Sie tragen den sympathischen Namen „Farn“, wie die hübsche Pflanze mit ihren feingefiederten Blättern, die an schattigen und feuchten Flecken im Wald gedeiht. Sie sind ein Zusammenschluss der „NaturFreunde Deutschlands“ und der „Naturfreundejugend Deutschlands“ zu einer „Fachstelle Radikalisierungsprävention und Engagement im Naturschutz“. Dazu hat diese – von wem auch immer ernannte – Fachstelle vier Broschüren herausgebracht. Sie tragen folgende Titel: „Love Nature. Not Facism“, „Wenn Rechtsextreme von Naturschutz reden – Argumente und Mythen“, „Aspekte gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit im Natur- und Umweltschutz“ und „Rechtsextreme Ideologien im Natur- und Umweltschutz“.
Der leidgeprüfte Leser ahnt es schon: Hier kapert die extreme Linke im Sturmangriff den Umweltschutz, um sich eines positiv besetzten Themas gewaltsam zu bemächtigen. Es ist nämlich so, wie die selbsternannte „Fachstelle“ selber schreibt: „Naturschutz ist ein Kernthema des rechtsextremen Weltbildes.“ Ja, schon immer gewesen und schon lange, bevor es die Grünen gab. Aber nicht, weil sie rechts sind, sondern weil jeder normal denkende Mensch – egal welcher Couleur — erkennt, dass man Rücksicht auf die Natur nehmen muss, um diesen Planeten für alle Menschen, Tiere und Pflanzen gesund und sauber zu halten. Deshalb geht dieses Wissen quer durch alle Denkrichtungen und Religionen, dass die Erde die Heimat (Igitt! Das Wort Heimat!) der Menschheit und all dessen, was auf ihr lebt, ist — und auch wir Menschen nicht mehr lange leben können, wenn wir die Natur zerstören.
Schon immer verehrten die Menschen Gott oder ihre Götter als Schöpfer der Erde und aller Lebewesen. Die Achtung vor Mutter Erde ist etwas ungeheuer Ursprüngliches und bei allen Völkern der Welt zu finden. Da brauchte niemand auf die NaturFreunde Deutschland zu warten. Aber ebendiese gerieren sich, als hätten sie den Naturschutz erfunden und ein weltweites Patent darauf. Und nur wer die richtige Gesinnung hat, also „links“ ist, darf überhaupt über Naturschutz nachdenken. Wer also der Meinung der „NaturFreunde Deutschland“ nach irgendwie „rechts“ ist, begeht quasi Blasphemie in Tateinheit mit Urheberrechtsverletzung, wenn er sich für Umweltschutz einsetzt und kann selbstredend nur Fürchterliches im Schilde führen:
„Rechtsextreme Gruppierungen und Akteur*innen bedienen sich dementsprechend ökologischer Themen, um ihre Forderungen in die Mitte der Gesellschaft zu tragen. Dabei werden manche Formulierungen harmlos verpackt und sollen die menschenverachtenden Absichten verdecken. Andere Formulierungen hingegen beinhalten Verschwörungstheorien und nationalistische Mythen.“
oder:
„Zwar wird Engagement im Natur- und Umweltschutz gemeinhin mit progressivem Denken und dem Einsatz für die Menschenrechte verbunden, aber das trifft nicht immer zu. Auch die nationalistische, völkische Rechte setzt sich für den Schutz der Umwelt, der Natur und – bei ihr ganz wichtig – der Heimat ein. Sie will das Thema Umwelt- und Naturschutz ‚zurückerobern‘. Allerdings ist bei ihr dieses Engagement verbunden mit Menschen- und Demokratiefeindlichkeit.“
Leute, fahrt mal wieder dreißig. Es ist ja schön, wenn die Linke auch endlich und zum ersten Mal in ihrer Geschichte begreift, dass ihre Welt nicht nur aus Antikapitalismus, Antirassismus, Demos, Revolution, RAF-Terror, Massenmord unter Mao-Tsedong in China und unter Pol Pot in Kambodscha, brutaler Stalindiktatur und Prügelei mit der Polizei besteht. Sondern dass wir alle gemeinsam, egal, wo auf dieser Welt, die Natur bewahren und schützen müssen und friedlich zusammenarbeiten und leben. Prima, freut uns alle! Willkommen! Nur, weil Ihr das Thema begrüßenswerterweise jetzt entdeckt habt, ist es aber nicht gleich Euer Eigentum. Weil die Erde uns freundlicherweise alle trägt und ernährt, gilt Naturschutz auch für alle.
Und wenn wir schon dabei sind: Wer ist denn auf dieser Welt der größte Umweltverschmutzer? Wer haut am allermeisten Plastik in den Ozean? Wer ruiniert ganze Landstriche durch Umweltverschmutzung? Das kommunistische China.
Wenn also hier einer den Naturschutz neuerdings entdeckt hat und ihn als Vehikel benutzt, um seine Ideologie in die Mitte der Gesellschaft zu tragen, dann ist es die extreme Linke. Frei nach dem Motto: „Haltet den Dieb!“ schreit der Dieb und rennt aus dem Kaufhaus.
