonnenbrille auf der Nase.‘“
Das hört sich verdächtig nach Turbo-Islamisierung an. Natürlich ist es Spekulation, doch könnte es sein, dass sich die Dinge nicht so schnell so gut entwickelten, wie Mohammed O. erhofft hatte? War er enttäuscht, wie mühsam und langwierig das „Reichwerden“ in Deutschland ist? Dachte er, er könne bald mit seinem Freund, dem wohlhabenden Michael Riecher, gleichziehen? Hat er Schulden gemacht, um „mithalten“ zu können und holten diese ihn ein?
Indem er plötzlich wieder mit seinem muslimischen Namen angesprochen werden wollte, hat er ein Statement gesetzt: „Ich gehöre nicht mehr zu Euch“. Und er kapselte sich folgerichtig von den Deutschen ab. Es sieht ganz danach aus, als habe sich ein Enttäuschter entschieden, sich zu holen, was ihm „zusteht“ und seine Enttäuschung machte ihn womöglich zur leichten Beute radikaler Muslime. Dazu würde auch passen, dass er seinen Komplizen aufgehetzt hat mit der (wohl falschen) Behauptung, Michael Riecher sei Jude. In radikalislamischen Kreisen kann das vollkommen ausreichen, um jemanden zu töten. Blinder Hass auf Juden ist dort sehr verbreitet.
Falls Mohammed O. und sein Komplize Iyad B. tatsächlich die Mörder Michael Riechers sind, enthält diese Geschichte eine sehr beunruhigende Botschaft: Auch gebildete, nette Zuwanderer, die durchaus fähig sind und mit besten Vorsätzen hierherkommen, ja, die geradezu bilderbuchmäßig integriert und erfolgreich zu sein scheinen, haben offenbar oft eine geringe Frustrationstoleranz. Sie können nur zu leicht von radikalen Islamisten turbo-radikalisiert und zu unberechenbaren Zeitbomben werden.
Das Zauberwort „Integration“ ist anscheinend keine Garantie für das Gelingen des Zusammenlebens.