Der Tagesspiegel ist eine interessante Webseite. Ich lese sie gern, sie ist nicht so ganz orthodox links und das Hassgegeifer auf alles, was „rechts“ verortet wird, hält sich in Grenzen. So auch in einem sehr lesenswerten Bericht aus Hirschfeld in Brandenburg, wo 50,6% der Wähler die AfD gewählt haben. Es ist sehr amüsant, den Beitrag „Null Flüchtlinge, aber 50,6 Prozent AfD“ zu lesen.
Eine gewisse Ratlosigkeit spricht aus den Zeilen. Hirschfeld hat ca. 1.248 Einwohner, also ein größeres Dorf in Brandenburg, im südöstlichen Zipfel Deutschlands. Schaut man sich die Einwohnerentwicklung an, stellt man fest, es ist keines der aussterbenden DDR-Dörfer, wo alle schauten, dass sie aus der Chancenlosigkeit raus und in den Westen kommen. Im Jahr 1950 hatte es 1.571 Einwohner, im Jahr des Mauerfalls waren es 1.613, der Höhepunkt. In den Folgejahren sank die Einwohnerzahl langsam, fiel bis 2017 auf 1.236 und hat 2018 ein wenig auf 1.248 angezogen. Also kein totes Dorf mit ein paar übriggebliebenen, abgehängten Alten, die einsam und verbittert in ihren heruntergewohnten Häusern mit dem bösen System hadern.
Nein, Autor Sebastian Leber beschreibt Hirschfeld als ein schmuckes Dorf mit gepflegten Grundstücken, schönen Häusern, hübschen Vorgärten, Kinderschaukeln, Steinbrunnen und kleinen Windmühlen. Es gibt eine Kita und eine Dorfschule, also eine wirklich gesunde Dorfgemeinschaft. Fast schon ein bisschen Idyll: „Die gerne verwendeten Erklärungsmuster, es handele sich um einen Klageruf der Abgehängten, der Alleingelassenen und Hoffnungslosen, drängen sich in Hirschfeld nicht auf.“
Man hat auch eine lebendige Struktur für die lebensnotwendigen Dinge: ein Ärztehaus, eine Apotheke, ein Kaufhaus mit Paketabgabestelle. Bedeutet: Die Hirschfelder sind tüchtige Leute, die prima zurechtkommen und in einem hübschen Dorf mit Kindern, Geschäften und einer funktionierenden Infrastruktur wohnen. Es gibt noch nicht einmal Flüchtlinge, die stören könnten. Und doch, fragt sich Autor Leber, wählen über 50% die Bösen.
So erstaunlich ist das aber nicht, Herr Leber. Grade darum ist das so. Die größte Wählergruppe der AfD sind die Berufstätigen, die mitten im Leben stehen, Verantwortung tragen, Familien ernähren, Kinder erziehen, produktiv sind, das Land aufbauen. Genau die Bevölkerungsschicht, auf die Deutschland sich stützt: Der Mittelstand. Daher passt das Erscheinungsbild des Dorfes Hirschfeld und die Wählerschaft auch bestens zusammen. Und genau diese Leute wollen auch „Deutschland“, seine Kultur und Lebensweise als die ihre bewahren und erhalten. Genau deswegen erkennen sie, was auf uns zukommt – und bereits im Anmarsch ist. Und vielleicht zu einem ausgewachsenen Zusammenbruch führt. Genau deshalb wehren sie sich gegen den Raubbau, die flächendeckende Zerstörung unter Merkel, ihren Getreuen und Merkels „Auftraggebern“, den wirklich Mächtigen, die weder gewählt noch abgewählt werden können:
Das ist nämlich nicht nur „diffuse Wut auf die Mächtigen“, wie der Tagesspiegel einen nicht-AfD-Wähler aus Hirschfeld zitiert. Die Wut ist alles andere als „diffus“, sondern sehr begründet und real und auch an ganz konkreten Dingen festzumachen.
Nicht ohne Grund warnen namhafte Wirtschaftswissenschaftler, bekannte Investoren und Finanzexperten immer lauter und eindringlicher vor kommenden Verwerfungen, wenn nicht gar vor einem ausgewachsenen Crash. Gleichzeitig wird immer deutlicher, dass Merkels Energiewende scheitert und die Stromversorgung bereits jetzt auf tönernen Füßen steht und jederzeit zusammenbrechen kann. In den Auftragsbüchern der deutschen Wirtschaft macht sich gähnende Leere breit. Und die Integration der hereinkommenden und bereits anwesenden Migranten ist offenkundig eben nicht zu schaffen. Das weiß man mittlerweile auch, wenn sie nicht im eigenen Dorf herumlaufen.
Medien und Gutmenschen tun sich mittlerweile schon immer schwerer, das auszublenden und zu vertuschen, wenn man ihnen auch zugestehen muss, dass sie sich nach Leibeskräften bemühen. Die Politik hatte schon ihren Lady-Macbeth-Moment. Es ist der Augenblick, in dem Macbeth nach all dem Morden nicht mehr weitermachen will und seine machthungrige Frau ihm entgegenschleudert: „Wir stehn bis zu den Knie‘n im Blut, zurück ist‘s weiter als nach vorn!“ Man weiß in den etablierten Parteispitzen nämlich sehr gut, dass die ganze Schose in den Abgrund taumelt. Man weiß, dass die Entstehung der AfD eigentlich die Frucht ihrer falschen Politik ist und – so unerfahren die AfD-Leute auch sind – immer weiter dazu gewinnen wird. Hirschfeld, Brandenburg, Sachsen sind nur Vorboten. Die Wahlergebnisse und damit die Demokratie durch Anti-AfD-Koalitionen weg zu sabotieren wird das Gegenteil dessen bewirken, was man will: Die AfD „kleinkriegen“.
Vor einer menschlichen Neigung muss man sich sehr hüten, nämlich vor der, auf die eigenen Feind-Klischeebilder hereinzufallen und den Gegner für dumm, abgehängt, dumpf oder primitiv zu halten. Das Bild des dumpfbackigen, arbeitslosen, asozialen Nazi-Rassisten und fetten dummen Schreihalses ist eben nicht das, was der typische AfD-Wähler wirklich ist.
Vor allem hat der AfD-Wähler eine Eigenschaft, die die meisten „Bessermenschen“ nicht haben: Er hängt sein Fähnchen nicht in den Wind. Er ist nicht feige. Er sucht nicht nach Beifall für sein Bessermenschentum. Er ist willens und in der Lage, einzustecken und standhaft weiterzukämpfen. Er bildet sich sein eigenes Urteil, denkt selbständig und plant. Und er ist im Prinzip erfolgreich, wie die Hirschfelder es zeigen.
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