Soso, menschenverachtend und menschenfeindlich ist es also, wenn „Rechte“ für den Naturschutz sind. Heiliger! Geht‘s auch eine Nummer kleiner? Wie kann eigentlich Naturschutz menschenverachtend sein? Ganz einfach, weil in der Sichtweise der Autoren dieser Heftchen die bösen Rechten hinter allem, was sie Gutes für den Naturschutz tun, eigentlich nur diabolisch grinsend Mord, Rassismus und Antisemitismus ausbrüten:
„So entpuppt sich die Ablehnung von Gentechnik von Seiten rechtsextremer Gruppierungen als Angst vor der Schädigung des „Volkskörpers“ und vor einer vermeintlichen „jüdischen Weltelite“. Und hinter der Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe steht dann ein extremer Nationalismus mit dem Wunsch nach Autarkie und der Unabhängigkeit von anderen Staaten.“
Na, klar. Wie wäre es denn damit — wenn wir schon mit der flachen Hand in den Breiteller hauen, dass es nur so spritzt:
„So entpuppt sich die plötzliche Forderung nach Umwelt- und Klimaschutz von Seiten linksextremer Gruppierungen als Vehikel zur Implementierung von Denk- und Sprechverboten, Deindustrialisierung, Niederreißen von Grenzen und Nationen, Auflösung und Umerziehung ganzer Gesellschaften und der Errichtung einer globalen Ökodiktatur zur Verarmung der Massen. Und hinter der Förderung von Angst und Panik vor einer Klimakatastrophe steht dann ein menschenverachtender Globalismus, der letztendlich die Völker dieser Welt auf diese Weise zu einer für das globale Macht- und Großkapital frei verfügbaren, weil entwurzelten Wanderarbeiter-Sklavenmasse umgestaltet hat, die keine soziale Absicherung mehr kennt, keine Arbeitnehmerrechte mehr hat und mehr oder weniger für das blanke Dasein schuftet, bis sie im Alter verhungert.“
Man muss sich nur einmal die Wortwahl in den Texten der vier Broschüren ansehen und die Herleitungen der Unterstellungen. Da wird gern mal freihändig herumfabuliert: „Zum Beispiel sprechen rechtsextreme Naturschützer_innen im Zusammenhang mit eingeschleppten gebietsfremden Arten (Neobiota) oft von ‚Fremdlingen‘, ‚Plage‘ oder ‚Eroberern‘. Die Botschaft dabei ist: Das Fremde bedroht die heimische Natur. Dann ist es für rechtsextreme Naturschützer_innen nicht mehr weit zu neu-rechten Verschwörungstheorien wie etwa der ‚Umvolkung‘.“
Gut. Nehmen wir doch genau dieses Beispiel. Zum Thema Neobiota oder Neozoen (Neu-Tiere) und Neophyten (Neu-Pflanzen) gibt es eine Seite vom „Bund für Naturschutz“. Eine untadelige Organisation und angesehen, bin ich auch mit drin. Und was steht da als Überschrift? „Was sind Neobiota? Was sind invasive Arten?“
Das Wort „Invasiv“ kommt von „Invasion“, nämlich dem Eindringen und Erobern eines Lebensraumes oder Landes. Einmal hat es die militärische Bedeutung (feindliches Einrücken von militärischen Einheiten in fremdes Gebiet), in der Medizin das Eindringen von Krankheitserregern in die Blutbahn. Hier nachzulesen:
Etymologie
Invasion · Invasor
Invasion f. ‘feindlicher Truppeneinfall in fremdes Gebiet’, danach oft in Übertragungen, z. B. ‘massiertes Eindringen von Krankheitserregern in den Körper’, Übernahme (17. Jh.) von frz. invasion, nach spätlat. Invāsio (Genitiv invāsiōnis) ‘Angriff, gewaltsame Besitznahme’, Verbalsubstantiv zu lat. Invādere (invāsum) ‘hin‑, losgehen, eindringen, angreifen’; vgl. lat. Vādere ‘wandern.
Interessant. Wer hätte das gedacht, dass auch der Bund Naturschutz zu den neu-rechten Verschwörungstheoretikern gehört? Und da ist er nicht allein. Der eher links ausgerichtete NABU (bin ich auch drin) setzt noch eins drauf. Hier steht zum Thema „neobiota“ zu lesen:
„Eingewandert und eingeschleppt:
Sich neu ausbreitende Tier- und Pflanzenarten können Probleme verursachen
Breiten sich Arten durch den Menschen in Gebieten außerhalb ihrer Heimat aus, spricht man von invasiven Arten. Sie können erhebliche Schäden anrichten, da sie einheimische Arten verdrängen oder ökonomische und medizinische Folgekosten verursachen können.
