Zuruf aus der Schweiz: „So etwas wie Ostfernsehen“

Als der frühere deutsche Ver­fas­sungs­schutz­prä­sident Hans-Georg Maaßen die schwei­ze­rische Neue Zürcher Zeitung (NZZ) lobte als so etwas wie «West­fern­sehen», beeilte sich deren Chef­re­dakteur, sich von diesem Kom­pliment zu distan­zieren. Denn es impli­ziere, dass die deut­schen Medien heute so et­was wie «Ost­fern­sehen» seien. Und wer je die Medien der DDR gelesen oder gesehen habe, wisse, dass dieser Ver­gleich völlig schief sei. Diese Antwort hatte ver­mutlich vor allem mit Höf­lichkeit ge­genüber dem Ausland zu tun.
Wenn hier vor­liegend nun eine andere Ansicht ver­treten wird, nämlich dass die heu­tigen deut­schen Medien sehr wohl «so etwas wie Ost­fern­sehen» seien, und dies erst noch als Mei­nungs­äus­serung aus der Schweiz, so soll dies über­haupt nicht bedeuten, dass es in der Schweiz irgendwie besser sei, eher im Gegenteil: Gerade beim Fern­sehen ist die Schweiz dank ihrer staat­lichen SRF (Schweize­rische Ra­dio- und Fern­seh­ge­sell­schaft) flä­chen­de­ckend in Staatshand, wird von morgens bis abends mit staat­lich defi­nierter Wahrheit ver­sorgt und darf diese ganze Wohltat auch noch mit einer staat­lichen Zwangs­steuer finan­zieren. Wenn das nicht «Ost­fern­sehen» ist!
Zumindest struk­turell ist Deutschland nicht ganz so schlimm, gibt es doch neben dem Staatsfernse­hen von ARD und ZDF auch noch grosse Pri­vat­sender wie RTL, Pro Sieben oder Sat 1, die nicht über Steuern, sondern pri­vat­wirt­schaftlich finan­ziert sind. Poli­tisch inhaltlich jedoch, da hatte Hans Georg Maassen wohl schon recht, ver­breiten auch diese Pri­vat­medien, gleich wie die Staats­kanäle und manche Print- oder Online-Medien, sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Hardcore-Main­stream und damit wohl «so etwas wie Ostfernsehen».
Sozi­al­de­mo­kra­ti­scher Hardcore-Main­stream: Der besteht in Deutschland genau gleich wie in der Schweiz zunächst einmal darin, dass man nicht-sozi­al­de­mo­kra­tische Par­teien oder Bürgerbewegun­gen ächtet, aus­grenzt, beschimpft, kri­mi­na­li­siert, mit der Nazi-Keule trak­tiert, über­wacht, aus­trickst, ver­höhnt oder bei Bedarf auch mal tot­schweigt. Das ist aber nur eine unter­ge­ordnete, eher tagespo­litische Ebene des sozialdemokrati­schen Hardcore-Main­streams, wovon in Deutschland vor allem die AfD und in der Schweiz die SVP (Schwei­ze­rische Volks­partei) betroffen sind.
Es gibt aber noch eine andere, weit grund­le­gendere Ebene des sozi­al­de­mo­kra­ti­schen Hardcore-Main­streams, nämlich eine Staats­gläu­bigkeit, die sich ohne Über­treibung mit Unter­wer­fungs­sucht umschreiben lässt. Diesen Begriff hatte Sigmund Freud geprägt (Mas­sen­psy­cho­logie und Ich-Analyse, 1925). Er umschrieb damit die Haltung von Psy­chose-Pati­enten, die sich vom ursprünglich elterlich geprägten Über-Ich ein Leben lang nicht mehr lösen können, die stets von oben Weisung und gütige Strenge ersehnen und sich in unter­tä­nigem Gehorsam geborgen fühlen. Eine Beson­derheit dieser Psy­chose, so die Freud’sche Beschreibung, liegt darin, dass diese Unterwerfungssüch­tige ihre jewei­lige Über-Ich-Auto­rität nicht nur für sich selbst aner­kennen, sondern auch von allen anderen einfor­dern. Ihr Über-Ich ist derart absolut, dass es zwingend auch das Über-Ich aller anderen sein muss. Und in un­guter Vor­ahnung erkannte Freud, dass dieses Psy­cho­sen­symptom nicht nur bei seinen Pati­enten, sondern latent fast in der ganzen Gesell­schaft vor­handen ist. Damit er­klärte er sich den Erfolg von Kir­chen, die ihre Gläu­bigen zu dumpfen Schaf­herden degra­dieren, oder das Funk­tio­nieren von Heeren, die Heu­schre­cken­schwärmen gleich ganze Land­striche vernichten.
Und etwa so, bloss gegenüber den Zeiten Sigmund Freunds noch wesentlich aus­ge­bauter, inva­siver und tech­nisch per­fek­tio­nierter, prä­sen­tiert sich die heutige Staats­gläu­bigkeit; und dies nicht etwa nur in Deutschland, sondern genau gleich auch in der Schweiz: Hier in der Schweiz nicht weniger als in Deutschland raubt der Staat den Leuten ihr redlich ver­dientes Geld und nennt dies zynisch «Steu­ern»; hier nicht weniger als in Deutschland erlaubt sich der Staat, die Leute zur Kon­trolle ihres Steu­ergehorsams aus­zu­fragen, zu über­wachen und gerne auch unge­fragt zu besuchen; hier wie dort ver­bietet der Staat aus einer tages­po­li­ti­schen Öko-Laune heraus Atom­kraft­werke, obwohl sie eine vor­teilhafte CO2-Bilanz auf­weisen; hier wie dort ver­bietet der Staat mit kriegs­mässig auf­ge­rüs­teter Poli­zeimacht so private Ange­le­gen­heiten wie den Konsum von Drogen; hier wie dort ver­pflichtet er die Kinder zum Schul­besuch, wenn es sein muss auch gerne mit Poli­zei­gewalt; hier wie dort zwingt der Staat die Wirt­schaft, das von seiner Notenbank fin­gierte und letztlich wertlose Geld zu ver­wenden; und bei all dem ent­zieht sich der Staat hier wie dort jeder wirk­samen Rechts­kon­trolle, indem er die Richter bezahlt, die ihn im soge­nannten Ver­wal­tungs­recht beur­teilen sollen, und auch gleich selbst die anwend­baren Regeln setzt; hier wie dort ver­bietet er den Leuten, zur Ver­tei­digung ihrer Rechte Gewalt anzu­wenden, während er sie zur Durch­setzung seiner eigenen Inter­essen hemmungs­los ge­braucht; hier wie dort werden die wirt­schaft­lichen, sozi­al­po­li­ti­schen, öko­lo­gi­schen oder kul­tu­rellen Aus­wir­kungen des Staats­ver­sagens nicht mit einem Ab‑, sondern einem Ausbau des Staates «ku­riert»; und so weiter, und so fort, hier wie dort – man könnte die Liste beliebig verlängern.
Und die Medien? Sie berichten zwar fleissig über all diese staat­lichen Über­griffe, jedoch in einer Art, wie wenn sie das Nor­malste der Welt wären; wie wenn es den Staat halt einfach bräuchte; wie wenn man halt einfach Steuern bezahlen müsste; wie wenn es ohne den Staat gar kein Recht gäbe. Unter­geordnete Details werden bis­weilen leicht kri­tisch kom­men­tiert, der Staat als solcher ist jedoch tabu – und dies auch in der NZZ, gleich wie damals in der DDR, also doch «so etwas wie Ostfernsehen».


Quelle: misesde.org