Der Club der trüben Lichter

Das Gefüge des alten Kon­ti­nents, das sich „Europa“ – nach einer etwas fül­ligen, wider­spens­tigen Gespielin des Göt­ter­vaters Zeus – nennen lässt, ist ziemlich desolat. In seiner attes­tierten Mitte dünstet eine vormals ver­einte Republik vor sich hin. Durchaus, oder doch nur scheinbar, auf geho­benem Niveau. Noch…
Denn die Auguren aus anderen Erd­teilen zeichnen schon ein anderes Bild von der Zukunft dieser poli­ti­schen Blüm­chen­wiese am Ende Eura­siens, als ihre selbst­ver­schos­senen, ziemlich chao­ti­schen Bewohner es wahr­haben wollen.
Das Gelächter in der Ver­bo­tenen Stadt zu Bejing, im dick­wan­digen Kreml an der Moskwa und im sturm­ge­zausten Weißen Haus in Washington, D.C. über Europas Kra­wall­truppe ist jedoch kaum noch zu überhören.
Boris Johnson hakt sich indes bei Donald Trump unter, weil der ihm im Casus Belli wohl die Gründe und die Waffen liefern will, wenn der Iran wei­terhin den Bösen Buben und gar den Desperado an der Straße von Hormus spielen will. Doch die Dinge liegen weit tiefer, als die beiden Wirr­köpfe Boris und Donald das über­haupt begreifen.
Fins­teres, poli­tisch agie­rendes Mit­telmaß bricht sich jedoch in weiten Teilen Europas immer mehr bahn. Der „Club der trüben Lichter“ wird immer größer. Nun dürfen neben der kraft­losen Kanzler-Dar­stel­lerin Merkel auch noch zwei schein-kon­ser­vative Kam­mer­zofen von Mutter Angela auf die Kom­man­do­brücken von EU und Bun­deswehr. Die eine, Ursula von der Leyen, wurde dabei gleich aus ihrer höchst miss­lichen Lage als geschei­terte deutsche Ver­tei­di­gungs­mi­nis­terin gerettet, nicht ohne den schalen Geruch, eine hin­ter­zim­mer­hafte „Lösung“ für den Kom­mis­si­ons­streit in Brüssel zu sein; die andere, Annegret Kamp-Kar­ren­bauer, die allein schon verbal stol­pernd, als Nach­fol­gerin der anderen, über­fordert zu sein scheint. Das berech­tigte Murren in den mili­tä­ri­schen Stäben dürfte auch in Berlin nicht ungehört ver­hallt sein. Und Donald und wohl auch Wla­dimir lachen sich sowieso schon wieder krin­gelig. Kom­pe­tente, welt­ge­wandte Spit­zen­kräfte sehen natürlich anders aus. Die wären aber bitter not­wendig, wenn diese Malaise von Europa über­wunden werden soll. Ein paar „klare Worte“ von Angela Merkel in Richtung Washington helfen da nicht. Rein gar nichts. Der nahezu schlech­teste,  höchst­selbst ja schmal­schultrige „Minister des Äußeren“, Heiko Maas, der mit der Verve und dem Bril­len­ge­stell eines späten Harry-Potter-Imi­tators, hat ohnehin nichts zu sagen. Er gehörte von Anfang an nicht nur zum besagten Club; er wird dort, wo es darauf ankäme, schon gar nicht richtig wahr‑, geschweige denn ernst genommen. Im Iran wird er einfach nur belä­chelt. Und das sagt mehr, als ein ver­wei­gerter Hand­schlag im Weißen Haus.
Viele drän­genden Pro­bleme im Groko-Land, über dem ein kleb­riger Schleier aus Quiz- Schlager- und Som­mer­späßchen liegt, werden derweil igno­riert, end- und ergeb­nislos dis­ku­tiert oder einfach gna­denlos zer­redet und zerfleddert.
Dass weite Teile dieses Landes sich stark ver­ändern, dass in ganzen Stadt­teilen ara­bische, tür­kische oder alba­nische Clans das Sagen haben, wird von der Nomen­klatura im poli­tisch-lob­by­is­ti­schen Geschäft, die fast aus­schließlich in ihren Wohl­fühl­quar­tieren resi­dieren, nur schul­ter­zu­ckend hingenommen.
Sie hören und sehen wohl auch nicht hin, wenn inzwi­schen schon ganze Horden von auf­müp­figen „Flücht­lingen“ aus Afrika in deut­schen Frei­bädern ran­da­lieren, sodass die Polizei in Hun­dert­schaften anrücken muss, um eini­ger­maßen Ordnung schaffen zu können.
Dort regis­trieren Merkel und Co. auch kaum, wenn – natürlich sehr schnell als „trau­ma­ti­siert, gar psy­chisch krank“ erklärte  – „Migranten“ deutsche Frauen und sogar Kinder in Bahn­höfen dieses so welt­of­fenen, gedul­digen Landes voll­kommen unver­mittelt vor Züge in den Tod stoßen!
In diesem Land gehen viel­leicht bald die Lichter ganz aus. Wundern muss das dann nie­manden mehr. Aber auch das merken Merkel, Maas und ihre träge Entourage wohl nicht mehr.


Der Autor: Joseph-Emich Rasch – Jahrgang 1953 – ist Lin­guist, Dra­maturg und Kolumnist, schrieb und insze­nierte diverse Thea­ter­stücke sowie zahl­reiche Satire-Pro­gramme, wandte sich im ver­gan­genen Jahr­zehnt ver­mehrt der Ana­ly­ti­schen Phi­lo­sophie zu. Er ist Dozent für Kom­mu­ni­kation, Rhe­torik und Dialektik.