Bedrohungen der globalen biologischen Vielfalt
Auf globaler Ebene stellen invasive Arten eine der größten Bedrohungen der biologischen Vielfalt dar. Alleine in der Europäischen Union (EU) schätzen Experten die Zahl der sogenannten gebietsfremden Arten (Neobiota) auf etwa 12.000, von denen etwa 10 bis 15 Prozent als problematisch (invasiv) gelten. erhebliche negative Einflüsse auf die biologische Vielfalt, wenn sie zum Beispiel einheimische Arten aus ihrem Lebensraum verdrängen.
Ein bekanntes Beispiel sind amerikanische Flusskrebse, die eine Pilzinfektion eingeschleppt haben („Krebspest“), die fast zur Ausrottung des europäischen Edelkrebses führte. Andere Arten können auch erhebliche ökonomische Schäden anrichten, wie etwa die pazifische Auster in Miesmuschelbänken im Wattenmeer. Oder sie stellen eine Gesundheitsgefahr für den Menschen dar, wie der aus dem Kaukasus stammende Riesenbärenklau oder die nordamerikanische Beifuß-Ambrosie, deren Pollen für Allergiker gefährlich sind.“
Oh! Mein! Gott! Was müssen wir da lesen? Hier noch einmal aus dem schon unverhohlenen Aufruf des NABU zum Terror gegen alles Eingewanderte:
„Diese invasiven Arten, im englischen „Invasive Alien Species“ (IAS), haben erhebliche negative Einflüsse auf die biologische Vielfalt, wenn sie zum Beispiel einheimische Arten aus ihrem Lebensraum verdrängen.“… „Krebspest“ … „Infektion einschleppen“… „Ausrottung“!
Es geht weiter: Sogar in der knatschelinken Wikipedia findet sich verdecktes, rechts-völkisch-rassistisches Gedankengut, das harmlos mit einem Absatz über die Eigenschaften von Neobiota in Wirklichkeit aber die Verschwörungstheorie transportiert, dass das (nochmal das Zitat) „Fremde die heimische Natur bedroht. Dann ist es für rechtsextreme Naturschützer_innen nicht mehr weit zu neu-rechten Verschwörungstheorien wie etwa der ‚Umvolkung‘.“
Und das liest sich bei Wikipedia so:
„Nachdem gebietsfremde Lebewesen in ihrer neuen Umgebung angekommen sind, können sie aussterben oder sich etablieren (eine sich fortpflanzende Population aufbauen). Der Erfolg beim Etablieren hängt sehr stark von den Eigenschaften des betreffenden Neobionten ab. Eine Reihe von Faktoren scheinen eine Etablierung zu begünstigen. Es wird davon ausgegangen, dass eine höhere Fortpflanzungsrate, kurze Generationsfolge und schnelles Wachstum den Erfolg eines Neobionten begünstigt (r‑Strategie). Der Zusammenhang wurde in mehreren Fallstudien an eingeschleppten Fischen und Landpflanzen bestätigt; so kann schnell eine neue Population aufgebaut werden, und die Population kann sich eher von Bestandseinbrüchen erholen. Neophyten zeichnen sich daneben oft durch eine hohe Samenproduktion, große Samen und frühe Geschlechtsreife aus.“
Okay, die Botschaft ist angekommen? In den Broschüren wimmelt es von derlei krudem Unsinn und völlig abwegigen Unterstellungen und Verschwörungstheorien, was die Rechtsextremen eigentlich in Wirklichkeit alles mit ihrem heimtückischen Hang zum Naturschutz an Gruseligem planen. Bedeutet: Alles, was als „Rechts“ definiert wird (und das ist jeder, der nicht „Links“ ist), ist abgrundtief böse und KANN gar nicht anders, als immer nur Böses planen. Und selbst dann, wenn Rechte etwas Gutes tun, haben sie im Geheimen dabei eine böse Absicht. Die überwiegende Mehrheit der Menschen ist aber nicht „links“.
So eine Sichtweise der Dinge und solche Verschwörungstheorien entsprechen ziemlich exakt der wissenschaftlichen Definition der Paranoia. Nur dass es sich hier nicht um eine Einzelperson, sondern ein Gruppendenken handelt:
„Die Betroffenen leiden an einer verzerrten Wahrnehmung ihrer Umgebung in Richtung auf eine feindselige (im Extrem bösartig verfolgende) Haltung ihrer Person gegenüber. Die Folgen reichen über ängstliches oder aggressives Misstrauen bis hin zur Überzeugung von einer Verschwörung anderer gegen sich.“
oder:
„Ein anderer Begriff für die medizinische Diagnose Paranoia ist Wahn, der bis hin zu einem Wahnsystem ausufern kann. Die Realität wird verkannt, der Betroffene nimmt die Wirklichkeit wahnhaft verzerrt wahr. Dies bedeutet, dass sein Wissen über die Realität nicht mit dem der Allgemeinheit übereinstimmt. Charakteristisch ist, dass Betroffene nicht mit Argumenten von ihrer wahnhaften Gewissheit abzubringen sind.“
Um es in der Weise auszudrücken, die man bei FARN findet: „Aspekte gruppenbezogener Rechtsextremismus-Paranoia im Natur- und Umweltschutz“.
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